21.01.2019 - Logik - Satz vom Widerspruch
      
    
    Predigt 27.01.2019 (3. Sonntag nach Epiphanie) - Logik - Satz vom
    Widerspruch
    Pater Rolf Lingen, Goldbrink 2a, 46282 Dorsten, 49236245083,
    www.pater-lingen.de, 21.01.2019
    Der Römische Katechismus empfiehlt als Predigtthema zum heutigen
    Evangelium die Mahnung, den katholischen Glauben zu bewahren. Denn
    bereits in der alten Kirche war es üblich, unter dem im Evangelium
    genannten Aussatz die Häresie zu verstehen. Immerhin wussten die
    Aussätzigen damals, dass sie Aussätzige waren. Aber wissen die
    Häretiker heute, dass sie Häretiker sind? In einer Internet-Gruppe,
    die sich schon in ihrem Namen ausdrücklich zum christlichen
    Menschenbild bekennt, habe ich vor einem Vierteljahr (17.10.2018)
    eine Umfrage erstellt: "Gemäß katholischer Glaubenslehre ist die
    Aussage, dass nichtkatholische Gemeinschaften Mittel des Heiles
    sind, a) eine Häresie, b) ein Dogma, c) sowohl Dogma als auch
    Häresie, d) weder Dogma noch Häresie." Die mit weitem Abstand
    meisten Stimmen erhielt eine Antwort, die später ein Nutzer
    eingefügt hatte, ohne mich zu fragen und ohne mich zu informieren.
    Diese weit überragende Top-Antwort lautete: "In keiner Religion, nur
    in Jesus ist Erlösung". Außerdem gab es über fünfzig Kommentare zu
    dieser Umfrage, z.B. "Ich verstehe die Frage nicht." Und: "sehr
    volksnahe befragung ... seid ihr sicher ihr habt alle
    unverständlichen fremdworte ausgegraben und eingeflochten? ...
    lach".
    Also: Die Umfrage wird von den weitaus allermeisten mit etwas
    beantwortet, was gar nichts mit der Umfrage zu tun hat. Und
    obendrein wird die Aussage von einigen ausdrücklich als
    unverständlich bezeichnet. Man schreibt lieber in den Kommentaren,
    dass man sogar absolute Grundbegriffe wie Dogma und Häresie nicht
    kennt, anstatt schnell eine Suchmaschine zu benutzen.
    Nun zur richtigen Antwort. Ein Dogma ist ein unfehlbarer
    Glaubenssatz, eine Häresie ist eine Abweichung von einem Dogma.
    Eines der Dogmen lautet: [Die heilige römische Kirche ...] "glaubt
    fest, bekennt und verkündet, daß niemand außerhalb der katholischen
    Kirche, weder Heide noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der
    Einheit Getrennter - des ewigen Lebens teilhaftig wird, vielmehr dem
    ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet
    ist, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr [der Kirche] anschließt. So
    viel bedeutet die Einheit des Leibes der Kirche, daß die kirchlichen
    Sakramente nur denen zum Heile gereichen, die in ihr bleiben, und
    daß nur ihnen Fasten, Almosen, andere fromme Werke und der
    Kriegsdienst des Christenlebens den ewigen Lohn erwirbt. Mag einer
    noch so viele Almosen geben, ja selbst sein Blut für den Namen
    Christi vergießen, so kann er doch nicht gerettet werden, wenn er
    nicht im Schoß und in der Einheit der katholischen Kirche bleibt"
    (DS 1351, zit. nach NR 1938, 350). Und warum diese Umfrage? Nun,
    eine Firma behauptet in ihren Statuten "der Geist Christi hat sich
    gewürdigt," nichtkatholische Gemeinschaften "als Mittel des Heiles
    zu gebrauchen" (Unitatis Redintegratio 3). Betrachten wir zunächst
    die logische Struktur der Umfrage nach der sog. klassischen Logik,
    konkret nach dem Satz vom Widerspruch. Aristoteles schreibt: "Doch
    das sicherste Prinzip von allen ist das, bei dem eine Täuschung
    unmöglich ist [...] Es ist unmöglich, dass dasselbe demselben in
    derselben Beziehung zugleich zukomme und nicht zukomme" (Metaphysik
    1005b). Noch einmal langsam: "Es ist unmöglich, dass dasselbe
    demselben in derselben Beziehung zugleich zukomme und nicht
    zukomme." Also: Eine Aussage kann nicht in derselben Hinsicht wahr
    und unwahr sein. Thomas von Aquin betont bereits am Anfang seiner
    philosophischen Summe (Scg 1,1) die Wichtigkeit der Logik. Wer sagt,
    dass es keine Wahrheit gibt, macht eine widersprüchliche Aussage,
    denn er behauptet, dass der Satz, dass es keine wahren Aussagen
    gibt, eine wahre Aussage ist. Weiter mit der Logik: Dogma und
    Häresie sind einander absolut ausschließende Begriffe. Es gibt zwar
    in den kirchlichen Texten auch solche Sätze, die weder Dogma noch
    Häresie sind. Aber es ist absolut unmöglich, dass eine Aussage
    sowohl eine unfehlbar wahre Aussage als auch eine Abweichung von
    einer unfehlbar wahren Aussage ist. In der Umfrage gab es allerdings
    mehr Stimmen für die logisch unmögliche Sowohl-Als-auch-Antwort als
    für die immerhin logisch mögliche Weder-Noch-Antwort. Es herrscht
    also radikaler Mangel an Fachwissen und logischem Denken. Als Christ
    muss man das Dogma von der Heilsnotwendigkeit der Kirche kennen.
    Ggf. muss man sich auch mit der Firma beschäftigen - jedenfalls
    notwendig dann, wenn man Mitglied dieser Firma ist oder sein möchte.
    Und dann muss man inhaltlich-logisch erkennen: Die Firma lehrt in
    ihren Statuten eine eindeutige Häresie. Sie leugnet ausdrücklich das
    Dogma von der Heilsnotwendigkeit der Kirche. Diese Firma hat somit
    nicht die Kennzeichen, die gem. Dogma wesentlich sind für die wahre
    Kirche Christi, nämlich einig, heilig, katholisch und apostolisch.
    Dementsprechend ist auch eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der
    katholischen Kirche und in dieser Firma unmöglich. Eine
    Mitgliedschaft in dieser Firma schließt aus der Kirche aus. Die
    Top-Antwort der Umfrage zur kirchlichen Heilsnotwendigkeit hat mit
    der Umfrage gar nichts zu tun, sie ist also bereits deshalb als
    Antwort komplett unlogisch. Aber davon abgesehen, wie vernünftig ist
    die Aussage: "In keiner Religion, nur in Jesus ist Erlösung"? Ist
    also die Lehre Jesu keine Religion? Diese Annahme widerspricht den
    Berichten des Neuen Testaments und überhaupt dem gesunden
    Menschenverstand. Denn wenn der Glaube an Jesus keine religiöse
    Aussage, keinen Inhalt haben soll, dann ist er eben bedeutungslos,
    dann ist Jesus selbst bedeutungslos. Man weigert sich, die Realität
    zur Kenntnis zu nehmen, man weigert sich, den Verstand zu
    gebrauchen. Und dieses inhaltslose, vernunftlose Etwas - oder besser
    dieses Nichts - füllt man hemmungslos mit seiner hemmungslosen
    Phantasie und nennt es dann z.B. "Erlösung durch Jesus" oder "wahres
    Christentum". Oder in Anlehnung an Thomas von Aquin: Es gibt nur
    eine Wahrheit: Es gibt keine Wahrheit außer der, die ich momentan
    als Wahrheit verkünde, z.B. die Wahrheit, dass es gar keine Wahrheit
    gibt. Die Antworten der Umfrage zeigen, dass sogar Menschen mit
    ausdrücklich christlichem Menschenbild unbefangen Antworten geben,
    die inhaltlich falsch und logisch unmöglich sind. Unsinn, Unsinn
    über alles. Sich im Internet informieren - nein, niemals! Im
    Internet Unsinn erzählen - ja, jederzeit! Das ist das herrschende
    sog. christliche Menschenbild, und darauf basiert ganz wesentlich
    auch die Macht dieser Firma. Jesus selbst verlangte von seinen
    Zuhörern immer wieder sowohl inhaltliches Wissen als auch logisches
    Überlegen. Wer sich weigert, die geschichtlichen Tatsachen zur
    Kenntnis zu nehmen, wer sich weigert, sich mit den Inhalten der
    christlichen Lehre zu beschäftigen, wer sich weigert, über die
    geschichtlichen Tatsachen und über die Inhalte der christlichen
    Lehre nachzudenken, der handelt schuldhaft. Wenn er dann z.B. noch
    nicht einmal weiß, was Dogma bzw. was Häresie ist, und wenn er,
    statt nachzuforschen und nachzudenken, nur seine eigene Religion
    erfindet, dann ist das ein Nicht-Wissen-Wollen, eine schuldhafte
    Unwissenheit, für die er sich verantworten muss. Betrachten wir also
    aufmerksam die geschichtlichen Tatsachen und die Inhalte der
    christlichen Lehre. Meiden wir die Häresie, halten wir fest am
    katholischen Glauben, damit wir dereinst teilhaben an der ewigen
    Freude des Himmels. Amen.
    
    21.01.2019 Kommentar von Dr. Esther Lingen
    Ein generelles Problem: Man hat einfach keine Lust, sich intensiv
    mit einer Thematik auseinanderzusetzen. Viel bequemer ist es da,
    platten Formulierungen, unzulässigen Vereinfachungen oder, ganz
    primitiv, irgendwelchen Gefühlen hinterherzulaufen. Aber so leicht
    darf man es sich nicht machen! Dafür steht zuviel auf dem Spiel!
    Eine Meinung muss man sich erarbeiten! Glaube ist kompliziert, er
    setzt fundiertes Detailwissen und strenge Gewissenserforschung
    voraus. Und dann hat Glauben Einfluss auf jede Entscheidung, die man
    im Alltag fällen muss. Mit Happy-go-Lightly hat das absolut nichts
    zu tun!