14.06.2019 - "Sedisvakantismus" - "Bischof" (?) Günter Storck und
    Johann Gottlieb Fichte
     ("Alma mater" - Die Bedeutung der akademischen Anstalten für
    den konziliaren Umbruch, Kirche zum Mitreden /
    Franziskaner-Gemeindebrief, 1997)
    
    I.
    "Alma mater" [nahrungspendende Mutter] dient nicht nur als
    Bezeichnung für die Gottesmutter (z.B. in der Schlußantiphon des
    Breviers in der Advents- und Weihnachtszeit, "Alma Redemptoris
    Mater"), sondern auch für die Hochschule / Universität, in der die
    Studenten mit Wissen genährt werden sollen. Nicht immer handelte es
    sich bei dem, was die Herren Professoren ihren Studenten vorsetzten,
    um gesunde Nahrung; wenn die Herren Dozenten Gift an den Nachwuchs
    weitergaben, dann konnte und mußte die Kirchenleitung entschieden
    dagegen eingreifen. Seit dem Eintritt der Sedisvakanz 1958 ist
    dieser Schutz jedoch weggefallen. Johannes XXIII. erklärte
    ausdrücklich, daß die Kirche nicht mehr verurteilen sollte; nach dem
    Willen der Konzilsfunktionäre sollte kein gläubiger Student dem
    Glaubenstod in der Universität entrinnen können. Montini schaffte
    1966 den Index librorum prohibitorum [Verzeichnis der verbotenen
    Bücher] ab. Der Schriftsteller André Frossard äußerte sich einmal
    über Wojtyla: "Ich gebe zu, manchmal finde ich Johannes Paul II. zu
    mild. Druck oder Zwang auszuüben, liegt nicht in seiner Natur; er
    wird nie zornig. Als ich ihm einmal von einer theologischen
    Extravaganz berichtete und ihm vorschlug, darauf zu reagieren,
    antwortete er mir: «Lassen Sie den Irrtum sich selbst zerstören»"
    (zit. nach Schweizerische Katholische Wochenzeitung, 42 / 1994, S.
    5). Somit ist es in der heutigen nachkonziliaren Philosophie und
    Theologie fast völlig unmöglich, daß ein Student das universitäre
    Gift zurückweist, statt dessen die Professoren öffentlich als
    Häretiker bezeichnet und dennoch das Examen besteht, geschweige denn
    mit einer akzeptablen Note. Ganz im Geiste des Konzils sah z.B. Herr
    Joseph Ratzinger im Falle eines Studenten, der kurz vor seiner
    Hinrichtung durch die Dozenten stand und deswegen Ratzinger um Hilfe
    gebeten hatte, keinen Handlungsbedarf. Sonnige Gemüter aus der
    pseudokonservativen Szene, z.B. der bekannte Konzilskirchenrechtler
    Georg May, selber in Amt, Ehren und mit Professorengehalt, ermuntern
    die Studenten eifrig, die Häresien brav auswendig zu lernen und brav
    in den Prüfungen zu wiederholen, damit der jetzige Student später
    als Diplom-Theologe vor der Welt furchtlos Zeugnis von der Wahrheit
    ablegen, ja sein Blut für die Wahrheit vergießen kann; er soll damit
    allerdings bitteschön bis zum Ende der Abschlußprüfung warten. Es
    ist nichts Neues, daß die konziliare Revolution von den häretischen
    Akademikern vorangetrieben wurde und wird; bekannte antichristliche
    Autoren sind z.B. die Professoren K. Rahner (gest. 1984), H. Küng,
    B. Häring und E. Schillebeeckx, die allesamt den zweifelhaften Ruhm
    besitzen, "Konzilstheologen" gewesen zu sein. Von den neueren
    Professoren haben u.a. L. Boff (Befreiungstheologie) und E.
    Drewermann (tiefenpsychologische Glaubensinterpretation) einen
    höheren Bekanntheitsgrad erlangt. In diesem Text soll nun nicht das
    zerstörerische Treiben seitens festangestellter und gut besoldeter
    Dozenten weiter betrachtet, sondern die im Namen der Forschung
    betriebene Zerstörung innerhalb des sogenannten "Traditionalismus"
    aufgedeckt werden. Hier tun sich fürwahr Abgründe auf;
    Leichtfertigkeit im Urteil ist hier fehl am Platz, denn nur die
    Wahrheit befreit. Wie sich unter dem Deckmantel von Kirchentreue und
    Traditionsverbundenheit atheistischer Weltgeist in der Kirche
    breitmachen konnte, läßt sich gut am Beispiel des vor wenigen Jahren
    verstorbenen Bischofs Günter Storck, den u.a. die Hauptschuld am
    sog. "Priesterseminar Heilig Blut" in München trifft, verfolgen. Dr.
    Eberhard Heller, der Chefredakteur der pseudokatholischen
    Zeitschrift "Einsicht", spricht einmal von dem "geistigen und
    wissenschaftlichen Erbe von Storck", an dem man keinen Verrat üben
    dürfe ("Einsicht" XXIV, 46). Kürzlich machte Christian Jerrentrup,
    der passionierte Erfinder falscher Sukzessionslisten, in der
    "Einsicht" (XXVI, 92f) Werbung für Storcks Doktorarbeit, die nun in
    aller Kürze gewürdigt werden soll. In diesem ersten Teil sollen
    einige Informationen zum Umfeld der Dissertation gegeben werden,
    wobei auch die "Einsicht" - aufgrund der Werbung für Storcks
    Geschreibe - Erwähnung verdient, im zweiten Teil steht dann die
    inhaltliche Seite zur Diskussion.
    
    Das Neue Zeitalter
    J.G. Fichte, der Prophet der "Einsichtigen", war bereits zu
    Lebzeiten als Atheist durchschaut worden (s.a. Gemeindebrief vom
    Dez. 1996). So berichtet J. Holtdorf (Die Logen der Freimaurer,
    Hamburg 1991) über Fichte: "1762-1814, Philosoph, 1794 in Rudolstadt
    (Loge «Günther zum stehenden Löwen») affiliiert [eingeweiht];
    schrieb 16 Briefe an Constant über Philosophie der Freimaurerei" (S.
    143). In der Philosophiegeschichte werden die Schreiberlinge Fichte,
    Schelling und Hegel, die alle um 1800 in Jena dozierten, dem
    "deutschen Idealismus" zugeordnet; spätestens seit der Verurteilung
    des Priesters G. Hermes (1835), der auf Kant und Fichte aufbauen
    wollte, war den Modernisten der Schlag gegen den katholischen
    Glauben mit Hilfe dieser gefährlichen Waffe des "Idealismus" ganz
    klar versperrt. Noch Pius XII. warnte ausdrücklich vor der falschen
    Philosophie des "Idealismus" (Enz. "Humani Generis", 1949; DS 3878),
    doch nach dem Tod dieses letzten Papstes war der Weg frei für den
    ungebremsten Angriff des Tieres. In einem "Lexikon der Päpste" heißt
    es dazu schwärmerisch: "Mit Johannes [XXIII.] hat eine in ihrer
    Tragweite noch kaum zu überschauende neue Epoche des Papsttums
    begonnen - eine Epoche, die den Papst gleichzeitig zum Vater und zum
    Bruder aller Menschen, der Christen wie der Nichtchristen, erhöht
    hat. [...] Am 11.10. 1962 eröffnete Johannes das einundzwanzigste
    Allgemeine Konzil, das zweite Vaticanum, das inzwischen zum größten
    Ereignis der Kirche unseres Jahrhunderts, zum leuchtendsten Beweis
    ihrer Kraft geworden ist. [...] So ist dieses Konzil, das keine
    Dogmen verkündet und das nicht mehr verurteilt, sondern in Christus
    verbindet, etwas umwälzend Neues in der Geschichte der Konzilien
    seit Nicäa geworden, der mächtige Übergang in ein neues Äon der
    umfassenden Erneuerung des Glaubenslebens. [...] Wenn Amerika dem
    Papst posthum seine höchste Auszeichnung, die Freiheitsmedaille,
    verliehen hat, so aus dem Grunde, weil er der Menschheit das
    Brudersein vorgelebt hat" (H. Kühner, Lexikon der Päpste, Zürich
    o.J., Ss. 298f). 1976, als die Verwüstung schon weit fortgeschritten
    war, brauchte Storck keinerlei Repressionen mehr zu fürchten -
    inwieweit es zutrifft, daß Storck mit J. Ratzinger freundschaftlich
    verbunden war und von ihm auch Unterstützung in seinem Treiben
    erfuhr, läßt sich wohl nicht mehr im einzelnen eruieren - und machte
    sich ans Werk, seinen Beitrag zur konziliaren Irreführung zu
    leisten.
    Storck hat seinen Text "Die Gottesidee in der Wissenschaftslehre J.
    G. Fichtes" (München 1976) bei L. Scheffczyk vorgelegt, einem
    Angestellten der Konzilssekte, der u.a. Kontakte zur
    "Petrus-Bruderschaft" pflegt. Storck schreibt in einem kurzen
    Vorwort zum Druckwerk seiner Arbeit: "Mein vorzüglicher Dank gilt
    dem Referenten, Herrn Prof. Dr. L. Scheffczyk, der auf Grund seines
    Interesses für die Theologie und Philosophie des neunzehnten
    Jahrhunderts die Anregung zu dieser Arbeit gab. Durch eine
    langjährige Beschäftigung als Assistent am dogmatischen Seminar gab
    er mir freundlicherweise die Gelegenheit, die schwierige Materie zu
    behandeln. Außerdem möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. R. Lauth
    besonders danken, der trotz großer Belastung das Korreferat
    übernommen hat. Ohne die Erkenntnisse, die ich in Vorlesungen und
    Seminaren aus seiner großartigen Durchdringung der Problematik des
    sogenannten Idealismus und der von ihm konzipierten systematischen
    Darstellung der Philosophie gewonnen habe, wäre die Bearbeitung der
    Thematik nicht möglich gewesen" (Handausgabe S. 2). Wer ist
    Scheffczyk? Blickt man auf seine diversen Artikel und Hefte, fällt
    immer wieder ein großes Anliegen bei ihm auf: Er gibt vor, die
    überlieferte Wahrheit bewahren zu wollen, wobei er sich zugleich für
    das "authentische Konzil" (?) ausspricht. Natürlich dient eine
    Unterscheidung zwischen Geist und Buchstaben des Konzils nur als
    eine Taktik in der heute gängigen Volksverdummung. Bereits die
    Tatsache, daß ein Konzil keine klärende, sondern eine vernebelnde
    Wirkung zeigt, muß jeden denkenden Menschen alarmieren. Die klare
    scholastische Sprache, wie sie im Trienter Konzil sehr ausgeprägt zu
    finden ist, wurde auf dem Vat.2 aufgegeben, ein Großteil der
    Vat.2-Texte ist daher vieldeutig. Aber die eindeutigen Häresien
    (Heilswert der anderen Religionen, Religionsfreiheit etc.) können
    auch durch noch so süßliche Sprache nicht verdeckt werden.
    Symptomatisch für die Scheffczyk-"Theologie" ist das Buch "Aspekte
    der Kirche in der Krise - Um die Entscheidung für das authentische
    Konzil" (Siegburg 1993). Im Vorwort heißt es bereits: "Auf dem Boden
    des Zweiten Vatikanischen Konzils müßten sich eigentlich alle um die
    Kirche wahrhaft besorgten Christen treffen können" (S.6). Wer jetzt
    befürchtet, Scheffczyk warte in seinem Buch mit demselben hohlen
    Gefasel und Geschwafel auf, wie es aus den Vat.2-Texten zur Genüge
    bekannt ist, wird nicht enttäuscht. Seitenlang windet sich
    Scheffczyk hin und her in teils fromm klingenden, teils rein
    demagogischen Sentenzen, um den Leser zu der irrigen Meinung zu
    führen, Vat.2 sei ja eigentlich treu katholisch. Dies läßt sich am
    besten anhand des Dogmas von der Heilsnotwendigkeit der Kirche
    veranschaulichen. Ein Kapitel seines Buches ist überschrieben mit
    "Außerhalb der Kirche kein Heil?", d.h. Scheffczyk stellt die
    Heilsnotwendigkeit bereits in der Überschrift "in Frage". Auf den
    insgesamt vierzehn Seiten darf sich der Leser dann durch
    nichtssagende Wörteranhäufungen quälen, und nur ab und zu stößt man
    auf griffige Formulierungen, z.B. direkt zu Beginn: "Angesichts
    dieses weltweiten Gesprächs [zwischen den Religionen] wäre eine
    einseitig betonte Exklusivität der Kirche genausowenig am Platze wie
    eine unterschiedslose Konformität, die das eigene preisgeben wollte"
    (S. 150). Aha, dann also "Einheit in der Vielfalt"! Das Dogma "extra
    ecclesiam nulla salus" ist nach Scheffczyk "gewiß der Erklärung
    bedürftig" (S. 157); Scheffczyk unterschlägt dabei, daß die
    Erklärung bereits in einem unfehlbaren Text gegeben wurde: "Mag
    einer noch so viele Almosen geben, ja selbst sein Blut für den Namen
    Christi vergießen, so kann er doch nicht gerettet werden, wenn er
    nicht im Schoß und in der Einheit der katholischen Kirche bleibt"
    (DS 1351, zit. nach NR 1938, 350) [als subjektives Moment muß man
    natürlich z.B. die Möglichkeit eines "unüberwindbar irrenden
    Gewissens" in Betracht ziehen, dies ändert jedoch nichts an der
    objektiven Aussage des Dogmas]. Für dieses klärende Zitat war bei
    Scheffczyk in seinem Wortschwall aber kein Platz mehr. Dagegen
    verkündet Scheffczyk abschließend, die katholische Kirche biete "den
    einzig ordentlichen Heilsweg" (S. 164), woraus zu folgern ist, daß
    die anderen Religionen nur einen unordentlichen, aber dennoch einen
    wirklichen Heilsweg bieten. - Bei so einem Herrn wie Leo Scheffczyk
    verbrachte Storck also mehrere Jahre als "Assistent". Hier dürften
    bereits erste Zweifel daran aufkommen, ob ein theologisches
    Meisterwerk in so einem Milieu überhaupt möglich ist: Einer von den
    Oberzerstörern des Glaubens hatte "die Anregung zu dieser Arbeit"
    gegeben, und Storck war sein Komplize.
    Storck stand vor dem Problem, sich nicht nur mit dem Idealismus
    beschäftigen, sondern ihn sogar als unverzichtbar für die heutige
    philosophisch-theologische Diskussion herausstellen zu wollen, und
    dies gegen die Ausführungen von Pius XII. Deswegen beginnt Storck
    sein Elaborat mit den Worten: "Die Beschäftigung mit dem
    «sogenannten Idealismus» (Fußnote Nr. 1: Diese übliche
    Klassifizierung wird den unter diesem Terminus subsumierten sehr
    verschiedenartigen philosophischen Konzeptionen nicht gerecht. Man
    sollte ihn deshalb überhaupt vermeiden. [...]) ist in der Theologie
    auch im Bereich der katholischen Theologie, keine Seltenheit mehr"
    (Handausgabe S. 7 [Originalausgabe S. 1]). Storcks unlogischer
    Schluß lautet also: "Pius XII. verbietet, das Fichte-System in
    Philosophie und Theologie zu verwenden, was er mit dem Begriff
    «Idealismus» bezeichnet; den Idealismus hat es aber nie gegeben,
    also darf ich das Fichte-System dann doch verwenden." Wer es nötig
    hat, bereits ganz zu Anfang einer Dissertation auf solche billigen
    Taschenspielertricks zurückzugreifen, sollte nicht sofort als
    verläßliche Fachkraft eingestuft werden, wobei noch zu beachten ist,
    daß Fichte ja selbst vom "Idealismus" spricht. Im weiteren Text
    erfahren wir, wann genau der Idealismus in der katholischen
    Theologie Einzug gehalten hat, Storck nennt einen Namen und eine
    Jahreszahl: Der Jesuit E. Coreth hatte 1959 dazu aufgerufen, Fichte
    und überhaupt den Idealismus neu zu betrachten, weil die bisherigen
    Auffassungen darüber unzureichend seien und nicht die Wahrheit
    träfen (cf. S. 7 [1]). Auf Coreth gehen wir aus Platzgründen nicht
    näher ein. Nur soviel: Er wurde 1955 Professor für christliche
    Philosophie in Innsbruck und 1972 zusätzlich noch Provinzial des
    Jesuitenordens in Österreich, d.h. er ist die Karriereleiter in der
    Konzilssekte hochgeklettert. Das Datum besagt ebenfalls sehr viel:
    Das Neue Zeitalter hatte begonnen, die Schlacht gegen alles
    Katholische konnte ungehindert geführt werden. In allen Disziplinen
    des katholischen Studiums, ob nun Dogmatik, Moraltheologie,
    Philosophie oder Exegese, durfte nun - mehr oder weniger - frei
    alles Erdenkliche und Undenkbare gelehrt werden. Weil Rom sich
    hartnäckig weigert, die Häretiker am Katheder zu stoppen - sogar die
    ärgsten Irrlehrer blieben jahrelang als offizielle katholische
    Theologen im Amt (z.B. Küng und Drewermann) - konnten und können
    sich auch Irrlehren ausbreiten und lange halten, sie gewinnen an
    Alter und werden dann als "in der heutigen Wissenschaft anerkannte
    Lehre" ausgegeben, obwohl sie ihre Verbreitung eben nur der
    fehlenden Zensur verdanken. Dazu ein Beispiel aus dem sehr wichtigen
    Bereich der Erbsündenlehre: Pius XII. verurteilte den "Polygenismus"
    (d.h. die Menschheit geht nicht ausschließlich auf Adam und Eva
    zurück, sondern besitzt verschiedene Ursprünge; innerhalb dieses
    Denkmodells konnte n.b. die Schuld der Ursünde nicht auf alle
    Menschen durch die Fortpflanzung, sondern bei einigen Menschen -
    wenn überhaupt - nur durch Nachahmung übergehen (diese Behauptung
    ist als Häresie verurteilt (DS 1512; DS 3897)); heute bekommt man
    meist zu hören, in der heutigen Theologie sei der Monogenismus (d.h.
    die gesamte Menschheit geht auf Adam und Eva zurück) überwunden und
    der Polygenismus "in der Wissenschaft anerkannt". - Dem Verf. ist
    nur eine Ausnahme bekannt, in der ein Professor etwas anderes sagte,
    u.z. daß bereits Pius XII. den Polygenismus akzeptiert habe!
    In diesem Licht läßt sich dann auch eine Aussage von Christian
    Jerrentrup verstehen. Jerrentrup schreibt in der
    "Einsicht"-typischen Gossenmanier: "S. [Storcks] umfangreicher,
    leider etwas langatmiger Nachweis, daß die Verleumdung Fichtes als
    «Atheist» im sog. «Atheismusstreit» jeglicher sachlichen Grundlage
    entbehrt und auf vorsätzlich intrigantem Mißverstehen beruht, ist in
    der Forschung zwar längst Gemeingut, hat aber angesichts
    tölpelhafter Nachplapperer bis in [die] Gegenwart hinein durchaus
    seine Berechtigung (98-139)" ("Einsicht" XXVI, 92f). Auf diesen
    "Nachweis" werden wir später eingehen. Verständlich, daß Jerrentrup
    sofort die schwersten verbalen Geschütze gegen die Katholiken
    auffahren muß, um Fichte als den großen, den einzig wahren Propheten
    anzupreisen: Jerrentrup hat ja nicht nur nichts zu bieten, er kann
    auch nichts bieten an philosophischen Gründen, denn die
    Fichte-Träumerei ist einfach nur falsch. Wenn Jerrentrup sich auf
    die [heutige] "Forschung" beruft, dann beruft er sich auf das
    schmutzige Geschäft der Konzilsknechte, wahrlich eine fragwürdige
    Referenz. Jerrentrups Denken basiert offenkundig auf einem
    opportunistischen Autoritätsbegriff. Autorität und öffentliche
    Anerkennung eines Wissenschaftlers können von einem denkenden
    Menschen selbstverständlich nicht als Argumente für die Richtigkeit
    seiner Aussagen, erst recht nicht in jedem einzelnen Fall,
    akzeptiert werden; für Jerrentrup muß die Autorität trotzdem
    herhalten. Wenn aber das Universitätsniveau tatsächlich so erhaben
    und die "Forschung" tatsächlich so unfehlbar sein sollten, wieso
    schreiben dann HJ (Heller / Jerrentrup) überhaupt noch gegen die
    modernen "Philosophen" und "Theologen" wie z.B. Rahner (der hatte
    seine - abgelehnte - Dissertation "Geist in Welt" im Fach
    Philosophie abgegeben) oder Küng? Wie können sie es noch wagen, über
    Rahner auch nur ein einziges Wort der Kritik zu äußern? Und wie
    wollen sie dann noch ihre Kritik an der international anerkannten
    Super-Kapazität "Heiliger Vater Johannes Paul II." rechtfertigen,
    statt eine Lobeshymne nach der anderen auf diese Super-Kapazität zu
    dichten. - Den vollendeten moralischen Tiefpunkt infolge des
    Autoritäts-Opportunismus, der bereits die Gürtellinie empfindlich
    unterschreitet, finden wir in der Unterstellung, der Verf. hätte
    "über die als Psychotherapeutin international anerkannte Frau Meves
    Unverschämtheiten" ausgebreitet ("Einsicht" XXVI, 111, bezugnehmend
    auf den Artikel "Wieder ein neuer Papst",
    Franziskaner-Gemeindebrief, Dez. 1996). Wie sieht die Wirklichkeit
    aus? Der Verf. hatte wahrheitsgemäß darauf hingewiesen, daß Christa
    Meves 1) aus einer der protestantischen Sekten in die Konzilssekte
    übergetreten ist, 2) permanent für Wojtyla, Haas, Krenn etc.
    schwärmt und oft für linksorientierte Wurfsendungen wie
    "Theologisches", hg. von dem Konzilspriester J. Bökmann, schreibt,
    3) klare Obszönitäten öffentlich wiedergibt und 4) gottlose Parolen
    schwingt wie: "Wirklich homosexuell ... sind doch nur 1,1% der
    Bevölkerung ..." ("Einsicht" XXIV, 68). Sind etwa auch HJ der
    Auffassung, daß "1,1 % der Bevölkerung wirklich homosexuell sind"
    (was immer "wirkliche" Homosexualität sein mag). Können sie konkrete
    Personen nennen, die "wirklich homosexuell" sind? Ist ein Teil ihres
    Bekanntenkreises "wirklich homosexuell"? Fühlt sich Herr Heller gar
    persönlich irgendwie verletzt, weshalb er so emotional reagiert? Wir
    wollen nicht weiter fragen, schließlich ging es bei der Würdigung
    des Meves-Artikels ja nur darum, moralische Prinzipien gegen
    schleichende Unterwanderung zu verteidigen. Wie Heller wußte, wurde
    Frau Meves dreimal vom Verf. angeschrieben, es wurde ihr also
    genügend Gelegenheit eingeräumt, den gegen sie erhobenen Vorwurf,
    sie habe ein "Obszönitäten-Sammelsurium" abgeliefert, zu
    kommentieren. Sie hat auf jegliche Stellungnahme - was Heller
    ebenfalls wußte - verzichtet, obwohl sie sonst sehr kontakt- und
    schreibfreudig ist. Die "Einsicht" nimmt halt Konzilsanhänger sowohl
    entschlossen als auch schamlos in Schutz.
    Im Zusammenhang mit dem Autoritäts-Opportunismus noch einige
    Bemerkungen zu der Behauptung, HJ´s Hetzkampagne gegen
    römisch-katholische Christen, insbesondere gegen unseren Altvater,
    sei "überwiegend positiv aufgenommen" worden ("Einsicht" XXVI,111):
    Erfolg (Mißerfolg) einer Sache sagt nichts über die Qualität dieser
    Sache aus; Luther fand Anhänger, Roncalli fand Anhänger, warum
    sollte nicht auch Heller Anhänger finden, die von seinem Wirken
    angetan sind? Weil die "Einsicht" nach dem Bücherverbot zu
    beurteilen ist, sind die "Einsicht"-Leser der Exkommunikation
    wenigstens verdächtig nahe. Anders ausgedrückt: Wir haben dringenden
    Anlaß zu der Vermutung, daß sich unter den "Einsicht"-Lesern eine
    relativ große Zahl von Herdenmenschen befindet, die immer gerade dem
    zujubeln, der am lautesten brüllt, egal ob er Luther, Roncalli oder
    wie auch immer heißt. Im Christentum sind Erfolg und öffentliche
    Anerkennung nie als Garanten für die Wahrheit betrachtet worden;
    wenn jemand, der sich zum Christentum bekannte, Verfolgung erlitt,
    so wurde das kirchlicherseits nicht automatisch als Beweis dafür
    verstanden, daß der Verfolgte ein Betrüger und Scharlatan sein
    müsse. Luther und Roncalli haben oft von Gott gesprochen und sich
    auf Gott berufen; aber meinten sie wirklich Gott? Von der
    erfolgreichen Rockgruppe KISS (Akronym: Knights In Satan´s Service
    [Ritter im Dienste Satans]) war vor einigen Jahren ein Top-Hit immer
    wieder zu hören: "God gave Rock 'n' Roll to you" (Gott gab dir die
    Rockmusik); sollte man ein Lied mit einem so frommen Text nicht auch
    in der Kirche singen? Das Faktum, daß tatsächlich einige
    bedauernswerte Zeitgenossen die Aussagen der "Einsicht" für wahr
    halten, beweist nicht die Zuverlässigkeit des Blattes, und das
    Faktum, daß sich die Einsichtigen als "Katholiken" ausgeben, beweist
    nicht ihre Glaubenstreue.
    Dabei fällt auf: Wenn Heller auch im allgemeinen nur diskreditieren
    kann, so geizt er dennoch nicht mit Eigenlob: "Die Argumente [der
    «Einsicht» für die Thesen, daß Wojtyla nicht der Papst ist etc.]
    sind zwar sehr gut vorgetragen - alle haben sie inzwischen
    übernommen - ..." ("Einsicht" XXV,31). Wie bitte?? Keiner der
    hauseigenen "Einsicht"-Texte war m.W. nach einem Fachurteil "sehr
    gut"! Das Märchen, Dr. Katzer sei zur Fichte-"Philosophie"
    übergewechselt, ist ebenfalls längst aufgedeckt. Und: Wer hat HJ´s
    "Argumente" übernommen? Die Bestimmung "alle" kann sich nicht nur
    nicht auf die Weltbevölkerung beziehen, sondern auch nicht auf die
    kleine Schar derer, die Wojtyla als falschen Hirten durchschaut
    haben, denn zum einen lesen - gottlob! - nur wenige Menschen die
    "Einsicht", zum anderen haben nicht HJ´s Einbildungen, sondern die
    katholischen (thomistischen) Argumente die Konzilssekte überführt.
    Wer ist mit diesen "allen" also gemeint? Alle geistig
    Minderbemittelten? HJ bleiben uns eine klare Angabe schuldig. Doch
    um der Gerechtigkeit willen muß man zugeben, daß die "Einsicht"
    durchaus auch wahre Aussagen enthält. Heller schreibt einmal sehr
    eindringlich im Fettdruck: "Wir haben nicht 30 Jahre lang Widerstand
    gegen die Häresien der Konzils-'Kirche' geleistet, um schließlich im
    Sektierertum zu versinken!" ("Einsicht" XXVI, 30). Den ersten Teil
    des Satzes kann man uneingeschränkt akzeptieren: "Wir haben nicht 30
    Jahre lang Widerstand gegen die Häresien der Konzils-'Kirche'
    geleistet" (umformuliert: "Wir haben 30 Jahre lang keinen Widerstand
    gegen die Häresien der Konzils-'Kirche' geleistet" [sondern
    Konzilsleute wie Scheffczyk, Meves etc. immer wieder vor den
    Katholiken in Schutz genommen]). Auch der zweite Teil: "Wir werden
    definitiv nicht im Sektierertum versinken", ist akzeptabel, nämlich
    um im Sektierertum versinken zu können, müßten die "Einsichtigen" ja
    vorher zur Kirche gehört haben; da die "Einsichtigen" mit ihrer
    Pseudophilosophie stets zu den Sektierern zählten, stehen sie auch
    nicht in der Gefahr, jemals im Sektierertum zu versinken. Nun komme
    man nicht mit dem Vorwurf, das sei doch wohl arglistige
    Wortverdrehung! Zugegeben, es ist ein wenig provokativ formuliert -
    aber jeder kann das erkennen, und die Aussage stimmt ja auch mit der
    Wirklichkeit überein. Wer jedoch echte Beispiele für
    Wahrheitsverdrehungen und Unterschlagung von notwendigen
    Informationen sucht, der wird bei HJ reichlich fündig. Z.B. ist
    folgende Behauptung Hellers schlichtweg gelogen: "Aus seinen mir
    vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, daß [N.N.; gemeint ist
    der Verf.] auch nur ein Semester Philosophie studiert hat"
    ("Einsicht" XXVI, 30). Zum einen unterschlagen HJ die Leistungen -
    auch im Fach Philosophie - im Abiturzeugnis des Verf. Dann
    unterschlagen sie, daß der Verf. das Diplom in Theologie besitzt,
    woraus eindeutig auch philosophische Studien zu folgern sind. Zudem
    schloß der Verf. außer seinem Diplomstudiengang in Theologie auch
    noch die Hauptstudiengänge in Latein und Griechisch (Lehramtstudium)
    erfolgreich ab, hatte also viele philosophische Texte auch im
    Original gelesen. Oder war HJ´s Aussage doch keine Lüge? Vielleicht
    haben HJ bei dem Blick auf das Abiturzeugnis des Verf. die
    "Einsicht"-spezifische Sorgfalt und Gründlichkeit walten lassen
    (nämlich gar keine). Vielleicht wissen HJ wirklich nicht, daß zum
    Diplomstudium in Theologie auch Vorlesungen und Seminare im Fach
    Philosophie erforderlich sind? Vielleicht wissen HJ ebenfalls nicht,
    daß zur griechischen und lateinischen Literatur auch philosophische
    Texte gehören, sondern meinen, alle philosophischen Texte seien in
    Deutsch (Kant und Fichte) und Französisch (Descartes; natürlich sind
    seine philosophischen Schriften auch auf dem Index gelandet, sonst
    würden die "Einsichtigen" ihn wohl kaum anhimmeln) verfaßt worden.
    Falls HJ also tatsächlich so unbewandert sein sollten, was wir nicht
    ausschließen können, möchten wir ihnen nicht unterstellen,
    absichtlich diskreditieren zu wollen; es läge dann nicht direkt
    Bosheit, sondern nur eine schwer sündhafte Fahrlässigkeit vor. Dabei
    ist noch außer Acht gelassen, daß die heutige "Forschung" ja den
    Glaubenstod über die Studenten bringen soll, doch hier greift wieder
    HJ´s Autoritäts-Opportunismus. HJ´s Geschreibe läßt sich auch als
    Ergebnis einer tendenziösen Selektion erklären, d.h. einer Auswahl
    von Informationen, die entweder in sich falsch sind oder durch
    verkürzte Wiedergabe von dem Rezipienten falsch verstanden werden
    müssen. Ein Beispiel: Nehmen wir an, Person A sagt zu Person B: "Ich
    komme morgen nicht". Fall 1) Person B sagt dann zu Person C: A hat
    zu mir gesagt: «Ich komme morgen»". Hier sagt B die Unwahrheit. Fall
    2) Person B sagt dann zu Person C: «A hat zu mir unter anderem
    gesagt: «Ich komme morgen». Hier sagt B die Wahrheit, allerdings
    tendenziös - C muß diese Aussage falsch verstehen. Es stimmt zwar,
    daß im Lebenslauf des Verf. nicht das Fach Philosophie erwähnt wird,
    aber daß er Philosophie studiert hat, d.h. an der Universität
    Vorlesungen und Seminare in Philosophie besucht hat, kann man aus
    den Unterlagen schließen. Tendenziöse Selektion liegt auch vor, wenn
    man bei den Informationsquellen nur die unzuverlässigen zitiert,
    ohne sie als unzuverlässig zu erkennen zu geben, die seriösen
    Quellen aber entweder sich nicht besorgen oder gar - falls sie
    vorliegen - nicht zur Kenntnis nehmen will. Dies ist z.B. bei HJ´s
    "Quellen" zur Sukzession in der alt-römisch-katholischen Kirche (den
    Schreiberlingen Riediger und Plazinski, deren Falschaussagen sogar
    gerichtlich festgestellt wurden) der Fall. Verkürzende,
    sinnentstellende Wiedergabe von Informationen ist der beste Trick,
    um Naivlinge erfolgreich in die Irre zu führen; der Teufel läßt
    raffinierterweise den Pferdefuß manchmal etwas schwer erkennen (s. 2
    Kor 11,14). Ein anderes Beispiel für billige Volksverhetzung der
    Marke "Einsicht" (XXVI, 111): Für die "moralische Integrität" des
    Verf. spricht in HJ´s Horizont "auch nicht, daß er dieses Pamphlet
    [gemeint ist der Gemeindebrief Dez. 1996] aus Furcht vor einer
    Anklage wegen Verleumdung nicht namentlich unterschrieben haben
    dürfte." Sollten HJ wirklich schon dermaßen Ich-verliebt sein, daß
    sie Bescheidenheit als Grund für den Verzicht auf Namensnennung
    nicht mehr in Erwägung ziehen? Und wie können sie Furcht bei dem
    Verf. vermuten, der diesen Text bereits vor der Veröffentlichung im
    Gemeindebrief an Heller geschickt und später auch noch einmal an
    Jerrentrup geschickt hatte und seine Autorenschaft klar erkennen
    ließ? Nein, jeder noch so imaginäre Strohhalm wird hastig ergriffen,
    um den Verf. zu diskreditieren. Nun, der Verf. kann sich bei seinem
    Urteil über Fichte nicht nur auf die gesamte Philosophiegeschichte,
    sondern auch insbesondere auf die lehramtlichen Verurteilungen des
    Idealismus und des Priesters G. Hermes stützen. Es ist nur ein
    logischer Schluß, wenn man sagt, das System Fichtes ist
    pantheistisch, und wer diesem Lehrsystem folgt, muß genauso als
    Pantheist betrachtet werden, zumindest bis das Gegenteil bewiesen
    ist. Ist es etwa Verleumdung, wenn man die Entscheidungen Roms auf
    die "Einsicht" anwendet. Ist es etwa nicht Verleumdung, wenn man die
    Entscheidungen Roms auf die Weihelinie der alt-römisch-katholischen
    Kirche nicht anwendet?
    Schließlich nehmen HJ noch Anstoß an der - nach dem Urteil anderer -
    "würzigen" Sprache, also einem gewissen rhethorischen Moment in den
    Texten des Verf. Der Gossenjargon HJ´s ("ekelerregender Dreckhaufen"
    etc. etc.) ist in der Tat verfehlt, aber wenn man die Sprache in
    ehrbarer Weise in den Dienst der Verkündigung stellen kann - warum
    nicht? Die an der deutlichen Sprache geäußerte Kritik HJ´s kann zwei
    Gründe haben: Zum einen kennen sie die Hl. Schrift nicht, weder die
    Apostelbriefe noch die Evangelien, sondern meinen, nur der sei ein
    würdiger Priester, der sich einer einlullend süßlichen Sprache
    bedient, wie sie etwa in den Vat.2-Texten zu finden ist. HJ sollten
    einmal die Texte des hl. Bernhard von Clairvaux, der mit dem
    Ehrentitel "doctor mellifluus" [honigfließender Lehrer] bedacht
    wurde, gegen Abälard lesen! Zum anderen müssen HJ wohl eingestehen,
    daß ihnen außer Autoritäts-Opportunismus und tendenziöser Selektion
    nur noch die - äußerst primitive - Polemik bleibt, um ihre Horde bei
    Laune zu halten. Sobald dann jemand kommt, der die Sprache wirklich
    beherrscht und sogar in den Dienst der Wahrheit stellt, bleibt nur
    noch die grobschlächtige Verteufelung als Waffe übrig, und HJ
    schießen in der Tat amokartig um sich. Soviel zum Umfeld der
    Dissertation Storcks . Nach diesen Überlegungen wollen wir uns nun
    ihrem Inhalt widmen.
    
    II.
    Im ersten Teil unseres Textes "Alma mater" haben wir festgestellt,
    daß die Dissertation des angeblich katholischen Bischofs G. Storck
    a) einen antikatholischen Autor (Fichte) anpreist, b) von einem
    antikatholischen Professor (Scheffczyk) angenommen wurde und c) in
    einer antikatholischen Zeitschrift ("Einsicht") empfohlen wird. Bis
    heute, gut drei Wochen nach Veröffentlichung des ersten Teiles, sind
    allerdings nur positive Kritiken bei uns eingetroffen, obgleich nach
    Möglichkeit alle Hauptpersonen unseres Artikels (v.a. natürlich
    Scheffczyk und der Heller-Kollege Jerrentrup) frühzeitig den Text
    erhalten haben. Damit zum zweiten Teil:
    
    Storcks Kampf gegen Christus und seine Kirche
    Zu Beginn bereits unser Urteil über Storcks Text: Dieser verdient
    die Bezeichnung "Doktorarbeit" genauso, wie die Konzilssekte den
    Namen "röm.-kath. Kirche" verdient, nämlich überhaupt nicht - aus
    kirchlicher Perspektive. Aus staatlicher Perspektive verpflichtet
    z.B. das geltende deutsche Recht natürlich zweifelsfrei, die
    Konzilssekte mit der röm.-kath. Kirche gleichzusetzen und Storcks
    konfus-chaotisches Geschreibe als echte Doktorarbeit zu bezeichnen,
    und dies stellen wir keineswegs in Abrede. Für unsere Position
    spricht u.a., daß Storck mit seiner Kritik an dem größten aller
    Kirchenlehrer, dem hl. Thomas von Aquin (1225-1274), der zugleich
    die Blütezeit der Hochscholastik repräsentiert, schwere Mängel an
    scholastischen Kenntnissen verrät, weswegen der Verdacht zumindest
    naheliegt, daß er sich nie ernsthaft mit Thomas bzw. generell mit
    katholischer Theologie beschäftigt hat. Sollte dies der Fall sein,
    erinnern wir an den Abschnitt aus der Antimodernisten-Enzyklika
    "Pascendi" des hl. Papst Pius X.: "In Zukunft soll niemand mit einem
    Doktorgrad in Theologie und im kanonischen Recht ausgezeichnet
    werden, der die festgesetzen Ausbildungsinhalte in der
    scholastischen Philosophie vorher nicht gründlich durchgearbeitet
    hat. Falls er [der Doktorgrad] verliehen wird, sei er wirkungslos
    verliehen" (Nr. II).
    Wenn man Storcks Machwerk aufschlägt, fällt zunächst der hohe Anteil
    an Fußnotentext auf. Üblicherweise dienen Fußnoten nur zur Angabe
    von Fundstellen, d.h. wenn man im Haupttext (durch Zitat,
    Paraphrasierung oder Inhaltsangabe) auf einen fremden Text hinweist,
    werden in der Fußnote die genauen bibliographischen Angaben
    hinzugefügt (Ausnahmen sind natürlich möglich, z.B. können Fußnoten
    auch als Zeilenkommentar zu einem fremden Haupttext verwendet
    werden). Storck allerdings setzt auf manchen Seiten mehr Text in den
    Fußnoten- als in den Hauptbereich, der Leser hat also keinen
    durchstrukturierten, gedankenentwickelnden Text vor sich, sondern
    wird mit Unmengen von Randbemerkungen und Miniaturexkursen
    konfrontiert - kurz: Schon rein formal herrscht ein heilloses
    Durcheinander in der Textgestaltung. Möglicherweise versuchte
    Storck, dadurch auf die Mindestseitenzahl für eine Dissertation zu
    kommen, daß er wertlose Aphorismen einschaltete wie: "Große
    Heiligengestalten haben ihre oft großartigen theologischen
    Einsichten oft nicht aus der Schultheologie" (FN 291, S. 84). Na da
    schau her! Wirklich bestechend, diese klare Präzision der Aussage!
    Der Verdacht, Storck wolle seine Leser mit solchen Statements für
    dumm verkaufen, erhärtet sich bei den Weisheiten, die er über die
    Tugend der Klugheit vom Stapel läßt: "Der Dieb, der einen Diebstahl
    mit höchster Klugheit durchführt, wäre dann [d.h. nach klassischer
    Ethik / Moraltheologie] genauso tugendhaft wie der Gerechte!" (FN
    17, S. 24). Hier zeigt sich ein eklatanter Mangel an
    philosophisch-theologischem Wissen; in der Tat ist die Klugheit
    "auriga et moderatrix omnium virtutum" [Lenkerin und Beherrscherin
    aller Tugenden] (zit. nach Noldin-Schmitt, Summa theologiae moralis,
    Bd. I, Regensburg (25) 1937, Nr. 266), und richtig schreibt B.
    Häring: "Der Schlaue besitzt die Fähigkeit, die Wirklichkeit
    daraufhin zu übersehen, wie sie seinen Plänen dienstbar gemacht
    werden kann. Der Kluge besitzt eine ebenso wache Hellhörigkeit wie
    der Schlaue, aber er hört aus dem Gang der Welt heraus, wie er alles
    in den Dienst des Guten, letztlich in den Dienst Gottes stellen
    kann" (Das Gesetz Christi, S. 318f, Freiburg 1954; n.b. nur diese
    erste Ausgabe von Härings Standardwerk kann guten Gewissens
    verwendet werden, da Häring später mehr und mehr liberale Ansichten
    vertrat). Man muß befürchten: Storcks Text enthält soviele dumme und
    falsche Aussagen, daß es nur noch eine trostlose Fleißaufgabe wäre,
    alles aufzuzeigen bzw. richtigzustellen.
    Als besonders vernunftbeleidigend ist folgende Position Storcks zu
    bewerten: Bereits im Vorwort stöhnte Storck: "Durch eine langjährige
    Beschäftigung als Assistent am dogmatischen Seminar gab er [Leo
    Scheffczyk, der "Doktorvater"] mir freundlicherweise die
    Gelegenheit, die schwierige Materie zu behandeln" (S. 2). Im
    Dissertationstext heißt es dann: "Fichte trug die Wissenschaftslehre
    im Jahre 1804 dreimal vor. Der erste Vortrag begann am 17. Januar
    und endete am 29. März. [...] Bedenkt man den außerordentlichen
    Schwierigkeitsgrad des in den Vorlesungen Vorgetragenen und die
    beträchtliche Kürze der Vortragsdauer, so stellt sich die Frage, wer
    von den Zuhörern den sachlichen Anforderungen gewachsen sein konnte
    (FN 237: Unter den heute vorauszusetzenden Bedingungen ist ein
    authentisches Verständnis dieser zu den schwierigsten Werken der
    ganzen philosophischen Literatur zählenden Schrift (wie sich
    wiederholt gezeigt hat) nicht ohne eine mehrere Jahre dauernde
    einläßliche Beschäftigung zu erreichen. Auch in diesem Vergleich mag
    ein wenig von der Differenz des geistigen Niveaus zum Ausdruck
    kommen, das den heutigen Leser im Hinblick auf Verstehensbedingungen
    zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Wissenschaftslehre
    charakterisiert)" (S. 66 [140f]). - Mit Hilfe der abwegigen
    Behauptung, nur der langjährige Fichte-Leser könne sich überhaupt
    ein Urteil über Fichte und Storck erlauben, gleich jede Kritik im
    Keim zu ersticken, wirkt zumindest arrogant. Ähnlich muß auch Fichte
    charakterlich ausgeprägt gewesen sein: "Fichte bemerkt beiläufig,
    daß die Ordnung in der Rezeption der Resultate seines
    Philosophierens umgekehrt war. Man hat erst beurteilt und widerlegt
    und dann allenfalls verstanden (oder auch nicht!)" (S. 112 [249]).
    Respekt und Ehrlichkeit gehören anscheinend generell nicht zu den
    Stärken Storcks: den hl. Thomas fertigt er in wenigen Sätzen, oft
    nur in Fußnoten ab; die berühmte Kritik des Jansenisten Blaise
    Pascal am "Gott der Philosophen" [damit meinte Pascal ein
    willkürliches Produkt des menschlichen Geistes, das mit dem wahren
    Gott, wie er uns in der hl. Schrift begegnet, nichts zu tun hat]
    stellt Storck fälschlicherweise als Kritik am scholastischen Denken
    hin (cf. z.B. S. 95 [209]). Die Aversion gegen den hl. Thomas nimmt
    schon sonderbare Formen an, wenn man z.B. sieht, wie ausgiebig
    Storck darauf hinweist, daß jemand, der behauptet, es gebe keine
    Wahrheit, wenigstens den Satz: "Es gibt keine Wahrheit", als wahr
    betrachten müsse (passim; cf. z.B. S. 72-79 [154-171]). Statt eine
    Binsenwahrheit so oft zu paraphrasieren, hätte Storck ganz einfach
    aus der Summa theologiae (I.2.1.obj.3) zitieren brauchen: "Qui negat
    veritatem esse, concedit veritatem non esse. Si enim veritas non
    est, verum est veritatem non esse" [Wer leugnet, daß Wahrheit sei,
    gibt damit zu, daß Wahrheit ist. Wenn nämlich Wahrheit nicht ist,
    dann ist es wahr, daß Wahrheit nicht ist]. Zudem kann diese
    Erkenntnis leicht aus dem in der klassischen Philosophie als Axiom
    [Grundsatz, der keines Beweises bedarf] bekannten "Satz vom
    Widerspruch" [Etwas kann nicht in derselben Hinsicht A und Nicht-A
    sein] erschlossen werden und ist bereits von daher keiner großen
    Erwähnung wert. Allerdings könnte hier wieder Storcks Not
    ausschlaggebend gewesen sein, seinen kurzen Text irgendwie strecken
    zu müssen.
    Immerhin kann man Storck bei seinen Ausführungen zum philosophischen
    Widerspruch noch zugutehalten, daß die Grundaussage stimmt. Eine
    andere penetrante Aussage seiner Dissertation läßt sich aber selbst
    dadurch nicht mehr rechtfertigen, nämlich der Vorwurf, die
    klassische Theologie habe einen unerträglichen Zwiespalt zwischen
    Orthodoxie [Rechtgläubigkeit; nicht im Sinne der (häretischen!)
    "orthodoxen" Konfession] und Orthopraxie [Rechttätigkeit, d.h.
    moralisch richtiges Handeln] verschuldet, während doch in Wahrheit
    Glauben und Handlung untrennbar zusammengehörten (cf. z.B. S. 79-84
    [171-184]; "Nur dort, wo das Erkennen dem sittlichen Willen, der auf
    den totalen Lebensakt gerichtet ist, integriert wird, erschließt
    sich die Wahrheit in ihrer Ganzheit und Einheit" (S. 84 [184])). Es
    trifft zwar zu, daß ein sittlich verkommener Mensch entweder
    schwerer den Glauben finden oder ihn leichter verlieren wird als
    jemand, der sich um moralische Integrität bemüht, dennoch ist
    eindeutig die Trennung von Orthodoxie und Orthopraxie
    aufrechtzuerhalten! Andernfalls wäre nämlich z.B. folgender Satz
    widersprüchlich: "Du glaubst, daß es nur einen Gott gibt? Ganz
    recht. Aber auch die bösen Geister glauben - und zittern" (Jak
    2,19). Um gerettet zu werden, bedarf es zusätzlich zum wahren
    Glauben auch der guten Werke, aber der wahre Glaube kann auch bei
    sittlich Verkommenen vorhanden sein! Oder waren sittlich verkommene
    Päpste wie Alexander VI. etwa dadurch schon Häretiker - und deswegen
    auch gar keine Päpste? Storck entfernt sich mit seinen
    Fichte-Hypothesen, mit denen er angeblich Denken und Leben nach der
    Zerstörungsarbeit der Scholastiker wieder versöhnt, in Wahrheit
    entscheidend von grundlegenden Aussagen katholischer Ekklesiologie
    [Lehre von der Kirche]: "Daher kommt es, dass nur drei
    Menschenklassen von ihr [der Kirche] ausgeschlossen werden: erstens
    die Ungläubigen, dann die Häretiker und Schismatiker, endlich die
    Exkommunizierten ... Es ist jedoch nicht zu leugnen, daß sie unter
    der Gewalt der Kirche stehen, um von ihr vor Gericht gerufen,
    bestraft und mit dem Bannfluche belegt zu werden ... Von den übrigen
    aber, wenn auch noch so gottlosen und verbrecherischen Menschen, ist
    gar kein Zweifel, dass sie noch in der Kirche verbleiben ..." (Cat.
    Rom. I, 10,9).
    Die Transzendentalphilosophie, wie Fichte sie vertritt und die
    Storck als letzte Rettung der Wahrheit verkündet ("Nur auf diese
    Weise [d.h. mit der Fichteschen Transzendentalphilosophie und durch
    Verwerfung des Thomismus] ist der grundlegende Satz, daß der Mensch
    nach dem Bilde Gottes geschaffen sei, wissenschaftlich einsichtig zu
    machen und gegen Theoreme und Ideologien, nach deren letztem
    Grundsatz der Mensch es ist, der sich Gott nach seinem Bilde
    erschafft, in einem rational geklärten Leben und im lebendigen
    Wissen wirksam zu vertreten" (Schlußsatz des Textes, S. 185 [427])),
    zeichnet sich besonders durch ihre Widersinnigkeit aus. Bekanntlich
    vollzieht sich das Erkennen der Welt wesentlich passiv, d.h.
    erleidend-hinnehmend. Die gesunde Lehre lautet: Der Erkennende
    "nimmt wahr", "nimmt zur Kenntnis", was ist. Die
    Transzendentalphilosophie dagegen vertritt eine völlig groteske
    Meinung darüber, wie sich Erkennen vollzieht: "Der entscheidende
    Unterschied zu dem Ansatz, den der Realismus bei seinem Versuch, in
    der Frage der Existenz Gottes zu einem Ergebnis zu gelangen, wählt,
    besteht, was die Transzendentalphilosophie betrifft, aber gerade
    darin, nicht von der Existenz bzw. der Beschaffenheit der Sinnenwelt
    auf einen vernünftigen Urheber derselben zu schließen. Denn die
    Sinnenwelt ist gerade nicht möglicher terminus a quo [Ausgangspunkt]
    des wissenschaftlichen Argumentationsganges. Die
    Transzendentalphilosophie leugnet gerade die objektive vom
    Bewußtsein unabhängige Selbständigkeit einer realen Außenwelt, indem
    sie den Nachweis führt, daß diese Welt nur als real und objektiv
    vorgestellt wird. Der objektiven Welt kommt also in Wahrheit keine
    Existenz an sich zu" (S. 51 [104]). Man kann zunächst einfach mal
    den Faden der Transzendentalphilosophie weiterspinnen und dadurch
    feststellen, in welch ausweglose Widersprüche dieses Weltbild führt.
    Z.B. könnte die Schöpfung erst mit dem sechsten Tage begonnen haben,
    da Gott ja nach Storck nicht fähig war, objektive Wirklichkeit,
    Realität zu schaffen. Der eigentliche Schöpfer ist der Mensch, der
    der Außenwelt erst ihre Beständigkeit verleiht, und zwar durch das
    schöpferische Erkennen: "Erkenntnis (und in ihr: Wahrheit) kann
    nicht objektivistisch angesetzt werden, sondern nur in der sie
    mitkonstituierenden geistigen Leistung (FN 432: Hier ruht das
    partielle Wahrheitsmoment des Anliegens Luthers, der die Kategorie
    des «pro me» [für mich] in der Glaubenswahrheit hervorhob und
    gegenüber einer objektivistischen Scholastik zur Geltung brachte
    ...). Das ist die entscheidende transzendentale Einheit (und
    Einsicht!). Diese Einheit der Mitkonstitution gilt prinzipiell für
    die Erkenntnis, also auch für die Erkenntnis der Wahrheit, aber
    nicht für die Wahrheit an sich! [...] Übrigens ist das gleiche
    Prinzip für den konkreten Glauben als Zugang zur Offenbarung geltend
    zu machen. Alle Wahrheiten der Offenbarung werden durch den sie
    eröffnenden Glauben mitkonstituiert. Aber der Glaube kreiert
    [erschafft] die Wahrheit der Offenbarung nicht ursprünglich, er
    erschließt dem glaubenden Subjekt lediglich den Zugang (eben der
    Offenbarung) der Wahrheit" (S. 118 [264f]).
    Mit seiner Behauptung, die Sinnenwelt könne nicht für Gottesbeweise
    herangezogen werden, straft Storck die Heilige Schrift Lügen:
    "Nichtig waren ja von Natur aus alle Menschen, denen Unkenntnis
    Gottes eigen war und die aus den sichtbaren Gütern nicht den
    Seienden zu erkennen vermochten, noch bei der Betrachtung der Werke
    den weisen Schöpfer erkannten. [...] Denn aus der Größe und
    Schönheit der Geschöpfe wird vergleichsweise ihr Urheber erschaut"
    (Weisheit 13,1.5); "Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbar über
    alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die durch ihre
    Ungerechtigkeit die Wahrheit unterdrücken. Denn was von Gott
    erkennbar ist, das ist ihnen offenbar. Gott hat es ihnen
    geoffenbart. Läßt sich doch sein unsichtbares Wesen seit Erschaffung
    der Welt durch seine Werke mit dem Auge des Geistes wahrnehmen:
    seine ewige Macht wie seine Göttlichkeit. Darum sind sie nicht zu
    entschuldigen" (Röm 1,18-20). Storck nimmt diese Ignoranten also
    nicht nur in Schutz, er macht den Autoren der Heiligen Schrift auch
    noch den Vorwurf, widersinnige Forderungen aufgestellt zu haben. Vor
    Storck ist auch die Forderung Jesu an die Jünger unvertretbar:
    "Glaubt mir, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist. Sonst
    glaubt doch wenigstens um der Werke willen" (Joh 14,11). Spätestens
    aber seit der Verkündigung der diesbezüglichen Dogmen steht eines
    fest:
    Storck war ein Häretiker und deshalb kein Mitglied der röm.-kath.
    Kirche!
    Folgende Dogmen leugnet Storck durch seine Verfechtung des
    transzendentalen Erkenntnismodells: "Wer sagt, der eine und wahre
    Gott, unser Schöpfer und Herr, könne mit dem natürlichen Licht der
    menschlichen Vernunft durch das, was gemacht ist, nicht mit
    Sicherheit erkannt werden, der sei ausgeschlossen" (NR 49; cf. DS
    3026); "Wer sagt, die göttliche Offenbarung könne durch äußere
    Zeichen nicht glaubwürdig werden, sie müsse also durch rein innere
    Erfahrung eines jeden oder durch persönliche Erleuchtung die
    Menschen zum Glauben bewegen, der sei ausgeschlossen" (NR 55; cf. DS
    3033); "Wer sagt, Wunder könnten nicht geschehen, deshalb seien alle
    Wunderberichte, auch die in der Heiligen Schrift enthaltenen, unter
    die Mythen und Legenden zu verweisen; oder die Wunder könnten nicht
    sicher erkannt werden, und niemals könne durch sie der göttliche
    Ursprung der christlichen Religion rechtmäßig bewiesen werden, der
    sei ausgeschlossen" (NR 56; DS 3034).
    Interessant sind dabei folgende Ausführungen Storcks: "In diesem
    Sachverhalt der ursprünglichen Idee der Wahrheit und ihrer
    unmittelbaren Intuition [!!], durch die das Vernunftwesen sich erst
    als Vernunftwesen konstituiert ([FN 253]) liegt der philosophische
    Grund und die philosophische Rechtfertigung des zum Glaubensdogma
    erhobenen Lehrsatzes von der natürlichen und zwar in Gewißheit
    möglichen Erkennbarkeit Gottes (FN 254: Vgl. DS 3004: «Deum ...
    naturali humanae rationes lumine ... certo cognosci posse» [Gott
    kann mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft mit
    Sicherheit erkannt werden]. Auf dem «certo» (mit Gewißheit) ist der
    entscheidende Akzent zu legen. Dieses Adverb charakterisiert das
    Erkennen als ein zweifelsfreies Erkennen, wie es philosophisch im
    strikten Sinn zu fordern ist ...)" (S. 71 [153]). Hier haben wir ein
    Beispiel für die bereits im ersten Teil angesprochene "tendenziöse
    Selektion": Storck liefert ein um den entscheidenden Punkt "per ea,
    quae facta sunt" [durch das, was gemacht ist] verstümmeltes Zitat,
    um seine Häresie als rechtgläubige Aussage zu verkaufen. Da Storck
    offensichtlich das Dogma kannte und eigenmächtig für seine
    gottfeindlichen Zwecke zurechtgestutzt hatte, kann man selbst beim
    besten Willen nicht mehr "unüberwindliche Unkenntnis" als moralische
    Entschuldigung für diesen Häretiker in Anwendung bringen.
    Die bekannten fünf klassischen Gottesbeweise des hl. Thomas von
    Aquin werden von Storck mit plumpen Kraftausdrücken, dafür aber ohne
    Argumente in der Luft zerrissen: "Hier liegt nebenbei [!!] auch ein
    Fehler der Argumentation des Thomas v. Aquin in den «quinque viae»
    [Fünf Wege (um die Existenz Gottes zu beweisen)]: S. th. I q 2 a 3.
    Alle von ihm genannten «Beweise» setzen ganz unreflektiert die
    Geltung des Grund-Folge-Verhältnisses voraus" (FN 20, S. 24). Es ist
    nur ein reiner Willkürakt Storcks, die Geltung des
    Grund-Folge-Verhältnisses (Kausalitätsprinzip: "Es gibt keine
    Wirkung ohne Ursache") als bezweifelbar darzustellen, denn auch das
    Kausalitätsprinzip hängt eng mit dem Satz vom Widerspruch zusammen.
    - Weil die Kenntnis der fünf Gottesbeweise nicht bei jedem
    vorausgesetzt werden kann, hier ein kleiner Ausschnitt: "Die
    Existenz Gottes kann auf fünf Beweiswegen dargetan werden. Der erste
    und klarere Weg ist derjenige, welcher aus der Bewegung hergenommen
    ist. Es ist sicher und durch die Sinneserfahrung verbürgt, daß etwas
    in dieser Welt bewegt wird. Alles aber, was bewegt wird, wird von
    einem anderen bewegt. Denn es wird nichts bewegt, außer insofern es
    in der Möglichkeit zu jenem ist, zu welchem es hinbewegt wird. Es
    bewegt aber etwas, sofern es in  Wirklichkeit ist. Denn bewegen
    ist nichts anderes als etwas aus der Möglichkeit in die Wirklichkeit
    herausführen. Aus der Möglichkeit kann aber etwas in die
    Wirklichkeit übergeführt werden nur durch etwas, was in Wirklichkeit
    ist, wie das wirklich Warme, z.B. das Feuer, macht, daß das Holz,
    welches der Möglichkeit nach warm ist, der Wirklichkeit nach warm
    ist und es dadurch bewegt und verändert. Es ist aber nicht möglich,
    daß ein und dasselbe zugleich in Wirklichkeit und in Möglichkeit in
    ein und derselben Beziehung sei, sondern nur in verschiedenen
    Beziehungen kann dies der Fall sein. Was nämlich in Wirklichkeit
    warm ist, kann nicht zugleich in Möglichkeit warm sein, sondern ist
    zugleich kalt in Möglichkeit. Unmöglich ist es also, daß etwas nach
    derselben Beziehung und auf dieselbe Weise bewegend und bewegt sei,
    oder daß es sich selbst bewege. Es muß also alles, was bewegt wird,
    von einem anderen bewegt werden. Wenn also dasjenige, von welchem es
    bewegt wird, gleichfalls bewegt wird, dann muß dieses von einem
    anderen bewegt werden, und dieses wieder durch ein anderes. Man kann
    aber hier nicht ins Unendliche fortschreiten. Denn dann gäbe es kein
    erstes Bewegendes und infolgedessen auch kein anderes Bewegendes,
    weil die zweiten Bewegenden nur dadurch bewegen, daß sie von dem
    ersten Bewegenden bewegt sind, wie der Stock nur dadurch bewegt, daß
    er von der Hand bewegt ist. Folglich ist es notwendig, daß man an
    ein erstes Bewegendes kommt, das von keinem bewegt wird, und
    darunter verstehen alle Gott. Der zweite Weg geht vom Wesen der
    wirkenden Ursache aus. Wir finden in dieser sinnenfälligen Welt eine
    Ordnung der wirkenden Ursache vor ..." (S.th. I,2,3; zit. nach M.
    Grabmann, Thomas von Aquin, Köln 1917, 84-86).
    An anderer Stelle erzählt Storck über die "quinque viae": "Wenn man
    einmal von den unzulänglichen, weil nur hypothetisch begründeten
    Prämissen absieht [!!], ist der generelle Fehler der, daß alle
    Beweise auf ein (angeblich) notwendiges Sein (ein erstes Bewegendes,
    eine causa efficiens [Wirkursache], ein notwendiges Sein, Ursache
    des Gutseins, ordinatio ad finem [Hinordnung auf ein Ziel]) führen,
    das allerdings nur unter der Bedingung notwendig ist, daß erklärt
    werde, was erklärt werden soll: das kontingente [nicht notwendige]
    Sein. Das Absolutum als Absolutum, nämlich der Charakter des
    Absoluten als Selbstbegründung kann in diesen Beweisen gar nicht
    eingesehen werden. Deshalb ist die stereotyp am Ende des jeweiligen
    Beweises wiederkehrende Formel: «et hoc omnes intelligunt Deum» auch
    irreführend. Niemand versteht unter dem so erschlossenen Sein
    «Gott». Nur mit Hilfe einer Äquivokation [Wortgleichheit bei
    Sachverschiedenheit] kann man so formaliter verfahren. Für die
    wirkliche Einsicht ist mit derartigen Beweisen gar nichts gewonnen"
    (S. 95 [209]).
    Äquivokation ist denn auch der Schlüssel für uns, wenn wir über die
    "Gottesidee" von Fichte / Storck sprechen wollen. Wir hatten bereits
    im ersten Teil darauf hingewiesen, daß nicht immer, wenn der Name
    "Gott" fällt, damit auch Gott gemeint sein muß. Es kann durchaus
    sein, daß bei Texten über "Gott", "Offenbarung" etc. einfach
    Vokabeln gebraucht werden, die mit völlig anderen als den
    christlichen Sinninhalten gefüllt sind. Ein Beispiel für Äqivokation
    in Storcks Text: "Fichte beschreibt das Absolute in scholastischen
    Ausdrücken als «actus (essendi)» [(Seins-) Wirklichkeit] und als ein
    «esse in mero actu» [Sein in bloßer Wirklichkeit], in dem sich «Sein
    und Leben» durchdringen. [...] Im Hinblick auf die terminologische
    Bestimmung als «actus» [Wirklichkeit], die als «actus purus» [reine
    Wirklichkeit] ja auch in der mittelalterlichen Philosophie
    erscheint, in der mit diesem Begriff allerdings das Fehlen jeglicher
    Potentialität [Möglichkeit] zum Ausdruck gebracht werden soll, sei
    angemerkt, daß man sich durch den gleichlautenden Terminus [Begriff]
    nicht irreführen darf. [...] Die mittelalterliche Philosophie ...
    konnte ... wesensnotwendig kein Leben bzw. keine Selbstbegründung
    vom Absoluten aussagen bzw. - was entscheidend ist - einsichtig
    machen. Darin lag die wesentliche Verfälschung, von der der Glaube
    und die religiöse Existenz unendlich [!!] betroffen worden sind" (S.
    152f [345-347]).
    Halten wir an dieser Stelle kurz inne und werfen wir einen Blick auf
    einige Informationen über Fichte: Fichte wurde "1799 von der
    Weimarer Regierung entlassen, weil er wegen der Identifikation
    Gottes mit der moralischen Weltordnung des Atheismus bezichtigt
    worden war («Atheismusstreit»)" (M. Buchberger (Hg.), Kirchliches
    Handlexikon, Bd. 1, München 1907, 1461). Gleichgültig, bei welchem
    katholischen Philosophen bzw. Theologen man sich über Fichte
    informiert, überall wird Fichte als Pantheist gehandelt. Dazu einige
    Beispiele: "Fichte [d.h. für Fichte / in Fichtes Denken] ist Gott
    pantheistisch das absolute, unendliche Ich" (B. Bartmann, Dogmatik,
    Bd. 1, Freiburg 41920, S. 112); "Fichte sucht die Vereinigung des
    Menschen mit Gott nicht mehr als Frucht der geschichtlichen
    Erlösertodes Jeus Christi, durch welchen er die Sünde in uns
    zerstört und die Seele zur übernatürlichen Gotteskindschaft und
    damit zur Gottverähnlichung umgeschaffen hat, sondern er findet sie
    im höchsten Aufschwung des philosophischen Denkens. Die Erkenntnis,
    daß das göttliche und das menschliche Bewußtsein zusammen eine
    unbedingte Einheit bilden, ist die Grundlage seiner ganzen
    Philosophie. Was der Prolog des Johannesevangeliums von Jesus
    Christus berichte, nämlich die Menschwerdung des Logos im
    menschlichen Dasein, vollziehe sich zu allen Zeiten und ausnahmslos
    in jedem einzelnen Menschen. Jesus sei unter allen nur der erste,
    der die tiefe und klare Einsicht besessen habe, daß zwischen dem
    menschlichen Dasein und dem Göttlichen eine absolute Einheit
    bestehe. Dadurch sei er das Urbild aller Frömmigkeit geworden, vor
    dem sich alle Verständigen in Ehrfurcht beugen müßten. Diese Einheit
    zwischen Gott und Mensch im Bewußtsein des Jesus von Nazareth sei
    jedoch keinesfalls ein einmaliges, geschichtliches Ereignis.
    Vielmehr vollziehe sich dieses Heilsgeheimnis in der Seeele der
    gesamten Menschheit. Die Einmaligkeit und Einzigartigkeit Christi
    sei deshalb fallen zu lassen. Jeder philosophische Mensch könne
    unabhängig von Christus und vom Christentum schon in diesem Leben
    die wahre Seligkeit erwerben, indem er sich durch Denkenergie zu der
    Einsicht durchringe: Ich und Gott, Gott und ich sind miteinander
    verschmolzen, wir sind eine unlösliche Einheit" (J. Riedmann, Die
    Wahrheit des Christentums, Freiburg 1951, S. 345f).
    Da Fichte Freimaurer war (Loge in Rudolstadt), hier auch
    ausführliche Informationen zur Freimaurerei: "Gemäß Nr. 1 der «alten
    Pflichten», d.h. des allgemein anerkannten Grundgesetzes der
    Freimaurerei von 1723, fassen deutsche Philosophen wie Lessing,
    Krause, Fichte die Freimaurerei als Menschheitsbund im kleinen auf,
    der als über den gemeinen religiösen, politischen und sozialen
    «Vorurteilen» stehende geistige Elite wahrhaft «freier»,
    emanzipierter und selbständiger Männer, auf Grund des rein und
    allgemein Menschlichen die in der Menschheit bestehenden Trennungen
    in religiöser, sozialer und politischer Hinsicht aufheben oder
    überwinden und so den idealen Menschheitsbund im großen nach
    Grundsätzen der Freimauereri verwirklichen soll. Diesem Zweck dient
    auch die ganze Symbolik des Bundes ([...]) und die Mahnung an die
    freimaurerische Grundpflicht, sich selbst und andere von
    «Unwissenheit», «Aberglaube», «Vorurteilen», Sklavenketten zu
    «befreien» und alle «Tyrannei» zu vernichten, um so das reine
    Humanitätsideal: «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit», zu
    verwirklichen und das goldene Zeitalter der völligen Emanzipation
    des Menschen in der freimaurerischen Weltrepublik herbeizuführen.
    Bestrebungen der Freimaurerei: In der Freimaurerei englischer Zunge
    herrscht noch immer eine verhältnismäßig stark religiös-biblische
    Richtung, in Deutschland huldigt die große Mehrzahl der Brüder
    freidenkerisch-rationalistischen Anschauungen (bei ständigen inneren
    Zwistigkeiten), in Frankreich und Italien entfaltet die hier
    gänzlich atheistisch-positivistische Freimaurerei, besonders seit
    1870, eine hochgradig politisch-revolutionäre Tätigkeit und war
    nachweislich bei allen kirchen- und religionsfeindlichen Maßnahmen
    der treibende und leitende Faktor. Dies gilt nach Ausweis des
    Berichts über die Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, von
    der Vernichtung des gesamten kirchlichen Unterrichtswesens, der
    demnächst das Laien-Unterrichts-Monopol des Staates die Krone
    aufsetzen soll. Durch «Aufklärung» und Entkirchlichung der
    Frauenwelt und profanen Bevölkerung soll «der endgültige Untergang
    des Papsttums» herbeigeführt werden, «der lügnerische Gott in die
    Rumpelkammer wandern», «die auf dem galiläischen Mythus [Jesus von
    Nazareth] gegründete römische Kirche zerfallen»" (M. Buchberger
    (Hg.), Kirchliches Handlexikon, Bd. 1, München 1907, 1537f). - In
    den neunzig Jahren seit Drucklegung dieses Buches hat sich natürlich
    einiges im Sinne der Freimaurerei getan, z.B. was die Trennung von
    Kirche und Staat oder den Religionsunterricht durch Laien betrifft.
    Man beachte ferner: Die drei größten "sedisvakantistischen"
    Zeitschriften in Deutschland, i.e. "Kyrie eléison", "Einsicht" und
    "Athanasius", werden von Laien (M. Böker, E. Heller, J. Filser)
    herausgegeben, denen man Respekt vor kirchlichen Würdenträgern nicht
    leicht zugestehen kann.
    Wie faßt der Fichteaner und Häretiker Storck also Gott auf: Nach ihm
    ist Gott "die absolute Sinnfülle", "sittliche Materialität oder
    Liebe" (S. 156 [356]). Man darf sich durch die Äquivokation mit
    christlichen Aussagen (cf. "Gott ist die Liebe", 1. Joh 4,8) nicht
    täuschen lassen. Dies wird ganz klar, wenn man sich Storcks Versuch
    einer Apologie Fichtes im "Atheismusstreit" durchliest. Storck
    meint: "Nach dieser Darstellung der Auffassung Fichtes in der Zeit
    des Atheismus-Streites ist offenbar, daß der Vorwurf des «Atheismus»
    zweifellos zu Unrecht besteht" (S. 58 [124]). Storck kritisiert nur
    eine gewisse Ungenauigkeit bzw. mangelnde Ausarbeitung des
    Grundgedankens, was er jedoch sofort aus der damaligen Situation
    Fichtes entschuldigt: "Fichte hat zweifellos den Gedanken der
    Substantialität Gottes in zu sehr verkürzter und philosophisch zu
    einseitig bestimmter Weise verstanden, um dem Vorwurf, er leugne die
    Substantialität Gottes, gerecht werden zu können" (S. 63 [137]). Nun
    zu Fichtes Gottesidee: "Die konkrete Bestimmung der sittlichen
    Aufgabe der Individuen und deren Resultate zu einer Einheit in einem
    Vernunftzwecke nennt Fichte eine «moralische Ordnung» bzw. eine
    «moralische Weltordnung». Das Eigenartige der Fichteschen Auffassung
    in diesem Zusammenhang besteht darin, daß Fichte diese «moralische
    Ordnung» mit dem Absoluten identifiziert. «Jene lebendige und
    wirkende moralische Ordnung ist selbst Gott, ...» ([FN 187]). Und:
    «Diese moralische Ordnung ist das Göttliche, das wir annehmen» ([FN
    188]). Die Haltung, in der in der Annahme des Sittengesetzes die
    gesamte Wirklichkeit als auf die Realisierung des Sittengesetzes
    hingeordnet erfaßt und dessen endlich eintreffende Realtität
    antizipiert wird, nennt Fichte «Glaube» ([FN 189]). Dieser Glaube
    findet seine Aktuierung im sittlichen Handeln. «Dadurch wird dieses
    Göttliche uns lebendig und wirklich» ([FN 190]). Die eigentliche
    Ungläubigkeit und Gottlosigkeit dagegen ist das unsittliche Handeln:
    «Der wahre Atheismus, der eigentliche Unglaube und Gottlosigkeit
    besteht darin, dass man über die Folgen seiner Handlungen klügelt,
    der Stimme seines Gewissens nicht eher gehorchen will, bis man den
    guten Erfolg vorherzusehen glaubt, so seinen eigenen Rath über den
    Rath Gottes erhebt, und sich selbst zum Gotte macht. Wer Böses thun
    will, damit Gutes daraus komme, ist ein Gottloser»" (S.55f [117f]).
    Dafür also mußte Storck so hartnäckig auf der angeblichen Einheit
    von Orthodoxie und Orthopraxie herumreiten: Um Gott quasi
    abzuschaffen und an seine Stelle die "moralische Weltordnung" zu
    setzen. Fichte spricht: "Ich sage, dass der Beweis des Daseyns
    Gottes aus dem Daseyn einer Sinnenwelt unmöglich und widersprechend
    ist. Ich läugne sonach allerdings einen substantiellen aus der
    Sinnenwelt abzuleitenden Gott" (Fichte, Sämtliche Werke, V, 216).
    Wir haben es also gar nicht mehr mit dem christlichen Gott zu tun,
    sondern mit einer Äquivokation. Das Sittengesetz ist nicht Gott,
    sondern eben nur ein Gesetz, es kommt in allgemeinen Prinzipien wie:
    "Was man als gut erkannt hat, das muß man auch tun", zum Ausdruck;
    teilweise kann es von der Vernunft erkannt werden, ist also rein
    natürlich (z.B. die Gebote der zweiten Tafel), manche Elemente
    bedürfen einer besonderen Offenbarung (z.B. das dritte Gebot). Die
    ausdrückliche Gleichsetzung des Sittengesetzes mit Gott basiert auf
    einer pantheistischen Weltsicht, da können auch christlich anmutende
    Formulierungen ("Es [das Absolute / Gott] ist durchaus von sich, in
    sich, durch sich" (Fichte, Wissenschaftslehre, 151)) nichts mehr
    retten. Das ist gerade die Taktik der Modernisten: Sie haben keine
    Probleme damit, Widersprüche nebeneinanderzusetzen, sie schreiben im
    selben Satz "2+2=4" und "2+2=5". Bestes Beispiel für die
    Zusammenstellung von Widersprüchen ist die Leugnung des Dogmas über
    die natürliche Gotteserkenntnis mit dem (sinnentstellten) Zitat
    selbigen Dogmas bei Storck; die gesamte modernistische Literatur ist
    von diesen Widersprüchlichkeiten durchsetzt, und nur zur
    Veranschaulichung hier ein Beispiel des Großmeisters der Unlogik,
    Karl Rahner SJ: "Selbstverständlich gelten die Dogmen unserer
    Kirche, aber [!!] es sind allemal erst die Anfänge, die es weiter zu
    entwickeln gilt und das immerzu [!!], so daß man vielleicht schon in
    hundert Jahren die alten Glaubensformeln unter den neuen nicht mehr
    erkennen wird" (K. Rahner, Bilanz der Theologie, Frankfurt 1970, S.
    539; zum Vergleich dazu das entsprechende Dogma: "Wer sagt, es sei
    möglich, daß man den von der Kirche vorgelegten Glaubenssätzen
    entsprechend dem Fortschritt der Wissenschaft gelegentlich einen
    anderen Sinn beilegen müsse als den, den die Kirche verstanden hat
    und versteht, der sei ausgeschlossen" (NR 61, cf. DS 3043).
    Als abschließenden Beleg dafür, daß Storck gar nicht mehr das
    Christentum im Auge hat, wenn er von Gott oder Trinität spricht,
    hier ein längeres Zitat aus Storcks Äußerungen zur Offenbarung: "Das
    genuine [angeborene, echte] sittliche Wollen muß an der Realisierung
    des sittlichen Wertes in sittlicher Motivierung interessiert sein,
    wenn es dem inneren Anspruch der Sittlichkeit genügen soll. Man kann
    diesen Standpunkt der prinzipiellen Offenbarung des Absoluten, auf
    dem das sittliche Leben gemäß dem Anspruch des Gewissens
    ausgerichtet wird, mit Recht den Standpunkt der Vernunftreligion
    nennen. Gott als Prinzip des Gewissens ist die Norm des sittlichen
    Lebens. Man könnte auf Grund dieser Position einer prinzipiellen
    Offenbarung als Vernunftreligion die These vertreten,daß es einer
    speziellen, in der Geschichte erfolgenden Offenbarung ([FN 612]) gar
    nicht mehr bedürfe. Denn was sittlich gesollt ist, ist bereits in
    und aus dem Gewissen als praktische Vernunft bekannt, es muß also
    nicht noch zusätzlich positiv geoffenbart werden. Die Offenbarung
    als bloße Wissensvermittlung scheidet ebenso aus. Denn was gewußt
    werden soll und muß, ist allein und wesentlich das sittliche Wissen.
    Es kann immer unmittelbar in der Vernunft gewußt werden [!!]. Wozu
    also dann noch eine konkrete Offenbarung? ([FN 613]). Der ebenso
    kühne [!!] wie an sich naheliegende [!!] Gedanke der positiven
    Offenbarung bezieht sich aber gar nicht primär [!!] auf ein Wissen
    im theoretischen oder praktischen Sinn, sondern auf Gott selbst. Und
    zwar nicht, insofern er prinzipiell erscheint im Anspruch des
    Gewissens, sondern insofern er konkret in der Geschichte erscheint,
    um als Person in interpersonaler Relation zur konkreten
    Verwirklichung der sittlichen Liebe aufzurufen ..." (S. 168f
    [383-386]). Man vergleiche dazu die Dogmen: "Wer sagt, es sei
    unmöglich oder nicht sinnvoll, daß der Mensch über Gott und die Gott
    geschuldete Verehrung durch göttliche Offenbarung belehrt werde, der
    sei ausgeschlossen" (NR 50, cf. DS 3027). "Wer sagt, der göttliche
    Glaube unterscheide sich nicht von dem natürlichen Wissen über Gott
    und nicht von der natürlichen Sittenlehre, und deshalb sei es zum
    göttlichen Glauben nicht erfordert, die geoffenbarte Wahrheit auf
    die Autorität des offenbarenden Gottes hin zu glauben, der sei
    ausgeschlossen" (NR 54, cf. DS 3032); "Wer sagt, in der göttlichen
    Offenbarung gebe es nicht wahre Geheimnisse im eigentlichen Sinn,
    sondern alle Glaubenssätze könnten durch die richtig gebildete
    Vernunft von den natürlichen Grundsätzen aus verstanden und bewiesen
    werden, der sei ausgeschlossen" (NR 59, cf. DS 3041).
    Storcks Geschreibe enthält noch viele andere Falschaussagen außer
    den von uns aufgedeckten, z.B. bzgl. der wissenschaftlichen
    Freiheit, des Wahrheitsbegriffes, der Anthropologie etc.; wir haben
    hier - was als exemplarische Warnung vor so manchen angeblichen
    Wahrheitshütern verstanden werden soll - den Nachweis erbracht, daß
    Storck ein unerkannter "Feind im Innern" (Pius X. über die
    Modernisten) war; das Dogma von der natürlichen Erkennbarkeit Gottes
    leugnet er ganz klar, bei anderen Aussagen (z.B. in Bezug auf die
    menschliche Erkenntnis, auf das Wesen Gottes, auf die Offenbarung)
    hält er sich konsequenter an die Methode der Modernisten, mit Hilfe
    zusammenhangloser Einschränkungen und Umformulierungen für
    Unklarheit zu sorgen (cf. Pius X., Pascendi: "Sowohl den
    Rationalisten als auch den Katholiken spielen sie ohne Unterschied,
    und das in so perfekter Heuchelei, daß sie jeden Unvorsichtigen
    leicht in ihren Irrtum locken."). - Richtigstellungen fallen
    üblicherweise umfangreicher aus als die direkte Darlegung der
    Wahrheit, und bei gegebenem Anlaß werden wir auf weitere Fragen, die
    von Storck falsch beantwortet wurden, die richtigen Antworten geben.
    Daß man einen Autor nicht bis ins letzte widerlegen muß, wußte sogar
    Storck selbst; in seinem Text widmet er den Ansichten Schellings
    einige Seiten, und nachdem er einige Äußerungen Schellings angeführt
    und kritisiert hat, schreibt er zusammenfassend zu Schellings
    Folgerungen: "Es hat keinen Sinn, die abenteuerlichen Ableitungen zu
    verfolgen. Sie haben keinen Evidenzwert" (S. 151 [343]).
    
    Schlußbemerkungen
    Der Verf. hat Herrn Storck nicht mehr persönlich kennengelernt,
    jedoch noch ein gewisses Nachwirken dieses Häretikers zu spüren
    bekommen. Die beiden Führungskräfte des umstrittenen sog.
    "Priesterseminars Heilig Blut" in München, Herr Josef Filser und
    Frau Anna ("Schwester Gertrud") Hilbert, haben sich für die
    Verbreitung von Storcks Predigt "Der Charakter dieser Zeit"
    (gehalten am 02.08.81 in Ulm) starkgemacht. Storck sagt in diesem
    Text immer wieder, daß wir in einer Zeit des Glaubensabfalls und des
    Sittenverfalls leben, daß wir keinen Papst haben etc. - das Übliche
    halt. Warum aber gibt Storck denn Äußerungen von sich, die ihn als
    traditionstreuen Katholiken erscheinen lassen? Storck predigt:
    "Satan liebt die Finessen, Satan liebt die Verkleidung. Es ist
    geradezu lächerlich und kindisch zu meinen, man werde Satan als
    Satan, den Antichrist als Antichrist erkennen, da er mitten im
    Tempel sitzt und herrscht. Im Gegenteil! Man wird ihn gerade nicht
    erkennen. Er wird gerade als Hierarch sich ausgeben, als Papst sich
    ausgeben, als Bischof in Erscheinung treten ...".
    Wer jetzt noch immer nicht wahrhaben will, daß die "Einsicht" keine
    "römisch-katholisch Zeitschrift" ist, sondern nur ein besonders
    alarmierendes Beispiel für die Unterminierung des katholischen
    Widerstandes, der sei auf eine Stellungnahme von HJ ("Einsicht"
    XXVI, 116) verwiesen, wo Jerrentrup seine falschen Sukzessionslisten
    zu rechtfertigen versucht. Die dabei gemachten Beteuerungen, man
    müsse auf das Lehramt hören, gelten ja nichts, wenn man sieht, wie
    eigenmächtig HJ z.B. mit den kirchlichen Vorschriften bzgl. des
    Thomismus und sogar mit dem Index umgehen. Über Descartes, dessen
    philosophische Schriften auf dem Index standen, schreibt Storck -
    ohne Protest seitens HJ -: "Dieses letztere auch in kirchlichen
    Kreisen und bei Theologen herrschende Verständnis [der
    Transzendentalphilosophie] ... hat lange und fast völlig den Blick
    auf die großartige wissenschaftliche Grundlegung der Philosophie
    verstellt ... Wäre die Position Descartes' angenommen worden, hätte
    die Kirche eine wirksame Waffe gegen den Skeptizismus und
    Relativismus gewonnen" (FN 56 (S. 33)). Diese trügerischen Worte
    also, das Lehramt habe - auch für HJ - das letzte Wort, leiten das
    Bekenntnis ein, wie sehr HJ an der röm.-kath. Kirche hängen: "In
    vielen Fällen sind wir auf uns selbst gestellt, auf die Resultate
    unserer eigenen, mühevollen Recherchen, wohl wissend, daß sich damit
    die immanente [innewohnende] Gefahr einer Protestantisierung auftun
    kann."