14.06.2019 - "Sedisvakantismus" - "Bischof" (?) Günter Storck und
Johann Gottlieb Fichte
("Alma mater" - Die Bedeutung der akademischen Anstalten für
den konziliaren Umbruch, Kirche zum Mitreden /
Franziskaner-Gemeindebrief, 1997)
I.
"Alma mater" [nahrungspendende Mutter] dient nicht nur als
Bezeichnung für die Gottesmutter (z.B. in der Schlußantiphon des
Breviers in der Advents- und Weihnachtszeit, "Alma Redemptoris
Mater"), sondern auch für die Hochschule / Universität, in der die
Studenten mit Wissen genährt werden sollen. Nicht immer handelte es
sich bei dem, was die Herren Professoren ihren Studenten vorsetzten,
um gesunde Nahrung; wenn die Herren Dozenten Gift an den Nachwuchs
weitergaben, dann konnte und mußte die Kirchenleitung entschieden
dagegen eingreifen. Seit dem Eintritt der Sedisvakanz 1958 ist
dieser Schutz jedoch weggefallen. Johannes XXIII. erklärte
ausdrücklich, daß die Kirche nicht mehr verurteilen sollte; nach dem
Willen der Konzilsfunktionäre sollte kein gläubiger Student dem
Glaubenstod in der Universität entrinnen können. Montini schaffte
1966 den Index librorum prohibitorum [Verzeichnis der verbotenen
Bücher] ab. Der Schriftsteller André Frossard äußerte sich einmal
über Wojtyla: "Ich gebe zu, manchmal finde ich Johannes Paul II. zu
mild. Druck oder Zwang auszuüben, liegt nicht in seiner Natur; er
wird nie zornig. Als ich ihm einmal von einer theologischen
Extravaganz berichtete und ihm vorschlug, darauf zu reagieren,
antwortete er mir: «Lassen Sie den Irrtum sich selbst zerstören»"
(zit. nach Schweizerische Katholische Wochenzeitung, 42 / 1994, S.
5). Somit ist es in der heutigen nachkonziliaren Philosophie und
Theologie fast völlig unmöglich, daß ein Student das universitäre
Gift zurückweist, statt dessen die Professoren öffentlich als
Häretiker bezeichnet und dennoch das Examen besteht, geschweige denn
mit einer akzeptablen Note. Ganz im Geiste des Konzils sah z.B. Herr
Joseph Ratzinger im Falle eines Studenten, der kurz vor seiner
Hinrichtung durch die Dozenten stand und deswegen Ratzinger um Hilfe
gebeten hatte, keinen Handlungsbedarf. Sonnige Gemüter aus der
pseudokonservativen Szene, z.B. der bekannte Konzilskirchenrechtler
Georg May, selber in Amt, Ehren und mit Professorengehalt, ermuntern
die Studenten eifrig, die Häresien brav auswendig zu lernen und brav
in den Prüfungen zu wiederholen, damit der jetzige Student später
als Diplom-Theologe vor der Welt furchtlos Zeugnis von der Wahrheit
ablegen, ja sein Blut für die Wahrheit vergießen kann; er soll damit
allerdings bitteschön bis zum Ende der Abschlußprüfung warten. Es
ist nichts Neues, daß die konziliare Revolution von den häretischen
Akademikern vorangetrieben wurde und wird; bekannte antichristliche
Autoren sind z.B. die Professoren K. Rahner (gest. 1984), H. Küng,
B. Häring und E. Schillebeeckx, die allesamt den zweifelhaften Ruhm
besitzen, "Konzilstheologen" gewesen zu sein. Von den neueren
Professoren haben u.a. L. Boff (Befreiungstheologie) und E.
Drewermann (tiefenpsychologische Glaubensinterpretation) einen
höheren Bekanntheitsgrad erlangt. In diesem Text soll nun nicht das
zerstörerische Treiben seitens festangestellter und gut besoldeter
Dozenten weiter betrachtet, sondern die im Namen der Forschung
betriebene Zerstörung innerhalb des sogenannten "Traditionalismus"
aufgedeckt werden. Hier tun sich fürwahr Abgründe auf;
Leichtfertigkeit im Urteil ist hier fehl am Platz, denn nur die
Wahrheit befreit. Wie sich unter dem Deckmantel von Kirchentreue und
Traditionsverbundenheit atheistischer Weltgeist in der Kirche
breitmachen konnte, läßt sich gut am Beispiel des vor wenigen Jahren
verstorbenen Bischofs Günter Storck, den u.a. die Hauptschuld am
sog. "Priesterseminar Heilig Blut" in München trifft, verfolgen. Dr.
Eberhard Heller, der Chefredakteur der pseudokatholischen
Zeitschrift "Einsicht", spricht einmal von dem "geistigen und
wissenschaftlichen Erbe von Storck", an dem man keinen Verrat üben
dürfe ("Einsicht" XXIV, 46). Kürzlich machte Christian Jerrentrup,
der passionierte Erfinder falscher Sukzessionslisten, in der
"Einsicht" (XXVI, 92f) Werbung für Storcks Doktorarbeit, die nun in
aller Kürze gewürdigt werden soll. In diesem ersten Teil sollen
einige Informationen zum Umfeld der Dissertation gegeben werden,
wobei auch die "Einsicht" - aufgrund der Werbung für Storcks
Geschreibe - Erwähnung verdient, im zweiten Teil steht dann die
inhaltliche Seite zur Diskussion.
Das Neue Zeitalter
J.G. Fichte, der Prophet der "Einsichtigen", war bereits zu
Lebzeiten als Atheist durchschaut worden (s.a. Gemeindebrief vom
Dez. 1996). So berichtet J. Holtdorf (Die Logen der Freimaurer,
Hamburg 1991) über Fichte: "1762-1814, Philosoph, 1794 in Rudolstadt
(Loge «Günther zum stehenden Löwen») affiliiert [eingeweiht];
schrieb 16 Briefe an Constant über Philosophie der Freimaurerei" (S.
143). In der Philosophiegeschichte werden die Schreiberlinge Fichte,
Schelling und Hegel, die alle um 1800 in Jena dozierten, dem
"deutschen Idealismus" zugeordnet; spätestens seit der Verurteilung
des Priesters G. Hermes (1835), der auf Kant und Fichte aufbauen
wollte, war den Modernisten der Schlag gegen den katholischen
Glauben mit Hilfe dieser gefährlichen Waffe des "Idealismus" ganz
klar versperrt. Noch Pius XII. warnte ausdrücklich vor der falschen
Philosophie des "Idealismus" (Enz. "Humani Generis", 1949; DS 3878),
doch nach dem Tod dieses letzten Papstes war der Weg frei für den
ungebremsten Angriff des Tieres. In einem "Lexikon der Päpste" heißt
es dazu schwärmerisch: "Mit Johannes [XXIII.] hat eine in ihrer
Tragweite noch kaum zu überschauende neue Epoche des Papsttums
begonnen - eine Epoche, die den Papst gleichzeitig zum Vater und zum
Bruder aller Menschen, der Christen wie der Nichtchristen, erhöht
hat. [...] Am 11.10. 1962 eröffnete Johannes das einundzwanzigste
Allgemeine Konzil, das zweite Vaticanum, das inzwischen zum größten
Ereignis der Kirche unseres Jahrhunderts, zum leuchtendsten Beweis
ihrer Kraft geworden ist. [...] So ist dieses Konzil, das keine
Dogmen verkündet und das nicht mehr verurteilt, sondern in Christus
verbindet, etwas umwälzend Neues in der Geschichte der Konzilien
seit Nicäa geworden, der mächtige Übergang in ein neues Äon der
umfassenden Erneuerung des Glaubenslebens. [...] Wenn Amerika dem
Papst posthum seine höchste Auszeichnung, die Freiheitsmedaille,
verliehen hat, so aus dem Grunde, weil er der Menschheit das
Brudersein vorgelebt hat" (H. Kühner, Lexikon der Päpste, Zürich
o.J., Ss. 298f). 1976, als die Verwüstung schon weit fortgeschritten
war, brauchte Storck keinerlei Repressionen mehr zu fürchten -
inwieweit es zutrifft, daß Storck mit J. Ratzinger freundschaftlich
verbunden war und von ihm auch Unterstützung in seinem Treiben
erfuhr, läßt sich wohl nicht mehr im einzelnen eruieren - und machte
sich ans Werk, seinen Beitrag zur konziliaren Irreführung zu
leisten.
Storck hat seinen Text "Die Gottesidee in der Wissenschaftslehre J.
G. Fichtes" (München 1976) bei L. Scheffczyk vorgelegt, einem
Angestellten der Konzilssekte, der u.a. Kontakte zur
"Petrus-Bruderschaft" pflegt. Storck schreibt in einem kurzen
Vorwort zum Druckwerk seiner Arbeit: "Mein vorzüglicher Dank gilt
dem Referenten, Herrn Prof. Dr. L. Scheffczyk, der auf Grund seines
Interesses für die Theologie und Philosophie des neunzehnten
Jahrhunderts die Anregung zu dieser Arbeit gab. Durch eine
langjährige Beschäftigung als Assistent am dogmatischen Seminar gab
er mir freundlicherweise die Gelegenheit, die schwierige Materie zu
behandeln. Außerdem möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. R. Lauth
besonders danken, der trotz großer Belastung das Korreferat
übernommen hat. Ohne die Erkenntnisse, die ich in Vorlesungen und
Seminaren aus seiner großartigen Durchdringung der Problematik des
sogenannten Idealismus und der von ihm konzipierten systematischen
Darstellung der Philosophie gewonnen habe, wäre die Bearbeitung der
Thematik nicht möglich gewesen" (Handausgabe S. 2). Wer ist
Scheffczyk? Blickt man auf seine diversen Artikel und Hefte, fällt
immer wieder ein großes Anliegen bei ihm auf: Er gibt vor, die
überlieferte Wahrheit bewahren zu wollen, wobei er sich zugleich für
das "authentische Konzil" (?) ausspricht. Natürlich dient eine
Unterscheidung zwischen Geist und Buchstaben des Konzils nur als
eine Taktik in der heute gängigen Volksverdummung. Bereits die
Tatsache, daß ein Konzil keine klärende, sondern eine vernebelnde
Wirkung zeigt, muß jeden denkenden Menschen alarmieren. Die klare
scholastische Sprache, wie sie im Trienter Konzil sehr ausgeprägt zu
finden ist, wurde auf dem Vat.2 aufgegeben, ein Großteil der
Vat.2-Texte ist daher vieldeutig. Aber die eindeutigen Häresien
(Heilswert der anderen Religionen, Religionsfreiheit etc.) können
auch durch noch so süßliche Sprache nicht verdeckt werden.
Symptomatisch für die Scheffczyk-"Theologie" ist das Buch "Aspekte
der Kirche in der Krise - Um die Entscheidung für das authentische
Konzil" (Siegburg 1993). Im Vorwort heißt es bereits: "Auf dem Boden
des Zweiten Vatikanischen Konzils müßten sich eigentlich alle um die
Kirche wahrhaft besorgten Christen treffen können" (S.6). Wer jetzt
befürchtet, Scheffczyk warte in seinem Buch mit demselben hohlen
Gefasel und Geschwafel auf, wie es aus den Vat.2-Texten zur Genüge
bekannt ist, wird nicht enttäuscht. Seitenlang windet sich
Scheffczyk hin und her in teils fromm klingenden, teils rein
demagogischen Sentenzen, um den Leser zu der irrigen Meinung zu
führen, Vat.2 sei ja eigentlich treu katholisch. Dies läßt sich am
besten anhand des Dogmas von der Heilsnotwendigkeit der Kirche
veranschaulichen. Ein Kapitel seines Buches ist überschrieben mit
"Außerhalb der Kirche kein Heil?", d.h. Scheffczyk stellt die
Heilsnotwendigkeit bereits in der Überschrift "in Frage". Auf den
insgesamt vierzehn Seiten darf sich der Leser dann durch
nichtssagende Wörteranhäufungen quälen, und nur ab und zu stößt man
auf griffige Formulierungen, z.B. direkt zu Beginn: "Angesichts
dieses weltweiten Gesprächs [zwischen den Religionen] wäre eine
einseitig betonte Exklusivität der Kirche genausowenig am Platze wie
eine unterschiedslose Konformität, die das eigene preisgeben wollte"
(S. 150). Aha, dann also "Einheit in der Vielfalt"! Das Dogma "extra
ecclesiam nulla salus" ist nach Scheffczyk "gewiß der Erklärung
bedürftig" (S. 157); Scheffczyk unterschlägt dabei, daß die
Erklärung bereits in einem unfehlbaren Text gegeben wurde: "Mag
einer noch so viele Almosen geben, ja selbst sein Blut für den Namen
Christi vergießen, so kann er doch nicht gerettet werden, wenn er
nicht im Schoß und in der Einheit der katholischen Kirche bleibt"
(DS 1351, zit. nach NR 1938, 350) [als subjektives Moment muß man
natürlich z.B. die Möglichkeit eines "unüberwindbar irrenden
Gewissens" in Betracht ziehen, dies ändert jedoch nichts an der
objektiven Aussage des Dogmas]. Für dieses klärende Zitat war bei
Scheffczyk in seinem Wortschwall aber kein Platz mehr. Dagegen
verkündet Scheffczyk abschließend, die katholische Kirche biete "den
einzig ordentlichen Heilsweg" (S. 164), woraus zu folgern ist, daß
die anderen Religionen nur einen unordentlichen, aber dennoch einen
wirklichen Heilsweg bieten. - Bei so einem Herrn wie Leo Scheffczyk
verbrachte Storck also mehrere Jahre als "Assistent". Hier dürften
bereits erste Zweifel daran aufkommen, ob ein theologisches
Meisterwerk in so einem Milieu überhaupt möglich ist: Einer von den
Oberzerstörern des Glaubens hatte "die Anregung zu dieser Arbeit"
gegeben, und Storck war sein Komplize.
Storck stand vor dem Problem, sich nicht nur mit dem Idealismus
beschäftigen, sondern ihn sogar als unverzichtbar für die heutige
philosophisch-theologische Diskussion herausstellen zu wollen, und
dies gegen die Ausführungen von Pius XII. Deswegen beginnt Storck
sein Elaborat mit den Worten: "Die Beschäftigung mit dem
«sogenannten Idealismus» (Fußnote Nr. 1: Diese übliche
Klassifizierung wird den unter diesem Terminus subsumierten sehr
verschiedenartigen philosophischen Konzeptionen nicht gerecht. Man
sollte ihn deshalb überhaupt vermeiden. [...]) ist in der Theologie
auch im Bereich der katholischen Theologie, keine Seltenheit mehr"
(Handausgabe S. 7 [Originalausgabe S. 1]). Storcks unlogischer
Schluß lautet also: "Pius XII. verbietet, das Fichte-System in
Philosophie und Theologie zu verwenden, was er mit dem Begriff
«Idealismus» bezeichnet; den Idealismus hat es aber nie gegeben,
also darf ich das Fichte-System dann doch verwenden." Wer es nötig
hat, bereits ganz zu Anfang einer Dissertation auf solche billigen
Taschenspielertricks zurückzugreifen, sollte nicht sofort als
verläßliche Fachkraft eingestuft werden, wobei noch zu beachten ist,
daß Fichte ja selbst vom "Idealismus" spricht. Im weiteren Text
erfahren wir, wann genau der Idealismus in der katholischen
Theologie Einzug gehalten hat, Storck nennt einen Namen und eine
Jahreszahl: Der Jesuit E. Coreth hatte 1959 dazu aufgerufen, Fichte
und überhaupt den Idealismus neu zu betrachten, weil die bisherigen
Auffassungen darüber unzureichend seien und nicht die Wahrheit
träfen (cf. S. 7 [1]). Auf Coreth gehen wir aus Platzgründen nicht
näher ein. Nur soviel: Er wurde 1955 Professor für christliche
Philosophie in Innsbruck und 1972 zusätzlich noch Provinzial des
Jesuitenordens in Österreich, d.h. er ist die Karriereleiter in der
Konzilssekte hochgeklettert. Das Datum besagt ebenfalls sehr viel:
Das Neue Zeitalter hatte begonnen, die Schlacht gegen alles
Katholische konnte ungehindert geführt werden. In allen Disziplinen
des katholischen Studiums, ob nun Dogmatik, Moraltheologie,
Philosophie oder Exegese, durfte nun - mehr oder weniger - frei
alles Erdenkliche und Undenkbare gelehrt werden. Weil Rom sich
hartnäckig weigert, die Häretiker am Katheder zu stoppen - sogar die
ärgsten Irrlehrer blieben jahrelang als offizielle katholische
Theologen im Amt (z.B. Küng und Drewermann) - konnten und können
sich auch Irrlehren ausbreiten und lange halten, sie gewinnen an
Alter und werden dann als "in der heutigen Wissenschaft anerkannte
Lehre" ausgegeben, obwohl sie ihre Verbreitung eben nur der
fehlenden Zensur verdanken. Dazu ein Beispiel aus dem sehr wichtigen
Bereich der Erbsündenlehre: Pius XII. verurteilte den "Polygenismus"
(d.h. die Menschheit geht nicht ausschließlich auf Adam und Eva
zurück, sondern besitzt verschiedene Ursprünge; innerhalb dieses
Denkmodells konnte n.b. die Schuld der Ursünde nicht auf alle
Menschen durch die Fortpflanzung, sondern bei einigen Menschen -
wenn überhaupt - nur durch Nachahmung übergehen (diese Behauptung
ist als Häresie verurteilt (DS 1512; DS 3897)); heute bekommt man
meist zu hören, in der heutigen Theologie sei der Monogenismus (d.h.
die gesamte Menschheit geht auf Adam und Eva zurück) überwunden und
der Polygenismus "in der Wissenschaft anerkannt". - Dem Verf. ist
nur eine Ausnahme bekannt, in der ein Professor etwas anderes sagte,
u.z. daß bereits Pius XII. den Polygenismus akzeptiert habe!
In diesem Licht läßt sich dann auch eine Aussage von Christian
Jerrentrup verstehen. Jerrentrup schreibt in der
"Einsicht"-typischen Gossenmanier: "S. [Storcks] umfangreicher,
leider etwas langatmiger Nachweis, daß die Verleumdung Fichtes als
«Atheist» im sog. «Atheismusstreit» jeglicher sachlichen Grundlage
entbehrt und auf vorsätzlich intrigantem Mißverstehen beruht, ist in
der Forschung zwar längst Gemeingut, hat aber angesichts
tölpelhafter Nachplapperer bis in [die] Gegenwart hinein durchaus
seine Berechtigung (98-139)" ("Einsicht" XXVI, 92f). Auf diesen
"Nachweis" werden wir später eingehen. Verständlich, daß Jerrentrup
sofort die schwersten verbalen Geschütze gegen die Katholiken
auffahren muß, um Fichte als den großen, den einzig wahren Propheten
anzupreisen: Jerrentrup hat ja nicht nur nichts zu bieten, er kann
auch nichts bieten an philosophischen Gründen, denn die
Fichte-Träumerei ist einfach nur falsch. Wenn Jerrentrup sich auf
die [heutige] "Forschung" beruft, dann beruft er sich auf das
schmutzige Geschäft der Konzilsknechte, wahrlich eine fragwürdige
Referenz. Jerrentrups Denken basiert offenkundig auf einem
opportunistischen Autoritätsbegriff. Autorität und öffentliche
Anerkennung eines Wissenschaftlers können von einem denkenden
Menschen selbstverständlich nicht als Argumente für die Richtigkeit
seiner Aussagen, erst recht nicht in jedem einzelnen Fall,
akzeptiert werden; für Jerrentrup muß die Autorität trotzdem
herhalten. Wenn aber das Universitätsniveau tatsächlich so erhaben
und die "Forschung" tatsächlich so unfehlbar sein sollten, wieso
schreiben dann HJ (Heller / Jerrentrup) überhaupt noch gegen die
modernen "Philosophen" und "Theologen" wie z.B. Rahner (der hatte
seine - abgelehnte - Dissertation "Geist in Welt" im Fach
Philosophie abgegeben) oder Küng? Wie können sie es noch wagen, über
Rahner auch nur ein einziges Wort der Kritik zu äußern? Und wie
wollen sie dann noch ihre Kritik an der international anerkannten
Super-Kapazität "Heiliger Vater Johannes Paul II." rechtfertigen,
statt eine Lobeshymne nach der anderen auf diese Super-Kapazität zu
dichten. - Den vollendeten moralischen Tiefpunkt infolge des
Autoritäts-Opportunismus, der bereits die Gürtellinie empfindlich
unterschreitet, finden wir in der Unterstellung, der Verf. hätte
"über die als Psychotherapeutin international anerkannte Frau Meves
Unverschämtheiten" ausgebreitet ("Einsicht" XXVI, 111, bezugnehmend
auf den Artikel "Wieder ein neuer Papst",
Franziskaner-Gemeindebrief, Dez. 1996). Wie sieht die Wirklichkeit
aus? Der Verf. hatte wahrheitsgemäß darauf hingewiesen, daß Christa
Meves 1) aus einer der protestantischen Sekten in die Konzilssekte
übergetreten ist, 2) permanent für Wojtyla, Haas, Krenn etc.
schwärmt und oft für linksorientierte Wurfsendungen wie
"Theologisches", hg. von dem Konzilspriester J. Bökmann, schreibt,
3) klare Obszönitäten öffentlich wiedergibt und 4) gottlose Parolen
schwingt wie: "Wirklich homosexuell ... sind doch nur 1,1% der
Bevölkerung ..." ("Einsicht" XXIV, 68). Sind etwa auch HJ der
Auffassung, daß "1,1 % der Bevölkerung wirklich homosexuell sind"
(was immer "wirkliche" Homosexualität sein mag). Können sie konkrete
Personen nennen, die "wirklich homosexuell" sind? Ist ein Teil ihres
Bekanntenkreises "wirklich homosexuell"? Fühlt sich Herr Heller gar
persönlich irgendwie verletzt, weshalb er so emotional reagiert? Wir
wollen nicht weiter fragen, schließlich ging es bei der Würdigung
des Meves-Artikels ja nur darum, moralische Prinzipien gegen
schleichende Unterwanderung zu verteidigen. Wie Heller wußte, wurde
Frau Meves dreimal vom Verf. angeschrieben, es wurde ihr also
genügend Gelegenheit eingeräumt, den gegen sie erhobenen Vorwurf,
sie habe ein "Obszönitäten-Sammelsurium" abgeliefert, zu
kommentieren. Sie hat auf jegliche Stellungnahme - was Heller
ebenfalls wußte - verzichtet, obwohl sie sonst sehr kontakt- und
schreibfreudig ist. Die "Einsicht" nimmt halt Konzilsanhänger sowohl
entschlossen als auch schamlos in Schutz.
Im Zusammenhang mit dem Autoritäts-Opportunismus noch einige
Bemerkungen zu der Behauptung, HJ´s Hetzkampagne gegen
römisch-katholische Christen, insbesondere gegen unseren Altvater,
sei "überwiegend positiv aufgenommen" worden ("Einsicht" XXVI,111):
Erfolg (Mißerfolg) einer Sache sagt nichts über die Qualität dieser
Sache aus; Luther fand Anhänger, Roncalli fand Anhänger, warum
sollte nicht auch Heller Anhänger finden, die von seinem Wirken
angetan sind? Weil die "Einsicht" nach dem Bücherverbot zu
beurteilen ist, sind die "Einsicht"-Leser der Exkommunikation
wenigstens verdächtig nahe. Anders ausgedrückt: Wir haben dringenden
Anlaß zu der Vermutung, daß sich unter den "Einsicht"-Lesern eine
relativ große Zahl von Herdenmenschen befindet, die immer gerade dem
zujubeln, der am lautesten brüllt, egal ob er Luther, Roncalli oder
wie auch immer heißt. Im Christentum sind Erfolg und öffentliche
Anerkennung nie als Garanten für die Wahrheit betrachtet worden;
wenn jemand, der sich zum Christentum bekannte, Verfolgung erlitt,
so wurde das kirchlicherseits nicht automatisch als Beweis dafür
verstanden, daß der Verfolgte ein Betrüger und Scharlatan sein
müsse. Luther und Roncalli haben oft von Gott gesprochen und sich
auf Gott berufen; aber meinten sie wirklich Gott? Von der
erfolgreichen Rockgruppe KISS (Akronym: Knights In Satan´s Service
[Ritter im Dienste Satans]) war vor einigen Jahren ein Top-Hit immer
wieder zu hören: "God gave Rock 'n' Roll to you" (Gott gab dir die
Rockmusik); sollte man ein Lied mit einem so frommen Text nicht auch
in der Kirche singen? Das Faktum, daß tatsächlich einige
bedauernswerte Zeitgenossen die Aussagen der "Einsicht" für wahr
halten, beweist nicht die Zuverlässigkeit des Blattes, und das
Faktum, daß sich die Einsichtigen als "Katholiken" ausgeben, beweist
nicht ihre Glaubenstreue.
Dabei fällt auf: Wenn Heller auch im allgemeinen nur diskreditieren
kann, so geizt er dennoch nicht mit Eigenlob: "Die Argumente [der
«Einsicht» für die Thesen, daß Wojtyla nicht der Papst ist etc.]
sind zwar sehr gut vorgetragen - alle haben sie inzwischen
übernommen - ..." ("Einsicht" XXV,31). Wie bitte?? Keiner der
hauseigenen "Einsicht"-Texte war m.W. nach einem Fachurteil "sehr
gut"! Das Märchen, Dr. Katzer sei zur Fichte-"Philosophie"
übergewechselt, ist ebenfalls längst aufgedeckt. Und: Wer hat HJ´s
"Argumente" übernommen? Die Bestimmung "alle" kann sich nicht nur
nicht auf die Weltbevölkerung beziehen, sondern auch nicht auf die
kleine Schar derer, die Wojtyla als falschen Hirten durchschaut
haben, denn zum einen lesen - gottlob! - nur wenige Menschen die
"Einsicht", zum anderen haben nicht HJ´s Einbildungen, sondern die
katholischen (thomistischen) Argumente die Konzilssekte überführt.
Wer ist mit diesen "allen" also gemeint? Alle geistig
Minderbemittelten? HJ bleiben uns eine klare Angabe schuldig. Doch
um der Gerechtigkeit willen muß man zugeben, daß die "Einsicht"
durchaus auch wahre Aussagen enthält. Heller schreibt einmal sehr
eindringlich im Fettdruck: "Wir haben nicht 30 Jahre lang Widerstand
gegen die Häresien der Konzils-'Kirche' geleistet, um schließlich im
Sektierertum zu versinken!" ("Einsicht" XXVI, 30). Den ersten Teil
des Satzes kann man uneingeschränkt akzeptieren: "Wir haben nicht 30
Jahre lang Widerstand gegen die Häresien der Konzils-'Kirche'
geleistet" (umformuliert: "Wir haben 30 Jahre lang keinen Widerstand
gegen die Häresien der Konzils-'Kirche' geleistet" [sondern
Konzilsleute wie Scheffczyk, Meves etc. immer wieder vor den
Katholiken in Schutz genommen]). Auch der zweite Teil: "Wir werden
definitiv nicht im Sektierertum versinken", ist akzeptabel, nämlich
um im Sektierertum versinken zu können, müßten die "Einsichtigen" ja
vorher zur Kirche gehört haben; da die "Einsichtigen" mit ihrer
Pseudophilosophie stets zu den Sektierern zählten, stehen sie auch
nicht in der Gefahr, jemals im Sektierertum zu versinken. Nun komme
man nicht mit dem Vorwurf, das sei doch wohl arglistige
Wortverdrehung! Zugegeben, es ist ein wenig provokativ formuliert -
aber jeder kann das erkennen, und die Aussage stimmt ja auch mit der
Wirklichkeit überein. Wer jedoch echte Beispiele für
Wahrheitsverdrehungen und Unterschlagung von notwendigen
Informationen sucht, der wird bei HJ reichlich fündig. Z.B. ist
folgende Behauptung Hellers schlichtweg gelogen: "Aus seinen mir
vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, daß [N.N.; gemeint ist
der Verf.] auch nur ein Semester Philosophie studiert hat"
("Einsicht" XXVI, 30). Zum einen unterschlagen HJ die Leistungen -
auch im Fach Philosophie - im Abiturzeugnis des Verf. Dann
unterschlagen sie, daß der Verf. das Diplom in Theologie besitzt,
woraus eindeutig auch philosophische Studien zu folgern sind. Zudem
schloß der Verf. außer seinem Diplomstudiengang in Theologie auch
noch die Hauptstudiengänge in Latein und Griechisch (Lehramtstudium)
erfolgreich ab, hatte also viele philosophische Texte auch im
Original gelesen. Oder war HJ´s Aussage doch keine Lüge? Vielleicht
haben HJ bei dem Blick auf das Abiturzeugnis des Verf. die
"Einsicht"-spezifische Sorgfalt und Gründlichkeit walten lassen
(nämlich gar keine). Vielleicht wissen HJ wirklich nicht, daß zum
Diplomstudium in Theologie auch Vorlesungen und Seminare im Fach
Philosophie erforderlich sind? Vielleicht wissen HJ ebenfalls nicht,
daß zur griechischen und lateinischen Literatur auch philosophische
Texte gehören, sondern meinen, alle philosophischen Texte seien in
Deutsch (Kant und Fichte) und Französisch (Descartes; natürlich sind
seine philosophischen Schriften auch auf dem Index gelandet, sonst
würden die "Einsichtigen" ihn wohl kaum anhimmeln) verfaßt worden.
Falls HJ also tatsächlich so unbewandert sein sollten, was wir nicht
ausschließen können, möchten wir ihnen nicht unterstellen,
absichtlich diskreditieren zu wollen; es läge dann nicht direkt
Bosheit, sondern nur eine schwer sündhafte Fahrlässigkeit vor. Dabei
ist noch außer Acht gelassen, daß die heutige "Forschung" ja den
Glaubenstod über die Studenten bringen soll, doch hier greift wieder
HJ´s Autoritäts-Opportunismus. HJ´s Geschreibe läßt sich auch als
Ergebnis einer tendenziösen Selektion erklären, d.h. einer Auswahl
von Informationen, die entweder in sich falsch sind oder durch
verkürzte Wiedergabe von dem Rezipienten falsch verstanden werden
müssen. Ein Beispiel: Nehmen wir an, Person A sagt zu Person B: "Ich
komme morgen nicht". Fall 1) Person B sagt dann zu Person C: A hat
zu mir gesagt: «Ich komme morgen»". Hier sagt B die Unwahrheit. Fall
2) Person B sagt dann zu Person C: «A hat zu mir unter anderem
gesagt: «Ich komme morgen». Hier sagt B die Wahrheit, allerdings
tendenziös - C muß diese Aussage falsch verstehen. Es stimmt zwar,
daß im Lebenslauf des Verf. nicht das Fach Philosophie erwähnt wird,
aber daß er Philosophie studiert hat, d.h. an der Universität
Vorlesungen und Seminare in Philosophie besucht hat, kann man aus
den Unterlagen schließen. Tendenziöse Selektion liegt auch vor, wenn
man bei den Informationsquellen nur die unzuverlässigen zitiert,
ohne sie als unzuverlässig zu erkennen zu geben, die seriösen
Quellen aber entweder sich nicht besorgen oder gar - falls sie
vorliegen - nicht zur Kenntnis nehmen will. Dies ist z.B. bei HJ´s
"Quellen" zur Sukzession in der alt-römisch-katholischen Kirche (den
Schreiberlingen Riediger und Plazinski, deren Falschaussagen sogar
gerichtlich festgestellt wurden) der Fall. Verkürzende,
sinnentstellende Wiedergabe von Informationen ist der beste Trick,
um Naivlinge erfolgreich in die Irre zu führen; der Teufel läßt
raffinierterweise den Pferdefuß manchmal etwas schwer erkennen (s. 2
Kor 11,14). Ein anderes Beispiel für billige Volksverhetzung der
Marke "Einsicht" (XXVI, 111): Für die "moralische Integrität" des
Verf. spricht in HJ´s Horizont "auch nicht, daß er dieses Pamphlet
[gemeint ist der Gemeindebrief Dez. 1996] aus Furcht vor einer
Anklage wegen Verleumdung nicht namentlich unterschrieben haben
dürfte." Sollten HJ wirklich schon dermaßen Ich-verliebt sein, daß
sie Bescheidenheit als Grund für den Verzicht auf Namensnennung
nicht mehr in Erwägung ziehen? Und wie können sie Furcht bei dem
Verf. vermuten, der diesen Text bereits vor der Veröffentlichung im
Gemeindebrief an Heller geschickt und später auch noch einmal an
Jerrentrup geschickt hatte und seine Autorenschaft klar erkennen
ließ? Nein, jeder noch so imaginäre Strohhalm wird hastig ergriffen,
um den Verf. zu diskreditieren. Nun, der Verf. kann sich bei seinem
Urteil über Fichte nicht nur auf die gesamte Philosophiegeschichte,
sondern auch insbesondere auf die lehramtlichen Verurteilungen des
Idealismus und des Priesters G. Hermes stützen. Es ist nur ein
logischer Schluß, wenn man sagt, das System Fichtes ist
pantheistisch, und wer diesem Lehrsystem folgt, muß genauso als
Pantheist betrachtet werden, zumindest bis das Gegenteil bewiesen
ist. Ist es etwa Verleumdung, wenn man die Entscheidungen Roms auf
die "Einsicht" anwendet. Ist es etwa nicht Verleumdung, wenn man die
Entscheidungen Roms auf die Weihelinie der alt-römisch-katholischen
Kirche nicht anwendet?
Schließlich nehmen HJ noch Anstoß an der - nach dem Urteil anderer -
"würzigen" Sprache, also einem gewissen rhethorischen Moment in den
Texten des Verf. Der Gossenjargon HJ´s ("ekelerregender Dreckhaufen"
etc. etc.) ist in der Tat verfehlt, aber wenn man die Sprache in
ehrbarer Weise in den Dienst der Verkündigung stellen kann - warum
nicht? Die an der deutlichen Sprache geäußerte Kritik HJ´s kann zwei
Gründe haben: Zum einen kennen sie die Hl. Schrift nicht, weder die
Apostelbriefe noch die Evangelien, sondern meinen, nur der sei ein
würdiger Priester, der sich einer einlullend süßlichen Sprache
bedient, wie sie etwa in den Vat.2-Texten zu finden ist. HJ sollten
einmal die Texte des hl. Bernhard von Clairvaux, der mit dem
Ehrentitel "doctor mellifluus" [honigfließender Lehrer] bedacht
wurde, gegen Abälard lesen! Zum anderen müssen HJ wohl eingestehen,
daß ihnen außer Autoritäts-Opportunismus und tendenziöser Selektion
nur noch die - äußerst primitive - Polemik bleibt, um ihre Horde bei
Laune zu halten. Sobald dann jemand kommt, der die Sprache wirklich
beherrscht und sogar in den Dienst der Wahrheit stellt, bleibt nur
noch die grobschlächtige Verteufelung als Waffe übrig, und HJ
schießen in der Tat amokartig um sich. Soviel zum Umfeld der
Dissertation Storcks . Nach diesen Überlegungen wollen wir uns nun
ihrem Inhalt widmen.
II.
Im ersten Teil unseres Textes "Alma mater" haben wir festgestellt,
daß die Dissertation des angeblich katholischen Bischofs G. Storck
a) einen antikatholischen Autor (Fichte) anpreist, b) von einem
antikatholischen Professor (Scheffczyk) angenommen wurde und c) in
einer antikatholischen Zeitschrift ("Einsicht") empfohlen wird. Bis
heute, gut drei Wochen nach Veröffentlichung des ersten Teiles, sind
allerdings nur positive Kritiken bei uns eingetroffen, obgleich nach
Möglichkeit alle Hauptpersonen unseres Artikels (v.a. natürlich
Scheffczyk und der Heller-Kollege Jerrentrup) frühzeitig den Text
erhalten haben. Damit zum zweiten Teil:
Storcks Kampf gegen Christus und seine Kirche
Zu Beginn bereits unser Urteil über Storcks Text: Dieser verdient
die Bezeichnung "Doktorarbeit" genauso, wie die Konzilssekte den
Namen "röm.-kath. Kirche" verdient, nämlich überhaupt nicht - aus
kirchlicher Perspektive. Aus staatlicher Perspektive verpflichtet
z.B. das geltende deutsche Recht natürlich zweifelsfrei, die
Konzilssekte mit der röm.-kath. Kirche gleichzusetzen und Storcks
konfus-chaotisches Geschreibe als echte Doktorarbeit zu bezeichnen,
und dies stellen wir keineswegs in Abrede. Für unsere Position
spricht u.a., daß Storck mit seiner Kritik an dem größten aller
Kirchenlehrer, dem hl. Thomas von Aquin (1225-1274), der zugleich
die Blütezeit der Hochscholastik repräsentiert, schwere Mängel an
scholastischen Kenntnissen verrät, weswegen der Verdacht zumindest
naheliegt, daß er sich nie ernsthaft mit Thomas bzw. generell mit
katholischer Theologie beschäftigt hat. Sollte dies der Fall sein,
erinnern wir an den Abschnitt aus der Antimodernisten-Enzyklika
"Pascendi" des hl. Papst Pius X.: "In Zukunft soll niemand mit einem
Doktorgrad in Theologie und im kanonischen Recht ausgezeichnet
werden, der die festgesetzen Ausbildungsinhalte in der
scholastischen Philosophie vorher nicht gründlich durchgearbeitet
hat. Falls er [der Doktorgrad] verliehen wird, sei er wirkungslos
verliehen" (Nr. II).
Wenn man Storcks Machwerk aufschlägt, fällt zunächst der hohe Anteil
an Fußnotentext auf. Üblicherweise dienen Fußnoten nur zur Angabe
von Fundstellen, d.h. wenn man im Haupttext (durch Zitat,
Paraphrasierung oder Inhaltsangabe) auf einen fremden Text hinweist,
werden in der Fußnote die genauen bibliographischen Angaben
hinzugefügt (Ausnahmen sind natürlich möglich, z.B. können Fußnoten
auch als Zeilenkommentar zu einem fremden Haupttext verwendet
werden). Storck allerdings setzt auf manchen Seiten mehr Text in den
Fußnoten- als in den Hauptbereich, der Leser hat also keinen
durchstrukturierten, gedankenentwickelnden Text vor sich, sondern
wird mit Unmengen von Randbemerkungen und Miniaturexkursen
konfrontiert - kurz: Schon rein formal herrscht ein heilloses
Durcheinander in der Textgestaltung. Möglicherweise versuchte
Storck, dadurch auf die Mindestseitenzahl für eine Dissertation zu
kommen, daß er wertlose Aphorismen einschaltete wie: "Große
Heiligengestalten haben ihre oft großartigen theologischen
Einsichten oft nicht aus der Schultheologie" (FN 291, S. 84). Na da
schau her! Wirklich bestechend, diese klare Präzision der Aussage!
Der Verdacht, Storck wolle seine Leser mit solchen Statements für
dumm verkaufen, erhärtet sich bei den Weisheiten, die er über die
Tugend der Klugheit vom Stapel läßt: "Der Dieb, der einen Diebstahl
mit höchster Klugheit durchführt, wäre dann [d.h. nach klassischer
Ethik / Moraltheologie] genauso tugendhaft wie der Gerechte!" (FN
17, S. 24). Hier zeigt sich ein eklatanter Mangel an
philosophisch-theologischem Wissen; in der Tat ist die Klugheit
"auriga et moderatrix omnium virtutum" [Lenkerin und Beherrscherin
aller Tugenden] (zit. nach Noldin-Schmitt, Summa theologiae moralis,
Bd. I, Regensburg (25) 1937, Nr. 266), und richtig schreibt B.
Häring: "Der Schlaue besitzt die Fähigkeit, die Wirklichkeit
daraufhin zu übersehen, wie sie seinen Plänen dienstbar gemacht
werden kann. Der Kluge besitzt eine ebenso wache Hellhörigkeit wie
der Schlaue, aber er hört aus dem Gang der Welt heraus, wie er alles
in den Dienst des Guten, letztlich in den Dienst Gottes stellen
kann" (Das Gesetz Christi, S. 318f, Freiburg 1954; n.b. nur diese
erste Ausgabe von Härings Standardwerk kann guten Gewissens
verwendet werden, da Häring später mehr und mehr liberale Ansichten
vertrat). Man muß befürchten: Storcks Text enthält soviele dumme und
falsche Aussagen, daß es nur noch eine trostlose Fleißaufgabe wäre,
alles aufzuzeigen bzw. richtigzustellen.
Als besonders vernunftbeleidigend ist folgende Position Storcks zu
bewerten: Bereits im Vorwort stöhnte Storck: "Durch eine langjährige
Beschäftigung als Assistent am dogmatischen Seminar gab er [Leo
Scheffczyk, der "Doktorvater"] mir freundlicherweise die
Gelegenheit, die schwierige Materie zu behandeln" (S. 2). Im
Dissertationstext heißt es dann: "Fichte trug die Wissenschaftslehre
im Jahre 1804 dreimal vor. Der erste Vortrag begann am 17. Januar
und endete am 29. März. [...] Bedenkt man den außerordentlichen
Schwierigkeitsgrad des in den Vorlesungen Vorgetragenen und die
beträchtliche Kürze der Vortragsdauer, so stellt sich die Frage, wer
von den Zuhörern den sachlichen Anforderungen gewachsen sein konnte
(FN 237: Unter den heute vorauszusetzenden Bedingungen ist ein
authentisches Verständnis dieser zu den schwierigsten Werken der
ganzen philosophischen Literatur zählenden Schrift (wie sich
wiederholt gezeigt hat) nicht ohne eine mehrere Jahre dauernde
einläßliche Beschäftigung zu erreichen. Auch in diesem Vergleich mag
ein wenig von der Differenz des geistigen Niveaus zum Ausdruck
kommen, das den heutigen Leser im Hinblick auf Verstehensbedingungen
zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Wissenschaftslehre
charakterisiert)" (S. 66 [140f]). - Mit Hilfe der abwegigen
Behauptung, nur der langjährige Fichte-Leser könne sich überhaupt
ein Urteil über Fichte und Storck erlauben, gleich jede Kritik im
Keim zu ersticken, wirkt zumindest arrogant. Ähnlich muß auch Fichte
charakterlich ausgeprägt gewesen sein: "Fichte bemerkt beiläufig,
daß die Ordnung in der Rezeption der Resultate seines
Philosophierens umgekehrt war. Man hat erst beurteilt und widerlegt
und dann allenfalls verstanden (oder auch nicht!)" (S. 112 [249]).
Respekt und Ehrlichkeit gehören anscheinend generell nicht zu den
Stärken Storcks: den hl. Thomas fertigt er in wenigen Sätzen, oft
nur in Fußnoten ab; die berühmte Kritik des Jansenisten Blaise
Pascal am "Gott der Philosophen" [damit meinte Pascal ein
willkürliches Produkt des menschlichen Geistes, das mit dem wahren
Gott, wie er uns in der hl. Schrift begegnet, nichts zu tun hat]
stellt Storck fälschlicherweise als Kritik am scholastischen Denken
hin (cf. z.B. S. 95 [209]). Die Aversion gegen den hl. Thomas nimmt
schon sonderbare Formen an, wenn man z.B. sieht, wie ausgiebig
Storck darauf hinweist, daß jemand, der behauptet, es gebe keine
Wahrheit, wenigstens den Satz: "Es gibt keine Wahrheit", als wahr
betrachten müsse (passim; cf. z.B. S. 72-79 [154-171]). Statt eine
Binsenwahrheit so oft zu paraphrasieren, hätte Storck ganz einfach
aus der Summa theologiae (I.2.1.obj.3) zitieren brauchen: "Qui negat
veritatem esse, concedit veritatem non esse. Si enim veritas non
est, verum est veritatem non esse" [Wer leugnet, daß Wahrheit sei,
gibt damit zu, daß Wahrheit ist. Wenn nämlich Wahrheit nicht ist,
dann ist es wahr, daß Wahrheit nicht ist]. Zudem kann diese
Erkenntnis leicht aus dem in der klassischen Philosophie als Axiom
[Grundsatz, der keines Beweises bedarf] bekannten "Satz vom
Widerspruch" [Etwas kann nicht in derselben Hinsicht A und Nicht-A
sein] erschlossen werden und ist bereits von daher keiner großen
Erwähnung wert. Allerdings könnte hier wieder Storcks Not
ausschlaggebend gewesen sein, seinen kurzen Text irgendwie strecken
zu müssen.
Immerhin kann man Storck bei seinen Ausführungen zum philosophischen
Widerspruch noch zugutehalten, daß die Grundaussage stimmt. Eine
andere penetrante Aussage seiner Dissertation läßt sich aber selbst
dadurch nicht mehr rechtfertigen, nämlich der Vorwurf, die
klassische Theologie habe einen unerträglichen Zwiespalt zwischen
Orthodoxie [Rechtgläubigkeit; nicht im Sinne der (häretischen!)
"orthodoxen" Konfession] und Orthopraxie [Rechttätigkeit, d.h.
moralisch richtiges Handeln] verschuldet, während doch in Wahrheit
Glauben und Handlung untrennbar zusammengehörten (cf. z.B. S. 79-84
[171-184]; "Nur dort, wo das Erkennen dem sittlichen Willen, der auf
den totalen Lebensakt gerichtet ist, integriert wird, erschließt
sich die Wahrheit in ihrer Ganzheit und Einheit" (S. 84 [184])). Es
trifft zwar zu, daß ein sittlich verkommener Mensch entweder
schwerer den Glauben finden oder ihn leichter verlieren wird als
jemand, der sich um moralische Integrität bemüht, dennoch ist
eindeutig die Trennung von Orthodoxie und Orthopraxie
aufrechtzuerhalten! Andernfalls wäre nämlich z.B. folgender Satz
widersprüchlich: "Du glaubst, daß es nur einen Gott gibt? Ganz
recht. Aber auch die bösen Geister glauben - und zittern" (Jak
2,19). Um gerettet zu werden, bedarf es zusätzlich zum wahren
Glauben auch der guten Werke, aber der wahre Glaube kann auch bei
sittlich Verkommenen vorhanden sein! Oder waren sittlich verkommene
Päpste wie Alexander VI. etwa dadurch schon Häretiker - und deswegen
auch gar keine Päpste? Storck entfernt sich mit seinen
Fichte-Hypothesen, mit denen er angeblich Denken und Leben nach der
Zerstörungsarbeit der Scholastiker wieder versöhnt, in Wahrheit
entscheidend von grundlegenden Aussagen katholischer Ekklesiologie
[Lehre von der Kirche]: "Daher kommt es, dass nur drei
Menschenklassen von ihr [der Kirche] ausgeschlossen werden: erstens
die Ungläubigen, dann die Häretiker und Schismatiker, endlich die
Exkommunizierten ... Es ist jedoch nicht zu leugnen, daß sie unter
der Gewalt der Kirche stehen, um von ihr vor Gericht gerufen,
bestraft und mit dem Bannfluche belegt zu werden ... Von den übrigen
aber, wenn auch noch so gottlosen und verbrecherischen Menschen, ist
gar kein Zweifel, dass sie noch in der Kirche verbleiben ..." (Cat.
Rom. I, 10,9).
Die Transzendentalphilosophie, wie Fichte sie vertritt und die
Storck als letzte Rettung der Wahrheit verkündet ("Nur auf diese
Weise [d.h. mit der Fichteschen Transzendentalphilosophie und durch
Verwerfung des Thomismus] ist der grundlegende Satz, daß der Mensch
nach dem Bilde Gottes geschaffen sei, wissenschaftlich einsichtig zu
machen und gegen Theoreme und Ideologien, nach deren letztem
Grundsatz der Mensch es ist, der sich Gott nach seinem Bilde
erschafft, in einem rational geklärten Leben und im lebendigen
Wissen wirksam zu vertreten" (Schlußsatz des Textes, S. 185 [427])),
zeichnet sich besonders durch ihre Widersinnigkeit aus. Bekanntlich
vollzieht sich das Erkennen der Welt wesentlich passiv, d.h.
erleidend-hinnehmend. Die gesunde Lehre lautet: Der Erkennende
"nimmt wahr", "nimmt zur Kenntnis", was ist. Die
Transzendentalphilosophie dagegen vertritt eine völlig groteske
Meinung darüber, wie sich Erkennen vollzieht: "Der entscheidende
Unterschied zu dem Ansatz, den der Realismus bei seinem Versuch, in
der Frage der Existenz Gottes zu einem Ergebnis zu gelangen, wählt,
besteht, was die Transzendentalphilosophie betrifft, aber gerade
darin, nicht von der Existenz bzw. der Beschaffenheit der Sinnenwelt
auf einen vernünftigen Urheber derselben zu schließen. Denn die
Sinnenwelt ist gerade nicht möglicher terminus a quo [Ausgangspunkt]
des wissenschaftlichen Argumentationsganges. Die
Transzendentalphilosophie leugnet gerade die objektive vom
Bewußtsein unabhängige Selbständigkeit einer realen Außenwelt, indem
sie den Nachweis führt, daß diese Welt nur als real und objektiv
vorgestellt wird. Der objektiven Welt kommt also in Wahrheit keine
Existenz an sich zu" (S. 51 [104]). Man kann zunächst einfach mal
den Faden der Transzendentalphilosophie weiterspinnen und dadurch
feststellen, in welch ausweglose Widersprüche dieses Weltbild führt.
Z.B. könnte die Schöpfung erst mit dem sechsten Tage begonnen haben,
da Gott ja nach Storck nicht fähig war, objektive Wirklichkeit,
Realität zu schaffen. Der eigentliche Schöpfer ist der Mensch, der
der Außenwelt erst ihre Beständigkeit verleiht, und zwar durch das
schöpferische Erkennen: "Erkenntnis (und in ihr: Wahrheit) kann
nicht objektivistisch angesetzt werden, sondern nur in der sie
mitkonstituierenden geistigen Leistung (FN 432: Hier ruht das
partielle Wahrheitsmoment des Anliegens Luthers, der die Kategorie
des «pro me» [für mich] in der Glaubenswahrheit hervorhob und
gegenüber einer objektivistischen Scholastik zur Geltung brachte
...). Das ist die entscheidende transzendentale Einheit (und
Einsicht!). Diese Einheit der Mitkonstitution gilt prinzipiell für
die Erkenntnis, also auch für die Erkenntnis der Wahrheit, aber
nicht für die Wahrheit an sich! [...] Übrigens ist das gleiche
Prinzip für den konkreten Glauben als Zugang zur Offenbarung geltend
zu machen. Alle Wahrheiten der Offenbarung werden durch den sie
eröffnenden Glauben mitkonstituiert. Aber der Glaube kreiert
[erschafft] die Wahrheit der Offenbarung nicht ursprünglich, er
erschließt dem glaubenden Subjekt lediglich den Zugang (eben der
Offenbarung) der Wahrheit" (S. 118 [264f]).
Mit seiner Behauptung, die Sinnenwelt könne nicht für Gottesbeweise
herangezogen werden, straft Storck die Heilige Schrift Lügen:
"Nichtig waren ja von Natur aus alle Menschen, denen Unkenntnis
Gottes eigen war und die aus den sichtbaren Gütern nicht den
Seienden zu erkennen vermochten, noch bei der Betrachtung der Werke
den weisen Schöpfer erkannten. [...] Denn aus der Größe und
Schönheit der Geschöpfe wird vergleichsweise ihr Urheber erschaut"
(Weisheit 13,1.5); "Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbar über
alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die durch ihre
Ungerechtigkeit die Wahrheit unterdrücken. Denn was von Gott
erkennbar ist, das ist ihnen offenbar. Gott hat es ihnen
geoffenbart. Läßt sich doch sein unsichtbares Wesen seit Erschaffung
der Welt durch seine Werke mit dem Auge des Geistes wahrnehmen:
seine ewige Macht wie seine Göttlichkeit. Darum sind sie nicht zu
entschuldigen" (Röm 1,18-20). Storck nimmt diese Ignoranten also
nicht nur in Schutz, er macht den Autoren der Heiligen Schrift auch
noch den Vorwurf, widersinnige Forderungen aufgestellt zu haben. Vor
Storck ist auch die Forderung Jesu an die Jünger unvertretbar:
"Glaubt mir, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist. Sonst
glaubt doch wenigstens um der Werke willen" (Joh 14,11). Spätestens
aber seit der Verkündigung der diesbezüglichen Dogmen steht eines
fest:
Storck war ein Häretiker und deshalb kein Mitglied der röm.-kath.
Kirche!
Folgende Dogmen leugnet Storck durch seine Verfechtung des
transzendentalen Erkenntnismodells: "Wer sagt, der eine und wahre
Gott, unser Schöpfer und Herr, könne mit dem natürlichen Licht der
menschlichen Vernunft durch das, was gemacht ist, nicht mit
Sicherheit erkannt werden, der sei ausgeschlossen" (NR 49; cf. DS
3026); "Wer sagt, die göttliche Offenbarung könne durch äußere
Zeichen nicht glaubwürdig werden, sie müsse also durch rein innere
Erfahrung eines jeden oder durch persönliche Erleuchtung die
Menschen zum Glauben bewegen, der sei ausgeschlossen" (NR 55; cf. DS
3033); "Wer sagt, Wunder könnten nicht geschehen, deshalb seien alle
Wunderberichte, auch die in der Heiligen Schrift enthaltenen, unter
die Mythen und Legenden zu verweisen; oder die Wunder könnten nicht
sicher erkannt werden, und niemals könne durch sie der göttliche
Ursprung der christlichen Religion rechtmäßig bewiesen werden, der
sei ausgeschlossen" (NR 56; DS 3034).
Interessant sind dabei folgende Ausführungen Storcks: "In diesem
Sachverhalt der ursprünglichen Idee der Wahrheit und ihrer
unmittelbaren Intuition [!!], durch die das Vernunftwesen sich erst
als Vernunftwesen konstituiert ([FN 253]) liegt der philosophische
Grund und die philosophische Rechtfertigung des zum Glaubensdogma
erhobenen Lehrsatzes von der natürlichen und zwar in Gewißheit
möglichen Erkennbarkeit Gottes (FN 254: Vgl. DS 3004: «Deum ...
naturali humanae rationes lumine ... certo cognosci posse» [Gott
kann mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft mit
Sicherheit erkannt werden]. Auf dem «certo» (mit Gewißheit) ist der
entscheidende Akzent zu legen. Dieses Adverb charakterisiert das
Erkennen als ein zweifelsfreies Erkennen, wie es philosophisch im
strikten Sinn zu fordern ist ...)" (S. 71 [153]). Hier haben wir ein
Beispiel für die bereits im ersten Teil angesprochene "tendenziöse
Selektion": Storck liefert ein um den entscheidenden Punkt "per ea,
quae facta sunt" [durch das, was gemacht ist] verstümmeltes Zitat,
um seine Häresie als rechtgläubige Aussage zu verkaufen. Da Storck
offensichtlich das Dogma kannte und eigenmächtig für seine
gottfeindlichen Zwecke zurechtgestutzt hatte, kann man selbst beim
besten Willen nicht mehr "unüberwindliche Unkenntnis" als moralische
Entschuldigung für diesen Häretiker in Anwendung bringen.
Die bekannten fünf klassischen Gottesbeweise des hl. Thomas von
Aquin werden von Storck mit plumpen Kraftausdrücken, dafür aber ohne
Argumente in der Luft zerrissen: "Hier liegt nebenbei [!!] auch ein
Fehler der Argumentation des Thomas v. Aquin in den «quinque viae»
[Fünf Wege (um die Existenz Gottes zu beweisen)]: S. th. I q 2 a 3.
Alle von ihm genannten «Beweise» setzen ganz unreflektiert die
Geltung des Grund-Folge-Verhältnisses voraus" (FN 20, S. 24). Es ist
nur ein reiner Willkürakt Storcks, die Geltung des
Grund-Folge-Verhältnisses (Kausalitätsprinzip: "Es gibt keine
Wirkung ohne Ursache") als bezweifelbar darzustellen, denn auch das
Kausalitätsprinzip hängt eng mit dem Satz vom Widerspruch zusammen.
- Weil die Kenntnis der fünf Gottesbeweise nicht bei jedem
vorausgesetzt werden kann, hier ein kleiner Ausschnitt: "Die
Existenz Gottes kann auf fünf Beweiswegen dargetan werden. Der erste
und klarere Weg ist derjenige, welcher aus der Bewegung hergenommen
ist. Es ist sicher und durch die Sinneserfahrung verbürgt, daß etwas
in dieser Welt bewegt wird. Alles aber, was bewegt wird, wird von
einem anderen bewegt. Denn es wird nichts bewegt, außer insofern es
in der Möglichkeit zu jenem ist, zu welchem es hinbewegt wird. Es
bewegt aber etwas, sofern es in Wirklichkeit ist. Denn bewegen
ist nichts anderes als etwas aus der Möglichkeit in die Wirklichkeit
herausführen. Aus der Möglichkeit kann aber etwas in die
Wirklichkeit übergeführt werden nur durch etwas, was in Wirklichkeit
ist, wie das wirklich Warme, z.B. das Feuer, macht, daß das Holz,
welches der Möglichkeit nach warm ist, der Wirklichkeit nach warm
ist und es dadurch bewegt und verändert. Es ist aber nicht möglich,
daß ein und dasselbe zugleich in Wirklichkeit und in Möglichkeit in
ein und derselben Beziehung sei, sondern nur in verschiedenen
Beziehungen kann dies der Fall sein. Was nämlich in Wirklichkeit
warm ist, kann nicht zugleich in Möglichkeit warm sein, sondern ist
zugleich kalt in Möglichkeit. Unmöglich ist es also, daß etwas nach
derselben Beziehung und auf dieselbe Weise bewegend und bewegt sei,
oder daß es sich selbst bewege. Es muß also alles, was bewegt wird,
von einem anderen bewegt werden. Wenn also dasjenige, von welchem es
bewegt wird, gleichfalls bewegt wird, dann muß dieses von einem
anderen bewegt werden, und dieses wieder durch ein anderes. Man kann
aber hier nicht ins Unendliche fortschreiten. Denn dann gäbe es kein
erstes Bewegendes und infolgedessen auch kein anderes Bewegendes,
weil die zweiten Bewegenden nur dadurch bewegen, daß sie von dem
ersten Bewegenden bewegt sind, wie der Stock nur dadurch bewegt, daß
er von der Hand bewegt ist. Folglich ist es notwendig, daß man an
ein erstes Bewegendes kommt, das von keinem bewegt wird, und
darunter verstehen alle Gott. Der zweite Weg geht vom Wesen der
wirkenden Ursache aus. Wir finden in dieser sinnenfälligen Welt eine
Ordnung der wirkenden Ursache vor ..." (S.th. I,2,3; zit. nach M.
Grabmann, Thomas von Aquin, Köln 1917, 84-86).
An anderer Stelle erzählt Storck über die "quinque viae": "Wenn man
einmal von den unzulänglichen, weil nur hypothetisch begründeten
Prämissen absieht [!!], ist der generelle Fehler der, daß alle
Beweise auf ein (angeblich) notwendiges Sein (ein erstes Bewegendes,
eine causa efficiens [Wirkursache], ein notwendiges Sein, Ursache
des Gutseins, ordinatio ad finem [Hinordnung auf ein Ziel]) führen,
das allerdings nur unter der Bedingung notwendig ist, daß erklärt
werde, was erklärt werden soll: das kontingente [nicht notwendige]
Sein. Das Absolutum als Absolutum, nämlich der Charakter des
Absoluten als Selbstbegründung kann in diesen Beweisen gar nicht
eingesehen werden. Deshalb ist die stereotyp am Ende des jeweiligen
Beweises wiederkehrende Formel: «et hoc omnes intelligunt Deum» auch
irreführend. Niemand versteht unter dem so erschlossenen Sein
«Gott». Nur mit Hilfe einer Äquivokation [Wortgleichheit bei
Sachverschiedenheit] kann man so formaliter verfahren. Für die
wirkliche Einsicht ist mit derartigen Beweisen gar nichts gewonnen"
(S. 95 [209]).
Äquivokation ist denn auch der Schlüssel für uns, wenn wir über die
"Gottesidee" von Fichte / Storck sprechen wollen. Wir hatten bereits
im ersten Teil darauf hingewiesen, daß nicht immer, wenn der Name
"Gott" fällt, damit auch Gott gemeint sein muß. Es kann durchaus
sein, daß bei Texten über "Gott", "Offenbarung" etc. einfach
Vokabeln gebraucht werden, die mit völlig anderen als den
christlichen Sinninhalten gefüllt sind. Ein Beispiel für Äqivokation
in Storcks Text: "Fichte beschreibt das Absolute in scholastischen
Ausdrücken als «actus (essendi)» [(Seins-) Wirklichkeit] und als ein
«esse in mero actu» [Sein in bloßer Wirklichkeit], in dem sich «Sein
und Leben» durchdringen. [...] Im Hinblick auf die terminologische
Bestimmung als «actus» [Wirklichkeit], die als «actus purus» [reine
Wirklichkeit] ja auch in der mittelalterlichen Philosophie
erscheint, in der mit diesem Begriff allerdings das Fehlen jeglicher
Potentialität [Möglichkeit] zum Ausdruck gebracht werden soll, sei
angemerkt, daß man sich durch den gleichlautenden Terminus [Begriff]
nicht irreführen darf. [...] Die mittelalterliche Philosophie ...
konnte ... wesensnotwendig kein Leben bzw. keine Selbstbegründung
vom Absoluten aussagen bzw. - was entscheidend ist - einsichtig
machen. Darin lag die wesentliche Verfälschung, von der der Glaube
und die religiöse Existenz unendlich [!!] betroffen worden sind" (S.
152f [345-347]).
Halten wir an dieser Stelle kurz inne und werfen wir einen Blick auf
einige Informationen über Fichte: Fichte wurde "1799 von der
Weimarer Regierung entlassen, weil er wegen der Identifikation
Gottes mit der moralischen Weltordnung des Atheismus bezichtigt
worden war («Atheismusstreit»)" (M. Buchberger (Hg.), Kirchliches
Handlexikon, Bd. 1, München 1907, 1461). Gleichgültig, bei welchem
katholischen Philosophen bzw. Theologen man sich über Fichte
informiert, überall wird Fichte als Pantheist gehandelt. Dazu einige
Beispiele: "Fichte [d.h. für Fichte / in Fichtes Denken] ist Gott
pantheistisch das absolute, unendliche Ich" (B. Bartmann, Dogmatik,
Bd. 1, Freiburg 41920, S. 112); "Fichte sucht die Vereinigung des
Menschen mit Gott nicht mehr als Frucht der geschichtlichen
Erlösertodes Jeus Christi, durch welchen er die Sünde in uns
zerstört und die Seele zur übernatürlichen Gotteskindschaft und
damit zur Gottverähnlichung umgeschaffen hat, sondern er findet sie
im höchsten Aufschwung des philosophischen Denkens. Die Erkenntnis,
daß das göttliche und das menschliche Bewußtsein zusammen eine
unbedingte Einheit bilden, ist die Grundlage seiner ganzen
Philosophie. Was der Prolog des Johannesevangeliums von Jesus
Christus berichte, nämlich die Menschwerdung des Logos im
menschlichen Dasein, vollziehe sich zu allen Zeiten und ausnahmslos
in jedem einzelnen Menschen. Jesus sei unter allen nur der erste,
der die tiefe und klare Einsicht besessen habe, daß zwischen dem
menschlichen Dasein und dem Göttlichen eine absolute Einheit
bestehe. Dadurch sei er das Urbild aller Frömmigkeit geworden, vor
dem sich alle Verständigen in Ehrfurcht beugen müßten. Diese Einheit
zwischen Gott und Mensch im Bewußtsein des Jesus von Nazareth sei
jedoch keinesfalls ein einmaliges, geschichtliches Ereignis.
Vielmehr vollziehe sich dieses Heilsgeheimnis in der Seeele der
gesamten Menschheit. Die Einmaligkeit und Einzigartigkeit Christi
sei deshalb fallen zu lassen. Jeder philosophische Mensch könne
unabhängig von Christus und vom Christentum schon in diesem Leben
die wahre Seligkeit erwerben, indem er sich durch Denkenergie zu der
Einsicht durchringe: Ich und Gott, Gott und ich sind miteinander
verschmolzen, wir sind eine unlösliche Einheit" (J. Riedmann, Die
Wahrheit des Christentums, Freiburg 1951, S. 345f).
Da Fichte Freimaurer war (Loge in Rudolstadt), hier auch
ausführliche Informationen zur Freimaurerei: "Gemäß Nr. 1 der «alten
Pflichten», d.h. des allgemein anerkannten Grundgesetzes der
Freimaurerei von 1723, fassen deutsche Philosophen wie Lessing,
Krause, Fichte die Freimaurerei als Menschheitsbund im kleinen auf,
der als über den gemeinen religiösen, politischen und sozialen
«Vorurteilen» stehende geistige Elite wahrhaft «freier»,
emanzipierter und selbständiger Männer, auf Grund des rein und
allgemein Menschlichen die in der Menschheit bestehenden Trennungen
in religiöser, sozialer und politischer Hinsicht aufheben oder
überwinden und so den idealen Menschheitsbund im großen nach
Grundsätzen der Freimauereri verwirklichen soll. Diesem Zweck dient
auch die ganze Symbolik des Bundes ([...]) und die Mahnung an die
freimaurerische Grundpflicht, sich selbst und andere von
«Unwissenheit», «Aberglaube», «Vorurteilen», Sklavenketten zu
«befreien» und alle «Tyrannei» zu vernichten, um so das reine
Humanitätsideal: «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit», zu
verwirklichen und das goldene Zeitalter der völligen Emanzipation
des Menschen in der freimaurerischen Weltrepublik herbeizuführen.
Bestrebungen der Freimaurerei: In der Freimaurerei englischer Zunge
herrscht noch immer eine verhältnismäßig stark religiös-biblische
Richtung, in Deutschland huldigt die große Mehrzahl der Brüder
freidenkerisch-rationalistischen Anschauungen (bei ständigen inneren
Zwistigkeiten), in Frankreich und Italien entfaltet die hier
gänzlich atheistisch-positivistische Freimaurerei, besonders seit
1870, eine hochgradig politisch-revolutionäre Tätigkeit und war
nachweislich bei allen kirchen- und religionsfeindlichen Maßnahmen
der treibende und leitende Faktor. Dies gilt nach Ausweis des
Berichts über die Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, von
der Vernichtung des gesamten kirchlichen Unterrichtswesens, der
demnächst das Laien-Unterrichts-Monopol des Staates die Krone
aufsetzen soll. Durch «Aufklärung» und Entkirchlichung der
Frauenwelt und profanen Bevölkerung soll «der endgültige Untergang
des Papsttums» herbeigeführt werden, «der lügnerische Gott in die
Rumpelkammer wandern», «die auf dem galiläischen Mythus [Jesus von
Nazareth] gegründete römische Kirche zerfallen»" (M. Buchberger
(Hg.), Kirchliches Handlexikon, Bd. 1, München 1907, 1537f). - In
den neunzig Jahren seit Drucklegung dieses Buches hat sich natürlich
einiges im Sinne der Freimaurerei getan, z.B. was die Trennung von
Kirche und Staat oder den Religionsunterricht durch Laien betrifft.
Man beachte ferner: Die drei größten "sedisvakantistischen"
Zeitschriften in Deutschland, i.e. "Kyrie eléison", "Einsicht" und
"Athanasius", werden von Laien (M. Böker, E. Heller, J. Filser)
herausgegeben, denen man Respekt vor kirchlichen Würdenträgern nicht
leicht zugestehen kann.
Wie faßt der Fichteaner und Häretiker Storck also Gott auf: Nach ihm
ist Gott "die absolute Sinnfülle", "sittliche Materialität oder
Liebe" (S. 156 [356]). Man darf sich durch die Äquivokation mit
christlichen Aussagen (cf. "Gott ist die Liebe", 1. Joh 4,8) nicht
täuschen lassen. Dies wird ganz klar, wenn man sich Storcks Versuch
einer Apologie Fichtes im "Atheismusstreit" durchliest. Storck
meint: "Nach dieser Darstellung der Auffassung Fichtes in der Zeit
des Atheismus-Streites ist offenbar, daß der Vorwurf des «Atheismus»
zweifellos zu Unrecht besteht" (S. 58 [124]). Storck kritisiert nur
eine gewisse Ungenauigkeit bzw. mangelnde Ausarbeitung des
Grundgedankens, was er jedoch sofort aus der damaligen Situation
Fichtes entschuldigt: "Fichte hat zweifellos den Gedanken der
Substantialität Gottes in zu sehr verkürzter und philosophisch zu
einseitig bestimmter Weise verstanden, um dem Vorwurf, er leugne die
Substantialität Gottes, gerecht werden zu können" (S. 63 [137]). Nun
zu Fichtes Gottesidee: "Die konkrete Bestimmung der sittlichen
Aufgabe der Individuen und deren Resultate zu einer Einheit in einem
Vernunftzwecke nennt Fichte eine «moralische Ordnung» bzw. eine
«moralische Weltordnung». Das Eigenartige der Fichteschen Auffassung
in diesem Zusammenhang besteht darin, daß Fichte diese «moralische
Ordnung» mit dem Absoluten identifiziert. «Jene lebendige und
wirkende moralische Ordnung ist selbst Gott, ...» ([FN 187]). Und:
«Diese moralische Ordnung ist das Göttliche, das wir annehmen» ([FN
188]). Die Haltung, in der in der Annahme des Sittengesetzes die
gesamte Wirklichkeit als auf die Realisierung des Sittengesetzes
hingeordnet erfaßt und dessen endlich eintreffende Realtität
antizipiert wird, nennt Fichte «Glaube» ([FN 189]). Dieser Glaube
findet seine Aktuierung im sittlichen Handeln. «Dadurch wird dieses
Göttliche uns lebendig und wirklich» ([FN 190]). Die eigentliche
Ungläubigkeit und Gottlosigkeit dagegen ist das unsittliche Handeln:
«Der wahre Atheismus, der eigentliche Unglaube und Gottlosigkeit
besteht darin, dass man über die Folgen seiner Handlungen klügelt,
der Stimme seines Gewissens nicht eher gehorchen will, bis man den
guten Erfolg vorherzusehen glaubt, so seinen eigenen Rath über den
Rath Gottes erhebt, und sich selbst zum Gotte macht. Wer Böses thun
will, damit Gutes daraus komme, ist ein Gottloser»" (S.55f [117f]).
Dafür also mußte Storck so hartnäckig auf der angeblichen Einheit
von Orthodoxie und Orthopraxie herumreiten: Um Gott quasi
abzuschaffen und an seine Stelle die "moralische Weltordnung" zu
setzen. Fichte spricht: "Ich sage, dass der Beweis des Daseyns
Gottes aus dem Daseyn einer Sinnenwelt unmöglich und widersprechend
ist. Ich läugne sonach allerdings einen substantiellen aus der
Sinnenwelt abzuleitenden Gott" (Fichte, Sämtliche Werke, V, 216).
Wir haben es also gar nicht mehr mit dem christlichen Gott zu tun,
sondern mit einer Äquivokation. Das Sittengesetz ist nicht Gott,
sondern eben nur ein Gesetz, es kommt in allgemeinen Prinzipien wie:
"Was man als gut erkannt hat, das muß man auch tun", zum Ausdruck;
teilweise kann es von der Vernunft erkannt werden, ist also rein
natürlich (z.B. die Gebote der zweiten Tafel), manche Elemente
bedürfen einer besonderen Offenbarung (z.B. das dritte Gebot). Die
ausdrückliche Gleichsetzung des Sittengesetzes mit Gott basiert auf
einer pantheistischen Weltsicht, da können auch christlich anmutende
Formulierungen ("Es [das Absolute / Gott] ist durchaus von sich, in
sich, durch sich" (Fichte, Wissenschaftslehre, 151)) nichts mehr
retten. Das ist gerade die Taktik der Modernisten: Sie haben keine
Probleme damit, Widersprüche nebeneinanderzusetzen, sie schreiben im
selben Satz "2+2=4" und "2+2=5". Bestes Beispiel für die
Zusammenstellung von Widersprüchen ist die Leugnung des Dogmas über
die natürliche Gotteserkenntnis mit dem (sinnentstellten) Zitat
selbigen Dogmas bei Storck; die gesamte modernistische Literatur ist
von diesen Widersprüchlichkeiten durchsetzt, und nur zur
Veranschaulichung hier ein Beispiel des Großmeisters der Unlogik,
Karl Rahner SJ: "Selbstverständlich gelten die Dogmen unserer
Kirche, aber [!!] es sind allemal erst die Anfänge, die es weiter zu
entwickeln gilt und das immerzu [!!], so daß man vielleicht schon in
hundert Jahren die alten Glaubensformeln unter den neuen nicht mehr
erkennen wird" (K. Rahner, Bilanz der Theologie, Frankfurt 1970, S.
539; zum Vergleich dazu das entsprechende Dogma: "Wer sagt, es sei
möglich, daß man den von der Kirche vorgelegten Glaubenssätzen
entsprechend dem Fortschritt der Wissenschaft gelegentlich einen
anderen Sinn beilegen müsse als den, den die Kirche verstanden hat
und versteht, der sei ausgeschlossen" (NR 61, cf. DS 3043).
Als abschließenden Beleg dafür, daß Storck gar nicht mehr das
Christentum im Auge hat, wenn er von Gott oder Trinität spricht,
hier ein längeres Zitat aus Storcks Äußerungen zur Offenbarung: "Das
genuine [angeborene, echte] sittliche Wollen muß an der Realisierung
des sittlichen Wertes in sittlicher Motivierung interessiert sein,
wenn es dem inneren Anspruch der Sittlichkeit genügen soll. Man kann
diesen Standpunkt der prinzipiellen Offenbarung des Absoluten, auf
dem das sittliche Leben gemäß dem Anspruch des Gewissens
ausgerichtet wird, mit Recht den Standpunkt der Vernunftreligion
nennen. Gott als Prinzip des Gewissens ist die Norm des sittlichen
Lebens. Man könnte auf Grund dieser Position einer prinzipiellen
Offenbarung als Vernunftreligion die These vertreten,daß es einer
speziellen, in der Geschichte erfolgenden Offenbarung ([FN 612]) gar
nicht mehr bedürfe. Denn was sittlich gesollt ist, ist bereits in
und aus dem Gewissen als praktische Vernunft bekannt, es muß also
nicht noch zusätzlich positiv geoffenbart werden. Die Offenbarung
als bloße Wissensvermittlung scheidet ebenso aus. Denn was gewußt
werden soll und muß, ist allein und wesentlich das sittliche Wissen.
Es kann immer unmittelbar in der Vernunft gewußt werden [!!]. Wozu
also dann noch eine konkrete Offenbarung? ([FN 613]). Der ebenso
kühne [!!] wie an sich naheliegende [!!] Gedanke der positiven
Offenbarung bezieht sich aber gar nicht primär [!!] auf ein Wissen
im theoretischen oder praktischen Sinn, sondern auf Gott selbst. Und
zwar nicht, insofern er prinzipiell erscheint im Anspruch des
Gewissens, sondern insofern er konkret in der Geschichte erscheint,
um als Person in interpersonaler Relation zur konkreten
Verwirklichung der sittlichen Liebe aufzurufen ..." (S. 168f
[383-386]). Man vergleiche dazu die Dogmen: "Wer sagt, es sei
unmöglich oder nicht sinnvoll, daß der Mensch über Gott und die Gott
geschuldete Verehrung durch göttliche Offenbarung belehrt werde, der
sei ausgeschlossen" (NR 50, cf. DS 3027). "Wer sagt, der göttliche
Glaube unterscheide sich nicht von dem natürlichen Wissen über Gott
und nicht von der natürlichen Sittenlehre, und deshalb sei es zum
göttlichen Glauben nicht erfordert, die geoffenbarte Wahrheit auf
die Autorität des offenbarenden Gottes hin zu glauben, der sei
ausgeschlossen" (NR 54, cf. DS 3032); "Wer sagt, in der göttlichen
Offenbarung gebe es nicht wahre Geheimnisse im eigentlichen Sinn,
sondern alle Glaubenssätze könnten durch die richtig gebildete
Vernunft von den natürlichen Grundsätzen aus verstanden und bewiesen
werden, der sei ausgeschlossen" (NR 59, cf. DS 3041).
Storcks Geschreibe enthält noch viele andere Falschaussagen außer
den von uns aufgedeckten, z.B. bzgl. der wissenschaftlichen
Freiheit, des Wahrheitsbegriffes, der Anthropologie etc.; wir haben
hier - was als exemplarische Warnung vor so manchen angeblichen
Wahrheitshütern verstanden werden soll - den Nachweis erbracht, daß
Storck ein unerkannter "Feind im Innern" (Pius X. über die
Modernisten) war; das Dogma von der natürlichen Erkennbarkeit Gottes
leugnet er ganz klar, bei anderen Aussagen (z.B. in Bezug auf die
menschliche Erkenntnis, auf das Wesen Gottes, auf die Offenbarung)
hält er sich konsequenter an die Methode der Modernisten, mit Hilfe
zusammenhangloser Einschränkungen und Umformulierungen für
Unklarheit zu sorgen (cf. Pius X., Pascendi: "Sowohl den
Rationalisten als auch den Katholiken spielen sie ohne Unterschied,
und das in so perfekter Heuchelei, daß sie jeden Unvorsichtigen
leicht in ihren Irrtum locken."). - Richtigstellungen fallen
üblicherweise umfangreicher aus als die direkte Darlegung der
Wahrheit, und bei gegebenem Anlaß werden wir auf weitere Fragen, die
von Storck falsch beantwortet wurden, die richtigen Antworten geben.
Daß man einen Autor nicht bis ins letzte widerlegen muß, wußte sogar
Storck selbst; in seinem Text widmet er den Ansichten Schellings
einige Seiten, und nachdem er einige Äußerungen Schellings angeführt
und kritisiert hat, schreibt er zusammenfassend zu Schellings
Folgerungen: "Es hat keinen Sinn, die abenteuerlichen Ableitungen zu
verfolgen. Sie haben keinen Evidenzwert" (S. 151 [343]).
Schlußbemerkungen
Der Verf. hat Herrn Storck nicht mehr persönlich kennengelernt,
jedoch noch ein gewisses Nachwirken dieses Häretikers zu spüren
bekommen. Die beiden Führungskräfte des umstrittenen sog.
"Priesterseminars Heilig Blut" in München, Herr Josef Filser und
Frau Anna ("Schwester Gertrud") Hilbert, haben sich für die
Verbreitung von Storcks Predigt "Der Charakter dieser Zeit"
(gehalten am 02.08.81 in Ulm) starkgemacht. Storck sagt in diesem
Text immer wieder, daß wir in einer Zeit des Glaubensabfalls und des
Sittenverfalls leben, daß wir keinen Papst haben etc. - das Übliche
halt. Warum aber gibt Storck denn Äußerungen von sich, die ihn als
traditionstreuen Katholiken erscheinen lassen? Storck predigt:
"Satan liebt die Finessen, Satan liebt die Verkleidung. Es ist
geradezu lächerlich und kindisch zu meinen, man werde Satan als
Satan, den Antichrist als Antichrist erkennen, da er mitten im
Tempel sitzt und herrscht. Im Gegenteil! Man wird ihn gerade nicht
erkennen. Er wird gerade als Hierarch sich ausgeben, als Papst sich
ausgeben, als Bischof in Erscheinung treten ...".
Wer jetzt noch immer nicht wahrhaben will, daß die "Einsicht" keine
"römisch-katholisch Zeitschrift" ist, sondern nur ein besonders
alarmierendes Beispiel für die Unterminierung des katholischen
Widerstandes, der sei auf eine Stellungnahme von HJ ("Einsicht"
XXVI, 116) verwiesen, wo Jerrentrup seine falschen Sukzessionslisten
zu rechtfertigen versucht. Die dabei gemachten Beteuerungen, man
müsse auf das Lehramt hören, gelten ja nichts, wenn man sieht, wie
eigenmächtig HJ z.B. mit den kirchlichen Vorschriften bzgl. des
Thomismus und sogar mit dem Index umgehen. Über Descartes, dessen
philosophische Schriften auf dem Index standen, schreibt Storck -
ohne Protest seitens HJ -: "Dieses letztere auch in kirchlichen
Kreisen und bei Theologen herrschende Verständnis [der
Transzendentalphilosophie] ... hat lange und fast völlig den Blick
auf die großartige wissenschaftliche Grundlegung der Philosophie
verstellt ... Wäre die Position Descartes' angenommen worden, hätte
die Kirche eine wirksame Waffe gegen den Skeptizismus und
Relativismus gewonnen" (FN 56 (S. 33)). Diese trügerischen Worte
also, das Lehramt habe - auch für HJ - das letzte Wort, leiten das
Bekenntnis ein, wie sehr HJ an der röm.-kath. Kirche hängen: "In
vielen Fällen sind wir auf uns selbst gestellt, auf die Resultate
unserer eigenen, mühevollen Recherchen, wohl wissend, daß sich damit
die immanente [innewohnende] Gefahr einer Protestantisierung auftun
kann."