04.02.2021 Controvers-Katechismus - Pfarrer Friedrich Laun,
          Ausführliche Katholische Antworten auf 33 Fragen über die
          Unterscheidungslehren der evangelischen und katholischen
          Kirche, Stuttgart (6)1905 - Erster Teil
        
    
    [Vorbemerkung PRHL: Das Buch besteht aus drei Teilen: einer
    Einleitung (Ss. III -VIII), einer kurzen Gegendarstellung zu
    protestantischen Irrlehren (Ss. 3-24) und einer ausführlichen
    "Beleuchtung der Antworten (Abschnitt II) zu den 33 Fragen." (Ss.
    27-232); wir geben hier nur die Einleitung und die kurze
    Gegendarstellung wieder.
    Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die Fragen und Antworten stammen
    aus der protestantischen Originalschrift; Pfarrer Laun hat dann zu
    jeder Antwort noch eine katholische Antwort hinzugesetzt; Launs
    Buch, mit dem (vermutlich Erstausgabe-) Datum 1898, hat das "Imprimi
    permittitur", also die kirchliche Druckerlaubnis, vom damaligen
    Bischof von Rottenburg, Paul Wilhelm [Nachname uns unbekannt], am
    Palmsonntag 1905 erhalten.
    Auch wegen seiner erfrischenden Art des Umgangs mit dem Gift des
    Protestantismus, von dem auch V2 verseucht ist und das sich in dem
    Pesthauch der sog. "Ökumene" ausbreitet, halten wir Launs Schrift
    für sehr geeignet, um sich eine Übersicht über Katholizismus und
    Protestantismus zu verschaffen. Hier wird in bester katholischer
    Tradition der Dialog mit der Welt geführt.
    Es gibt noch andere recht knappe Katechismen, die eine gute
    Dialoggrundlage schaffen, v.a.
    - Katechismus der katholischen Lehre des hl. P. Pius X.
    (Frage-Antwort-Schema, sehr einfach gehalten)
    - Katechismus des heiligen Kirchenlehrers Thomas von Aquin
    (durchgehender Text, sehr anschaulich, hervorragende Argumentation).
    Leider liegen die Rechte für beide Katechismen momentan in der Hand
    von erklärten Kirchenhassern (Lefebvre-Sekte und Sympathisanten),
    die diese Bücher wohl als Köder benutzen.
    Sehr umfangreiche Bücher, die einen Schwerpunkt auf die
    Auseinandersetzung mit dem Protestantismus legen, sind:
    - J.A. Möhler, Symbolik, Regensburg (11 u.12)1924, Erstauflage 1832
    (stark wissenschaftliche Ausrichtung)
    - J.A. O´Brien, Der Glaube der Millionen, Aschaffenburg 1949 (meist
    einfache, erzählende Form; sehr bedauerlich ist die befürwortende
    Haltung des Autors zur Koedukation, die ausdrücklich von der Kirche
    verworfen wurde (cf. Pius XI, Divini illius Magistri).]
    
    Einleitung.
    
    Mit einem Schriftchen, "klein an Umfang, aber groß an Verkehrtheit",
    haben sich nachfolgende Zeilen zu befassen, mit den "33 Fragen über
    die Unterscheidungslehren", welche die evangelische Gesellschaft in
    Stuttgart herausgibt. Ehe wir auf deren Inhalt näher eingehen,
    suchen wir drei andere Fragen zu beantworten.
     1. Was wollen diese 33 Fragen bezwecken? Wollen Sie nur der
    Wahrheit und dem Frieden dienen; wollen Sie die Gläubigen stärken,
    damit Sie in ihrem Glauben sicher selig werden, wollen sie
    vielleicht dabei auch uns Katholiken überzeugen, daß wir im Irrtum
    seien? Es scheint uns nicht. Denn mit Entstellungen und Verdrehungen
    dient man der Wahrheit nicht, mit Machtsprüchen und mit
    Verächtlichmachen Andersdenkender bestärkt man die Eigenen und
    bekehrt man die Gegner nicht. Vielmehr bekommen wir aus dem ganzen
    Büchlein den Eindruck, es sei lediglich zu dem Zwecke geschrieben,
    die Jugend, die noch nicht selbst prüfen und entscheiden kann, mit
    den Vorurteilen gegen alles Katholische zu erfüllen, die seit
    Luthers Tagen im protestantischen Volke fortleben, Abneigung und Haß
    gegen Rom den Kindern noch vor ihrer Schulentlassung einzuimpfen,
    damit ihnen alle Lust vergehe, über den katholischen Glauben jemals
    später nachzudenken oder gar selbst katholisch zu werden. Der
    Schüler, der an der Hand dieser 33 Fragen unterrichtet wird, muß den
    Eindruck bekommen: O wie schlecht ist doch dieser römische Papst,
    wie geld- und blutgierig, wie herrschsüchtig sitzt er auf seinem
    Throne und [IV] betrügt das arme Volk durch seine Menschensatzungen
    und wie verblendet, ja wie lächerlich erscheint so ein Katholik, der
    nichts vom reinen Gotteswort weiß!
     2. Auf welche Weise suchen die 33 Fragen ihren Zweck zu
    erreichen? Leider müssen wir sagen, nur mit einem Gefühle tiefer
    Betrübnis können wir das Schriftlein aus der Hand legen, wenn wir
    sehen, welches Zerrbild unseres heiligen Glaubens darin dem Leser
    vorgespiegelt wird. Auf jedem Blatte tritt uns das Bemühen entgegen,
    mit allen Mitteln die katholische Lehre als verächtlich,
    schriftwidrig, seelenverderblich hinzustellen. Und das geschieht
    bald fein versteckt, bald wieder plump dareinfahrend, wie man es in
    einer Schrift über religiöse Fragen nicht erwarten sollte. Und man
    wird es keinem verargen können, der nach der Prüfung des
    Schriftchens sich fragt: ist es möglich, daß der Verfasser bei
    seiner Arbeit nur von aufrichtigem, redlichem Bestreben, die
    Wahrheit ins Licht zu stellen, geleitet war?
    Wir finden im einzelnen in den 33 Fragen, um nur das Wichtigste hier
    kurz hervorzuheben, folgende Arten des Kampfes, die wir nicht
    billigen können, befolgt:
    a) Die katholische Lehre wird entstellt, um sie bekämpfen und
    verspotten zu können, Unwichtiges und Unwesentliches wird als
    Hauptsache im katholischen Glauben hingestellt, dessen eigentlicher
    Sinn aber verschwiegen. So wird z.B. bei der letzten Ölung das Gebet
    bei der Ölweihe allein bekämpft, als ob darin das Sakrament selbst
    liege; so wird der Schein erweckt, als ob in der bloßen Verrichtung
    äußerlicher Werke deren Verdienst gesetzt würde, als ob gewisse
    Ausdrücke in der Verehrung Mariä wesentlich seien, als ob die
    Tradition der katholischen Kirche lediglich aus menschlichen Zutaten
    und kirchlichen Satzungen bestehe, als ob die äußerliche
    Zugehörigkeit zur Kirche dem Katholiken zur Seligkeit genüge, als ob
    zur Tilgung der Sündenstrafen [V] die Genugtuungen der Heiligen und
    beim heiligen Meßopfer die Handlung des Priesters den Verdiensten
    Christi nachhelfen sollten und anderes mehr.
    b) Das, was in Wirklichkeit katholische Lehre ist und immer war,
    wird als evangelischer Glaube bezeichnet und einem verdrehten und
    verzerrten, als römischen Irrtum hingestellten Satze gegenüber
    gepriesen. So wird z.B. in Frage 15 die katholische Lehre vom
    Verdienste Christi, in Frage 20 und 24 die katholische Lehre vom
    Glauben und guten Werken, als evangelischer Glaube entgegen dem
    römisch-katholischen vorgeführt.
    c) Selbst vor ausgesprochenen Fälschungen schrecken die 33 Fragen
    nicht zurück, mögen nun dieselben mit Bewußtsein und gegen besseres
    Wissen, oder unbewußt ausgesprochen werden. An letzteres zu glauben
    würde freilich schwer fallen, wenn man nicht wüßte, wie groß
    manchmal die Voreingenommenheit und die Unwissenheit in katholischen
    Dingen ist. Hieher rechnen wir z.B. Frage 6, die katholische Kirche
    behaupte, das Lesen der Heiligen Schrift sei schädlich, das
    Übersetzen derselben sei schon irgend einmal im allgemeinen verboten
    worden, oder Rom stelle Menschensatzungen über Gottes Wort, die
    Hauptsache im Papsttum sei der Zeremoniendienst, der mit viel
    Aberglaube vermischt sei (S. 14), die Predigt werde in der
    katholischen Kirche gering geschätzt (S. 38).
    Als Zeugen der katholischen Lehre werden vor allem zwei Männer
    angeführt, die zur Zeit des heftigsten Kampfes lebten (Joh. Gerhard,
    gest. 1637 und Chemnitz, gest. 1586); selbst eine Schrift, die schon
    längst als gemeine Fälschung nachgewiesen ist, das sog. Ungarische
    Fluchformular, wird (S. 21. 24) als echte Quelle katholischen
    Aberglaubens vorgestellt. Von Katholiken wird hauptsächlich Hirscher
    (S. 51. 61. 67) genannt, aber nur solche Stellen von ihm werden
    mitgeteilt, in denen dieser Mißbräuche bekämpft, ohne [VI] zu
    erwähnen, wie an denselben Stellen Hirscher mit Nachdruck die
    Wahrheit des katholischen Glaubens betont ("Kirchliche Zustände" S.
    69: Über die Segensfülle der Beicht, und S. 75: Über Gebet und
    heilige Messe für die Verstorbenen). So wird der Glaube erweckt,
    selbst gute Katholiken halten nicht alles fest für wahr, was ihre
    Kirche zu glauben vorstelle. Unwahr ist auch, was über die
    Einführung der sieben heiligen Sakramente im Jahre 1439 (S. 45),
    ebenso unrichtig, was über die Anordnung des Zölibats (S. 54) im 11.
    Jahrhundert oder über das Aufkommen der päpstlichen Gewalt (S. 24)
    gesagt ist.
    Ferner muß man es als ganz verkehrt und irreführend, um nicht mehr
    zu sagen, bezeichnen, wenn behauptet wird, alles was früher einmal
    die Päpste als Rechte in weltlichen Dingen besessen haben,
    beanspruchen sie heute noch (S. 30).
    Ganz verdreht ist endlich die Darstellung, als ob in der
    katholischen Lehre einiges Gute, echt Evangelische, neben viel
    römischem Sauerteig sich finde (S. 13), während bekanntlich alles
    Gute, das in der lutherischen Irrlehre sich findet, aus der
    katholischen Kirche herübergenommen ist.
    d) Andere Stellen machen den Eindruck, als seien sie einzig auf die
    Erweckung von Abscheu und Haß gegen Papst und katholische Kirche
    berechnet. Oder was will es anders bezwecken, wenn gelehrt wird, der
    Papst wolle die Heilige Schrift verschließen, damit das Volk an
    seine Satzungen glaube (S. 23), der Papst könne Christi Anordnung
    ändern (S. 27), Seelen dem Himmel oder der Hölle nach Gutdünken
    übergeben (S. 28), Eide lösen, oder er nötige mit furchtbaren
    Drohungen, Tausende von Christen hinzuschlachten (S. 30), oder er
    warte nur auf die Gelegenheit, auch heute wieder, wie er es früher
    getan habe, mit Qualen, ärger als der Tod, gegen die Ketzer zu
    wüten.
    Dagegen gehalten scheint das, was auf S. 14 von der Praxis Roms
    gegenüber den redlichen Katholiken den [VII] redlichen Konfirmanden
    vorerzählt wird, noch als milderer Blödsinn.
    Natürlich dürfen in einem derartigen Traktätchen auch die
    gewöhnlichen alten Verleumdungen und Entstellungen über Ablaß u.a.
    nicht fehlen. Merkwürdig lange windet sich der Verfasser bei der
    Lehre um den Ablaß herum. Fast will es scheinen, er bringe den
    katholischen Glauben genauer zur Darstellung, als dies gewöhnlich
    geschieht. Doch sind gerade die Fragen 14 und 15 ein Muster seines
    Vorgehens. Er fragt (Fr. 14): Was lehrt Rom über Sündenvergebung?
    Und siehe da, in der Antwort steht kein Wort über die Vergebung der
    Sünden, sondern nur etwas von der Nachlassung der Strafen, wogegen
    in Frage 15 die katholische Lehre als evangelische paradiert. Aber
    auf S. 34 platzt er heraus: "Bald erläßt er (der Ablaß) alle Sünden
    vollkommen!"
    Wir wollen nur noch die gehässige Art erwähnen, in der die 33 Fragen
    von der Leichtigkeit, katholisch zu leben (S. 28. 32), von den
    köstlichen Fastenspeisen (S. 38), den sich bewegenden
    Muttergottesbildern (S. 45), von der Ohrenbeicht als Mittel der
    Herrschsucht und Gelegenheit zur Verführung der Unschuld (S. 50),
    von der Buße gegen Bezahlung (S. 52), von der heiligen Messe als
    Einkommensquelle für Papst und Priester (S. 61), von der Ehe usw.
    sprechen. Auch die Sittenlehre der Jesuiten, die ärger sei als die
    der Heiden und Türken, fehlt nicht (S. 32).
    3. Verlohnt es sich nun der Mühe, ein solches Machwerk wiederlegen
    zu wollen?
    Ist nicht alles, was darüber zu sagen ist, schon hundertmal gesagt
    worden und zwar von Männern großer Gelehrsamkeit, wie Möhler,
    Hirscher, Hettinger, Schanz? Wohl, aber dennoch dürfte es rätlich
    erscheinen, den neuen Angriff mit den alten Waffen zurückzuweisen
    und die alte [VIII] Wahrheit denen stets neu zu sagen, die sie nicht
    kennen und nicht hören wollen und denen, die ohne weiteres Bedenken
    beschließen: "Leute, wie ihr seid, darf es nicht geben" (Tertull.,
    Apol. c. 4) zu zeigen, daß wir immer noch da sind und wissen, wem
    wir glauben und warum wir glauben.
    
    [1] Erster Teil.
    Kurze Antworten auf den I. Abschnitt
    der Stuttgarter Broschüre.
    
    [3] Das Wissenswürdigste
    von den
    sogenannten Unterscheidungslehren der evangelisch-lutherischen und
    der römisch-katholischen Kirche.
    
    Frage 1. Warum nennen wir uns evangelisch-lutherische Christen?
    Antwort. Wir nennen uns evangelische Christen, weil wir der Lehre
    Christi, wie solche in der Heiligen Schrift enthalten ist, anhangen;
    weil aber diese seligmachende Wahrheit nach langer Verborgenheit
    durch den Dienst des seligen Dr. Martin Luther wieder ans Licht
    gebracht wurde, darum nennen wir uns evangelisch - lutherische
    Christen.
    Katholische Antwort. Und wir Katholiken glauben und bekennen, daß
    Jesus Christus, der wahre Sohn Gottes und unser einziger Erlöser und
    Mittler, eine einzige heilige Kirche gestiftet hat, und daß diese
    Stiftung Christi durch alle Zeiten seine seligmachende Wahrheit rein
    und unverfälscht bewahrt hat.
    Wir glauben und bekennen, daß diese Kirche keine andere ist, noch
    sein kann, als die katholische Kirche, die sich als die allzeit
    einige heilige, katholische oder allgemeine und apostolische
    Gemeinschaft derer, die den rechten Glauben an Christus festhalten,
    sicher ausweisen kann.
    Die katholische Kirche hing immer fest am Evangelium. Ohne sie gäbe
    es längst kein Evangelium mehr. Den Namen "evangelische Kirche" aber
    kennt die Welt erst seit dem Jahre 1825.
    [4] "Lutherisch" heißt diese Kirche, weil sie ihr Entstehen dem Dr.
    Martin Luther verdankt; dieser aber hat nicht verschollene
    Wahrheiten wieder ans Licht gebracht, sondern er hat vielfach die
    eigene Meinung an Stelle der alten Wahrheit gesetzt. Er hat nicht
    die Heilige Schrift wieder hervorgezogen, sondern er hat sie nach
    seinem Sinne umgemodelt und ausgelegt und verschiedene Irrtümer
    aufgebracht. Er maßte sich an, die Kirche Gottes zu richten und zu
    reformieren.
    
    Frage 2. War denn das Evangelium lange Zeit verborgen?
    Antwort: Ja, weil die Heilige Schrift lange Zeit fast ganz unbekannt
    war und an Stelle des Wortes Gottes allerhand Satzungen,
    insbesondere aber Irrlehren in den wichtigsten Glaubensartikeln, in
    der Kirche Eingang gefunden hatten. Diese Satzungen und irrigen
    Lehren hält die römisch-katholische Kirche auch heute noch fest.
    Katholische Antwort: Nein, denn Christus hat verheißen: "Ich bin bei
    euch alle Tage bis ans Ende der Welt" (Matth. 28,20) und: "Der Geist
    der Wahrheit wird in Ewigkeit bei euch bleiben" (vgl. Joh. 14,16f.
    und 16,13). Das Evangelium konnte darum nie verborgen sein. Die
    katholische Kirche hat die Lehre Christi nicht nur dem Buchstaben,
    sondern dem Sinn und Geist nach als lebendigmachende Wahrheit (2
    Kor. 3,6) bewahrt. Mit unfehlbarem Urteil hat sie alle Irrlehren,
    die jemals, mit der Schrift in der Hand, dem Geiste Christi
    widersprachen, erkannt und entlarvt. Nie hat eine irrige Lehre
    Eingang in ihr gefunden. Darum ist es Verleumdung, zu sagen, sie
    halte bis heute an Irrtümern fest.
    
    Frage 3. Welches sind die wichtigsten Glaubensartikel, in denen die
    römisch-katholische Kirche irrig lehrt?
    Antwort: Es sind die Glaubensartikel: I. Von der Heiligen Schrift.
    II. Von der Kirche und Kirchengewalt. III. Von der Sündenvergebung.
    IV. Vom Glauben und den guten Werken. V. Von der Verehrung der
    Heiligen. VI. Vom Heiligen Abendmahl.
    [5] Katholische Antwort: Wer in diesen Punkten irrig lehrt, soll
    erst bewiesen werden.
    
    I. Von der Heiligen Schrift.
    
    Frage 4. Wie meinst Du das, daß du sagst: Die römisch-katholische
    Kirche lehre irrig von der Heiligen Schrift?
    Antwort: Sie lehrt irrig erstens darum, weil sie behauptet, daß die
    Heilige Schrift nicht zureiche, uns zu unterweisen zur Seligkeit,
    daß daher hinzukommen müssen die Traditionen oder Überlieferungen,
    das heißt, die kirchlichen Sitten, Bräuche und Satzungen.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche lehrt, daß die Heilige
    Schrift eine Sammlung von Büchern sei, die unter Eingebung des
    Heiligen Geistes geschrieben wurden und darum Gottes Wort enthalten.
    Viele aber, die sich "evangelische" Christen nennen, glauben das
    nicht mehr.
    Wahr ist, daß die katholische Kirche lehrt, die Heilige Schrift
    allein reiche nicht hin, uns zur Seligkeit zu führen. Aber Christus
    wies seine Apostel nicht auf das Bibelverteilen, sondern aufs
    Predigen, und seine Gläubigen nicht aufs Lesen, sondern aufs Hören
    in (Matth. 28,19; Luk. 10,16). Unter der mündlichen Überlieferung
    aber verstehen wir nicht "kirchliche Sitten, Bräuche und Satzungen",
    menschliche Erfindungen, sondern geoffenbarter Wahrheiten, die von
    den Apostel nur mündlich verkündet und von Geschlecht zu Geschlecht
    überliefert wurden.
    Übrigens hat auch der evangelische Christ, der die Heilige Schrift
    zur Hand nimmt, seine mündliche Lehre vorher empfangen, die er zum
    Maßstabe seines Lesens nimmt.
    
    Frage 5. Was lehrt dagegen die evangelische Kirche?
    Antwort: Sie lehrt: "Die Heilige Schrift kann uns unterweisen zur
    Seligkeit; denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur
    Hilfe, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der
    Gerechtigkeit, daß ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem [6]
    guten Werk geschickt" (2 Timoth. 3,15-17). Dagegen sind wir vom
    Worte Gottes nicht an Menschensatzungen, dergleichen jene
    Traditionen sind, gewiesen, sondern davor gewarnt, weil sie auf
    seelengefährliche Abwege führen (Matth. 15,9; Gal. 1,9).
    Katholische Antwort: Was der Heilige Paulus hier an Timotheus
    schreibt, das hält die katholische Kirche vollständig fest. Aber es
    ist in diesen Worten nicht gesagt, die Heilige Schrift ganz allein
    werde jeden beliebigen, der sie lese, sicher zur Seligkeit führen.
    Timotheus selbst hatte ja seinen Glauben an Jesus von der Predigt
    des Apostels, nicht durch Lesung des Alten Testaments; ein Neues
    Testament gab es noch nicht.
    Matth. 15,9 warnt der Herr wohl vor den Satzungen der Pharisäer; von
    den wahren Traditionen der Juden aber gilt Matth. 23,2f. Gal. 1,9
    warnt Paulus vor Irrlehren, aber nicht vor der Lehre der Apostel und
    der Kirche, im Gegenteil, auf diese verweist er gerade die Christen
    den Irrlehrern gegenüber. Ebenso 2 Thessal. 2,14: "Stehet fest,
    Brüder, und haltet an den Überlieferungen, welche ihr erlernt habt,
    sei es durch Wort oder einen Brief von uns." Also sind wir freilich
    nicht an Menschensatzungen gewiesen, sondern allein an Gottes Wort,
    nur steht uns das Wort Gottes gleich hoch, ob es geschrieben ist
    oder nur mündlich übergeben wurde.
    
    Frage 6. Lehrt die römisch-katholische Kirche auch sonst noch irrig
    von der Heiligen Schrift?
    Antwort: Ja, denn sie behauptet zweitens, daß der einfache Christ
    die Heilige Schrift nicht verstehe und daher durch das Lesen
    derselben leicht zu verderblichen Irrtümern verführt werde, daß es
    daher schädlich sei, wenn die Nichtgeistlichen oder Laien das Wort
    Gottes lesen, weswegen die Päpste auch die Übersetzung der Heiligen
    Schrift in die Landessprachen oftmals verboten und solche
    Übersetzungen unterdrückt haben.
    Katholische Antwort: Daß die Heilige Schrift nicht für alle so
    leicht verständlich sei, lehrt sie selbst. Das Alte [7] Testament
    wurde vielfach von den Jüngern Christi nicht recht verstanden (vgl.
    Luk. 24,25, Apg. 8,27-35), ebenso die Worte des Herrn von den
    Zuhörern (Luk. 8,10; Joh. 6,61 u.a.). Das gleiche lehrt die
    Erfahrung, denn in der Tat sind durch ungeregeltes Lesen der
    Heiligen Schrift schon viele zu sehr verderblichen Irrtümern geführt
    worden.
    Niemals jedoch hat die katholische Kirche gelehrt, es sei schädlich,
    wenn Laien das Wort Gottes lesen. Wohl aber hat sie mit großer
    Weisheit Regeln für den segensreichen Gebrauch der Heiligen Schrift
    gegeben. Niemals haben ferner Päpste im allgemeinen die Übersetzung
    der Heiligen Schrift verboten, wohl aber haben sie solche
    Übersetzungen unterdrückt, die geeignet waren, irrige Lehren zu
    unterstützen und zu verbreiten. Dadurch haben sie gerade das Wort
    Gottes vor Verfälschungen geschützt.
    
    Frage 7. Was lehrt dagegen die evangelische Kirche?
    Antwort: Die evangelische Kirche lehrt, daß die Heilige Schrift
    alles, was zu wissen und zu glauben zur Seligkeit nötig sei, in
    einer für den wahrheitssuchenden Bibelleser verständlichen Gestalt
    enthalte, daß daher alle Christen die Heilige Schrift lesen, in
    deren Verständnis wachsen, ihr glauben, nach ihr leben und leiden
    sollen, damit sie einst selig sterben können.
    Katholische Antwort: Wenn die Heilige Schrift die Wahrheit in so
    leicht verständlicher Gestalt enthalten würde, dann müßte offenbar
    auch jeder Leser die gleiche Wahrheit in ihr finden . Dies ist aber
    sogar bei den wichtigsten Glaubenssätzen nicht der Fall. Daß Lesen
    und Betrachen der Heiligen Schrift, besonders der Evangelien, allen,
    die wohl unterrichtet und heilsbegierigen Sinnes sind, sehr nützlich
    und rätlich sei, lehrt auch die katholische Kirche von alters her
    bis jetzt.
    
    Frage 8. Ist denn die Heilige Schrift für jedermann ohne
    Unterschied?
    Antwort: Ja, sie ist ebensowohl da für ungelehrte und gering begabte
    als für gelehrte Leute; denn "das Zeugnis des [8] Herrn ist gewiß
    und macht die Albernen weise" (Psalm 19,8); ebenso für Kinder wie
    für Alte, wie es der Apostel von Timotheus rühmt: "Du weißest die
    Heilige Schrift von Kind auf" (2 Timoth. 3,15); und der 119. Psalm
    sagt: "Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er
    sich hält, Herr, nach deinen Worten."
    Katholische Antwort: Für Ungelehrte und Gelehrte ist in der
    katholische Kirche vollkommen der gleiche Glaube und die gleiche
    Sittenlehre und das gleiche Ansehen der Heiligen Schrift. Dagegen
    finden wir unter Protestanten vielfach ein ganz anderes
    "Christentum" für Gebildete und Ungebildete aus derselben Bibel
    herausgelesen.
    "Das Wort des Herrn" und das "Zeugnis des Herrn" in den Psalmen
    bezieht sich nicht allein auf das geschriebene Wort, und auch wenn
    es sich nur auf dieses beziehen würde, wäre nur gesagt, dasselbe sei
    nützlich, nicht mehr.
    Die Schrift, die Timotheus von Jugend auf kennt, kann nur das Alte
    Testament sein. Sein Verständnis der Schrift in ihrer Beziehung auf
    Christus hatte er aber nur durch mündlichen Unterricht.
    Daß endlich das einfache Bibellesen auf eigene Faust für Kinder wie
    für Alte gleich nützlich sei, glauben auch viele Protestanten,
    besonders Lehrer der Jugend, nicht. Übrigens werden auch die
    katholischen Kinder über die Heilige Schrift, welche die Grundlage
    des ganzen religiösen Unterrichtes bildet, gar wohl unterrichtet.
    
    II. Von der Kirche und Kirchengewalt.
    
    Frage 9. Was ist die Kirche nach katholischer Lehre?
    Antwort: Nur die unter der Herrschaft des römischen Papstes stehende
    sichtbare Gemeinschaft der Christen sei die wahre Kirche, in ihr
    allein könne man selig werden. Ihr Glied sei jeder, der sich
    äußerlich zu ihrem Glauben bekenne und ihren Ordnungen sich
    unterwerfe.
    Katholische Antwort: Wir finden in der Heiligen Schrift, daß
    Christus eine sichtbare Kirche gestiftet und [9] daß er befohlen
    hat, diese zu hören (Joh. 20,21; Matth. 28,18f.). Wir finden ferner
    darin, daß er selbst dieser einen und sichtbaren Kirche ein
    sichtbares Oberhaupt gegeben hat (Matth. 16,18f.; Joh. 21,15-17).
    Darum glauben wir allerdings, daß die Kirche Christi die sichtbare
    Gemeinschaft aller Rechtgläubigen sei, die den Papst zu Rom als ihr
    von Christus gesetztes Oberhaupt anerkennt.
    Niemals aber lehrte die Kirche, wer nur äußerlich zu ihr gehöre,
    werde dadurch allein schon selig. Ein solcher wäre ein totes Glied
    am Leibe und könnte nicht zum Leben eingehen. Sie sagt auch nicht,
    daß alle von der Seligkeit ausgeschlossen seien, welche äußerlich
    nicht zu ihr gehören. Es gibt schuldlos Irrende, die nach bestem
    Wissen Gott dienen, innerlich zur Kirche gehören und so selig werden
    können.
    
    Frage 10. Was ist dagegen die evangelisch-lutherische Lehre von der
    Kirche?
    Antwort: Wir lehren, die wahre Kirche sei die unsichtbare
    Gemeinschaft aller derer, die wahrhaft an Christum glauben, welcher
    äußeren Kirchengemeinschaft sie auch angehören mögen.
    Katholische Antwort: Die Lehre von einer nur unsichtbaren Kirche
    widerstreitet den klaren Worten Christi und der Apostel. Die Heilige
    Schrift hebt neben der unsichtbaren Seite der Kirche stets die
    sichtbare hervor. So nennt der hl. Paulus die Kirche öfters den Leib
    Christi (Ephes. 4). Wie Christus sein Erlösungswerk sichtbar im
    Leibe ausführte, so setzt er es in seiner sichtbaren Kirche fort bis
    ans Ende der Welt.
    
    Frage 11. Ist es aber deshalb gleichgültig, welcher Religion du
    angehörst?
    Antwort: Keineswegs, denn nicht jede sichtbare Kirche bietet ihren
    Gliedern die Mittel, um zu wahrem Glauben und gottgefälligem Leben
    zu gelangen und darin zu wachsen, nämlich das Wort Gottes und die
    Sakramente, unverfälscht dar. Darum danke ich Gott, daß ich zu der
    evangelisch-lutherische Kirche gehöre, in [10] welcher was
    Evangelium von Jesu Christo lauter und rein verkündigt und die
    Sakramente nach der Einsetzung des Heilands verwaltet werden.
    Katholische Antwort: Ganz richtig, es können nicht alle die
    Gemeinschaften, die sich Kirchen nennen, gleichmäßig von Christus
    stammen und zu Christus führen. Aber wie soll man das verstehen: in
    Frage 10 wird die wahre Kirche unsichtbar genannt und hier wird sie
    unter die sichtbaren Kirchen gerechnet? Das ist doch ein offenbarer
    Widerspruch. Eine kecke Behauptung aber ist es, in der
    evangelisch-lutherischen Kirche werde das Evangelium lauter
    verkündet und die Sakramente stiftungsgemäß verwaltet. Nein,
    "evangelische Kirche" ist nur ein Name, der alle die umfassen soll,
    die von der Gemeinschaft der einen Heiligen Kirche, dem Leibe
    Christi, sich getrennt haben und in nichts mehr eins sind, als in
    dieser Trennung. Auf Aussagen und Schriften von Protestanten selbst
    gestützt wagen wir zu sagen: noch nie ist das Evangelium von Jesus
    Christus als wahrem Gottessohn und Welterlöser so verfälscht, noch
    nie die heiligen Sakramente so vermindert und geschwächt worden, wie
    dies innerhalb der verschiedenen Bekenntnisse und Sekten dieser
    "evangelischen" Kirche gegenwärtig geschieht. Die katholische Kirche
    dagegen kann durch ihre Geschichte beweisen, daß sie allein das
    Evangelium Christi treu und unverändert, wie sie es überkommen hat,
    überlieferte und die sieben heiligen Sakramente nach dem Willen des
    Heilandes stets verwaltete.
    
    Frage 12. Was wird katholischerseits von der Kirchengewalt gelehrt?
    Antwort: Daß der Papst die oberste, unbeschränkte Gewalt in der
    Kirche habe, als Nachfolger des Apostels Petrus und Statthalter Jesu
    Christi, ja auch eine Gewalt und Herrschaft über die ganze Welt; "
    dem Papst sei alle Kreatur unterworfen, und ohne diesen Glauben
    keine Seligkeit zu hoffen." Daher sei er in Sachen des Glaubens und
    der Sitten unfehlbar und was er lehre [11] und gebiete, müsse
    unverbrüchlich geglaubt und befolgt werden; desgleichen habe er
    Macht, geschworene Eide aufzulösen, Könige ein- und abzusetzen und
    die Länder der Erde zu verteilen nach seinem Willen, endlich die
    Ungläubigen und Ketzer durch die weltliche Obrigkeit unter seinen
    Gehorsam zu zwingen oder ausrotten zu lassen.
    Katholische Antwort: Wir glauben und bekennen, daß Christus selbst
    (Matth. 16,18) dem hl. Petrus das Amt übertrug, an seiner statt die
    Kirche zu leiten, daß dieses Amt zum Fortbestehen der Kirche selbst
    nötig ist und deshalb auf die Nachfolger Petri rechtmäßig überging.
    Wir glauben ferner, daß das oberste Lehramt der Kirche, die eine
    Säule und Grundfeste der Wahrheit (1 Tim. 3,15) sein soll, unfehlbar
    sein muß (Luk. 22,31f).
    Was der Papst lehrt und gebietet, muß aber nur dann unverbrüchlich
    geglaubt und befolgt werden, wenn er wirklich als oberster Hirt und
    Lehrer der ganzen Kirche in einer Sache, die zu glauben oder zu
    befolgen zum ewigen Heile unumgänglich notwendig ist, eine
    Entscheidung für die ganze Kirche gibt.
    Dagegen maßt sich der Papst keine weltliche Gewalt, noch die
    Herrschaft über die ganze Welt an. Christus sprach: "Prediget aller
    Kreatur; wer glaubt ... wird selig, wer nicht glaubt, wird verdammt
    werden" (Mark. 16,15f.). Damit "hat er alle Kreatur", die selig
    werden will, dem kirchlichen Lehramt unterworfen.
    Daß aber die katholische Kirche deshalb dem Papste die Macht
    zuschreibe, die Länder zu verteilen, Könige abzusetzen usw., das hat
    der Verfasser obiger Antwort sicher in keinem katholischen
    Katechismus gefunden. Solch unwahre Behauptungen sollen nur das
    unwissende protestantische Volk mit Haß und Abscheu gegen uns
    Katholiken und unsern heiligen Vater erfüllen. "Der römische Stuhl
    hat [12] nie gelehrt, daß man den Andersgläubigen die Treue nicht
    halten solle oder daß ein den nicht katholischen Königen geleisteter
    Eid gebrochen werden dürfe, oder daß es dem Papste erlaubt sei, ihre
    weltlichen Rechte und Besitzungen anzutasten" (Kard. Antonelli).
    
    Frage 13. Was lehrt dagegen die evangelische Kirche?
    Antwort: Sie lehrt: Jesus Christus ist das einzige Haupt seiner
    Gemeinde, und sie bedarf keines Statthalters, weil er bis an der
    Welt Ende bei den Seinigen ist mit seinem Wort und Geist, mit seinen
    Sakramenten und Gaben. Wohl hat er ein Predigtamt eingesetzt,
    welches auf Grund der Apostel und Propheten sich selbst und die
    Gemeinde durch das Evangelium erbauen, auch die Leitung der
    äußerlichen Zucht und Ordnung in der Kirche handhaben soll. Das
    Predigtamt aber hat keine Gewalt, Könige ein- und abzusetzen, noch
    zu regieren in dieser Welt, am allerwenigsten aber geschworene Eide
    aufzulösen, Aufruhr zu erregen und die Andersgläubigen mit Feuer und
    Schwert zu verfolgen.
    Katholische Antwort: Ob die Kirche eines Statthalters bedürfe, das
    zu bestimmen, ist Sache Christi und nicht unsere Sache. Er ist
    freilich das einzige unsichtbare Haupt seiner Gemeinde und ist bei
    dieser bis ans Ende mit Wort und Gnade. Um dies zu erreichen, dazu
    hat er gerade ein sichtbares Amt eingesetzt (Joh. 20,21; Matth.
    28,19). Dieses Amt aber ist durchaus nicht das Predigeramt, wie es
    Martin Luther einführte und in das die staatlichen Behörden
    einsetzen, sondern das katholische Lehr-, Priester- und Hirtenamt,
    das in ununterbrochener Reihenfolge bis zu den Aposteln
    hinaufreicht.
    Daß das evangelisch-lutherische Predigtamt keine Gewalt hat, zu
    regieren in dieser Welt usw., noch auch Andersgläubige mit Feuer und
    Schwert zu verfolgen, glauben wir gerne; warum hat es aber dann
    dennoch schon manchmal Andersgläubige grausam verfolgt und verfolgt
    sie vielfach heute noch mit so großem Haß, ja selbst mit Lüge und
    Verleumdung?
    
    [13] III. Von der Sündenvergebung.
    
    Frage 14. Warum sagst du aber, die römisch-katholische Kirche lehre
    irrig von der Vergebung der Sünden?
    Antwort. Sie lehrt, daß die Strafen der Sünden nicht bloß um des
    Verdienstes Christi Willen, sondern auch um der überflüssigen
    Verdienste der Heiligen und um der eigenen toten Werke willen
    erlassen werden. Sie lehrt ferner, daß der Papst Macht habe, das
    Verdienst Christi und der Heiligen auszuteilen und damit zu erlassen
    die Sündenstrafen auf Erden und den Seelen im Fegfeuer.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche lehrt, daß jede, auch
    die kleinste Sünde, nur vergeben werden kann durch die Verdienste
    des Opfertodes Jesu Christi. Sie lehrt, daß in den Getauften durch
    eben diese Verdienste alles Verdammliche und Strafbare getilgt ist.
    Wenn aber jemand nach der Taufe wieder sündigt, so ist ihm die Buße
    als rettendes Brett gegeben. Auch hier bewirken einzig die
    Verdienste Christi den Nachlaß der Sünden. Aber wie die Heilige
    Schrift lehrt, können dem Gerechtfertigten noch zeitliche Strafen
    abzubüßen bleiben (2 Kön. 12,13f.). Während nun die ewige Strafe
    wiederum allein durch des Heilands Verdienste erlassen wird, müssen
    diese zeitlichen Strafen vom Sünder selbst abgebüßt werden. Und da
    es eine Gemeinschaft der Heiligen gibt, können in dieser die
    Verdienste des einen dem andern zugewendet werden. Das tut die
    katholische Kirche im Ablaß (Matth. 16,19).
    Der Papst aber hat nicht die Macht, das Verdienst Christi
    auszuteilen, wem er will, sondern nur, es solchen zuzuwenden, die
    bußfertigen Herzens danach verlangen, und denen Sünde und ewige
    Strafe schon erlassen ist, Nachlaß zeitlicher Strafen zu erteilen.
    Den Seelen im Fegfeuer kann ein Ablaß nur fürbittweise zugewendet
    werden. "Unsere guten Werke nützen nur denen, die im Leben es
    verdient haben, daß es ihnen später nützen könne." (S. Augustinus,
    Enchiridion cap. 110.)
    
    [14] Frage 15. Was lehrt dagegen die evangelische Kirche vom
    Verdienste Christi?
    Antwort: Die evangelische Kirche glaubt, lehrt und bekennt auf dem
    Grund der Heiligen Schrift, daß wir einzig und allein um des
    Verdienstes Christi willen Vergebung der Sünden erlangen: denn
    Jesaias spricht: "Die Strafe lag auf ihm, auf das wir Frieden
    hätten" (Jes. 53,5) und Johannes: "Das Blut Jesu Christi, des Sohnes
    Gottes, macht uns rein von aller Sünde" (1 Joh. 1,7).
    Katholische Antwort: Das ist genau die Lehre der katholischen Kirche
    vom Verdienste Christi. Luther aber hat geleugnet, daß mit der
    Sündenvergebung eine Einigung und Erneuerung des inneren Menschen
    verbunden sei (1 Kor. 6,11).
    
    Frage 16. Was lehrt die evangelische Kirche von den überflüssigen
    Verdiensten der Heiligen?
    Antwort: Daß alle Heiligen Vergebung der Sünden bedurften und durch
    des Lammes Blut selig geworden sind, wie Offenb. Joh. 7,14 zeigt.
    Wer aber nötig hat, daß ihm seine eigenen Schulden bezahlt werden,
    der kann anderer Schulden nicht bezahlen. Davon spricht der Herr
    Jesus zu seinen Jüngern: "Wenn ihr alles getan habt, was euch
    befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte, wir haben
    getan, was wir zu tun schuldig waren" (Luk. 17,10).
    Katholische Antwort: Ganz gewiß sind alle Heiligen durch das Blut
    Christi selig geworden und kein Mensch kann für die Sünde eines
    andern genugtun. Das glauben auch wir Katholiken fest. Aber darum
    schreibt der Heilige Paulus doch (Kol. 1,24): "Ich freue mich, für
    euch leiden zu dürfen und ich ersetze an meinem Fleische, was an den
    Leiden Christi für seinen Leib, der die Kirche ist, noch mangelt."
    Also kann doch ein Christ für den andern leiden und, wenn ihm selbst
    seine Schulden aus unverdienten Gnaden bezahlt sind, von seinem
    geschenkten Überfluß Ärmeren zukommen lassen. Darum fließt doch all
    sein Verdienst aus dem Verdienste Christi, wie jede Kraft der Traube
    aus der Verbindung mit dem Weinstock.
    
    [15] Frage 17. Was ist die katholische Lehre vom Fegfeuer?
    Antwort: Das Fegfeuer sei der Ort, an welchem die im Glauben und in
    der Liebe verstorbenen, aber nicht vollendeten Christen festgehalten
    werden, um in der Pein von jeder Sünde gereinigt zu werden und der
    göttlichen Gerechtigkeit für jede unbezahlte Schuld genug zu tun.
    Diese Lehre, sowie die von dem überschüssigen Verdienst der
    Heiligen, ist benützt worden, um den Ablaßkram darauf zu bauen und
    Macht und Geld zu erwerben von den armen Seelen, die daran glauben.
    Katholische Antwort: Der katholische Glaube an einen Reinigungsort
    ist selbstbegründet auf Vernunft, Heiliger Schrift und der ältesten
    christlichen Überlieferung (2 Makk. 12,40-46). So sagt der Herr von
    Sünden, die "weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben
    werden" (Matth. 12,32). Es muß also Sünden geben, die noch in der
    andern Welt vergeben werden können.
    Daß auf die Lehre vom Fegfeuer der Ablaßkram gebaut sei, um Macht
    und Geld zu erwerben, kann nur als böswillige und gehässige
    Entstellung bezeichnet werden.
    
    Frage 18. Was hält aber unsere Kirche vom Fegfeuer?
    Antwort: Nichts, denn es steht nichts davon in der Bibel, ja diese
    Lehre widerspricht den klaren Worten der Heiligen Schrift. Vgl.
    Offenb. Joh. 14,13.
    Katholische Antwort: Und doch sagte Martin Luther in der Leipziger
    Disputation, es sei gewiß, daß es ein Fegfeuer gebe und wir schuldig
    seien, den armen Seelen zu helfen (Wittenb. Ausg., 7. Teil, s. 7 und
    132). Auch steht in der Bibel, es sei ein heiliger und heilsamer
    Gedanke, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden
    erlöst werden (2 Makk. 12,40.46). Das 14. Kapitel der Geheimen
    Offenbarung Johannis schildert den Zustand der Kirche Gottes und
    ihrer Verfolger am Ende dieser Weltzeit, nicht am Ende jedes
    einzelnen Menschenlebens. Am Tage des Gerichtes aber werden freilich
    die, welche im Herrn gestorben [16] sind, ausruhen von jeder Mühe.
    Somit widerspricht die Stelle Offenbarung 14,13 durchaus nicht der
    katholischen Lehre.
    
    IV. Vom Glauben und den guten Werken.
    
    Frage 19. Was lehrt die römisch-katholische Kirche vom Glauben?
    Antwort: Er sei das Fürwahrhalten dessen, was von Gott geoffenbart
    und verheißen ist, und nicht mehr.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche lehrt vom Glauben: Es
    gibt einen toten Glauben, der Hoffnung und Liebe ausschließt. Diesen
    Glauben haben auch die Teufel (Jak. 2,19). Zur Seligkeit aber genügt
    dieser Glaube durchaus nicht. Der Glaube, der rechtfertigen soll,
    muß sowohl das herzliche Vertrauen als auch besonders die Liebe
    umschließen, aus welcher Reue und Vorsatz hervorgehen.
    
    Frage 20. Was lehrt die evangelische Kirche vom Glauben?
    Antwort: Der Glaube ist nicht allein das Fürwahrhalten der
    Offenbarungen und Verheißungen Gottes, sondern zugleich ein
    herzliches Vertrauen zu Gott, daß er aus Gnaden und um des
    Verdienstes Christi willen sich unserer erbarmen und uns gerecht und
    selig machen wolle, wie St. Paulus schreibt: "So man auch von Herzen
    glaubt, so wird man gerecht" (Röm. 10,10). Auch ist der wahre Glaube
    tätig durch die Liebe (Gal. 5,6) und fruchtbar in guten Werken (Jak.
    2,18).
    Katholische Antwort: Luther lehrt im Gegenteil, zur Rechtfertigung
    und Seligkeit genüge ganz allein der Glaube, d.h. das Vertrauen des
    Sünders, Gott habe ihm vergeben. Ausdrücklich will er Liebe und gute
    Werke vom Glauben ausgeschlossen wissen.
    Was oben steht, ist die katholische Lehre vom Glauben, nur daß die
    katholische Kirche nicht dem Glauben allein, wie Luther, die Kraft
    zuschreibt, gerecht und selig zu machen.
    
    [17] Frage 21. Was lehrt die römische Kirche von guten Werken?
    Antwort: Daß man durch sie Genugtuung leisten könne für die Sünden
    und damit Vergebung derselben und ewiges Leben erwerben.
    Katholische Antwort: Ganz im Gegenteil lehrt das Konzil von Trient,
    wenn jemand sage, daß der Mensch durch seine Werke ohne die
    göttliche Gnade gerechtfertigt werden könne, der sei im Bann (6.
    Sitzung, 1. Kanon).
    Beharrlich lehrt die katholische Kirche Luther gegenüber: Der Mensch
    wird nicht selig durch den Glauben allein, d.h. durch den toten
    Glauben. Aber ebenso beharrlich lehrt sie, der Mensch wird auch
    nicht selig durch die Werke allein, obwohl gute Werke nützlich,
    notwendig und verdienstlich sind. Unzweideutig lehrt die
    Notwendigkeit und Verdienstlichkeit der guten Werke die Heilige
    Schrift fast auf jedem Blatte, besonders Matth. 25 und Jak. 2,24.
    
    Frage 22. Was lehrt die evangelische Kirche von guten Werken?
    Antwort: Sie lehrt, daß selbst im Stande der Gnade, wenn der Mensch
    wahrhaft gute Werke tut, er doch für die Sünden nicht bezahlen und
    die Seligkeit nicht verdienen kann, denn St. Paulus spricht (Eph.
    2,8.9): "Aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben und
    dasselbige nicht aus euch; Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken,
    auf daß sich nicht jemand rühme."
    Katholische Antwort: Am Jüngsten Tage wird der Richter den Himmel
    als Lohn für gute Werke und die Hölle als Strafe für deren
    Unterlassung hinstellen (Matth. 25). Also werden die Heiligen ihre
    Seligkeit doch neben der Gnade des Erlösers ihren Werken verdanken.
    Was Paulus im Epheserbrief schreibt, bezieht sich klar und deutlich
    auf die Werke, welche vor dem Eintritt ins Christentum gewirkt
    wurden, die also noch gar nicht aus dem Glauben hervorgingen.
    
    Frage 23. Welche Werke werden im Papsttum besonders gepriesen als
    gute Werke?
    Antwort: Almosengeben, Fasten, Rosenkranzbeten, Wallfahrten,
    Besuchen gewisser bevorzugter Kirchen, allerhand Büßungen,
    Klostergelübde, Klosterstiftungen und überhaupt Beobachtung der
    kirchlichen Satzungen.
    Katholische Antwort: Dies ist eine armselige Täuschung und
    erbärmliche Fälschung unseres Glaubens. Es ist hier der Schein
    erweckt, als ob wir das Verdienst guter Werke nur in die mechanische
    Verrichtung äußerlicher Handlungen setzten, kirchliche Satzungen
    über Gottes Gebot erheben und uns nicht darum kümmern würden, aus
    welchem Grunde gute Werke geschehen, ob aus Liebe zu Gott, aus dem
    Gefühl der Sündhaftigkeit oder aus Gewohnheit oder gar aus
    Heuchelei.
    Nein, die katholische Kirche lehrt: Was ein Werk gut macht, ist die
    Gnade Gottes, aus der es hervorgeht, es muß also gewirkt sein in der
    Gnade, es muß übereinstimmen mit dem Willen Gottes und muß in
    gottgefälliger Absicht verrichtet sein (Matth. 6,1). Besonders
    gepriesen aber werden im Papsttum, wie in der Heiligen Schrift
    Gebet, Fasten und Almosengeben (Tob. 12,8; Matth. 6), die Haltung
    der Gebote Gottes, die Erfüllung der Standespflichten, Geduld im
    Leiden.
    
    Frage 24. Welche Werke nennt dagegen die evangelische Kirche "gute
    Werke"?
    Antwort: Diejenigen, welche hervorgehen aus der vom Heiligen Geist
    bewirkten Bekehrung des Herzens zu Gott und welche bestehen in
    Erfüllung des göttlichen Gesetzes, wie solches in der Heiligen
    Schrift Alten und Neuen Bundes enthalten ist.
    Katholische Antwort: Das ist wieder gut katholisch geredet. Luther
    aber und seine Anhänger kennen keine wahre, vom Heiligen Geiste
    bewirkte Bekehrung des Herzens zu Gott, halten die Erfüllung des
    göttlichen Gesetzes für unmöglich und gute Werke für unnütz oder
    manche gar für schädlich.
    
    [19] V. Von der Verehrung der Heiligen.
    
    Frage 25. Was wird in der römisch-katholischen Kirche von der
    Verehrung der Heiligen gelehrt?
    Antwort: Es wird gelehrt, man soll die Heiligen anrufen und zu ihrer
    Fürbitte, Hilfe und Beistand seine Zuflucht nehmen, ihre Reliquien
    (Überreste, Gebeine usw.) heilig halten und ihren Bildern die
    gebührende Ehrerbietung erweisen. Dabei werden die römischen
    Katholiken angewiesen, ihr hauptsächliches Zutrauen auf die Mutter
    Jesu zu setzen, welche eine Himmelskönigin und Herrscherin der Welt
    genannt und von welcher gelehrt wird, daß sie nicht wie alle anderen
    Menschen von der Geburt an mit der Erbsünde behaftet sei. Zu dieser
    Himmelskönigin und anderen Verstorbenen, welche die katholische
    Kirche zur Würde von Heiligen erhoben hat, soll man kniefällig
    beten; bei ihren Gebeinen und andern Überresten, ja selbst bei
    wundertätigen Marienbildern und Medaillen soll man Hilfe und Heilung
    suchen.
    Katholische Antwort: 1. Die katholische Kirche lehrt nicht, man
    müsse die Heiligen anrufen, sondern man dürfe es tun und es sei
    recht und heilsam, weil wir, gestützt auf Vernunft und Heilige
    Schrift, glauben, daß die Heiligen sich um ihre Brüder auf Erden
    kümmern (Luk. 15,10) und für sie beten (2 Makk. 15,14). - 2. Auf die
    Mutter Jesu, den wir als göttliche Person anbeten und als einzigen
    Erlöser anrufen, sind wir freilich angewiesen, ein großes Vertrauen
    zu setzen, unser "hauptsächliches Zutrauen" aber setzen wir auf
    ihren göttlichen Sohn. Von Maria als der geliebten Mutter Gottes
    erwarten wir wohl mächtige Fürbitte, unser Heil aber von Jesus
    allein. - 3. Wenn die Apostel Christi im seinem Reiche Herrscher
    sein werden und Richter, ohne die Lehre Christi zu beeinträchtigen,
    so mag man in kindlicher Verehrung wohl auch die Mutter des
    Himmelskönigs einmal Himmelskönigin und Herrscherin nennen. Jeder
    Katholik weiß genau, wie dies gemeint ist. - 4. Das Maria ohne die
    Erbsünde empfangen wurde, ist uns nur die notwendige Folge ihrer
    Stellung im [20] Erlösungsplane. Nie war die gegenteilige Ansicht in
    der Christenheit herrschend. - 5. Die katholische Kirche erhebt
    nicht die Verstorbenen zur Würde von Heiligen, aber sie läßt zu, und
    zwar erst nach strenger Untersuchung, daß eines ihrer Glieder, das
    Gott selbst zur Heiligkeit führte, als heilig verehrt werde. - 6.
    Über die Bilder lehrt das Konzil von Trient, denselben sei die
    gebührende Ehrfurcht zu erweisen, nicht als ob man glaubte, es sei
    im ihnen etwas Göttliches oder auf die Bilder sollen wir unser
    Vertrauen setzen, sondern so, daß wir durch die Bilder Christus
    anbeten und die Heiligen verehren (25. Sitzung).
    
    Frage 26. Was lehrt dagegen die evangelische Kirche von den
    Heiligen?
    Antwort: Der Heiligen und wahrhaft Frommen Gedächtnis, insbesondere
    das der Mutter unseres Heilandes soll man in Ehren halten, ihr Ende
    anschauen und ihrem Glauben nachfolgen. Aber nirgends werden wir von
    der Heiligen Schrift angewiesen, an verstorbene Heilige uns mit
    irgend einer Bitte zu wenden, sondern vielmehr an den einzigen
    Mittler zwischen Gott und den Menschen (1 Tim. 2,3), Jesum Christum,
    der uns auch hört und denen, die ihn ernstlich anrufen, verheißen
    hat: "Wer zu mir kommt, gehen will ich nicht hinausstoßen" (Joh.
    6,37).
    Katholische Antwort: Was hier im ersten Satz gesagt ist, das tun wir
    Katholiken. Wenn wir dazu noch die Heiligen um ihre Fürbitte
    anrufen, so tun wir das im Vertrauen auf das Wort der Heiligen
    Schrift, daß "viel vermag das beharrlich Gebiet des Gerechten" (Jak.
    5,16). So wenig der hl. Paulus Christus als den einzigen Mittler
    verleugnete, als er seine Mitchristen zum Gebete für sich
    aufforderte (z.B. 1 Thess. 5,25), so wenig tut dies der, welcher an
    die Fürbitte Heiliger sich wendet. Er setzt nicht die Allmacht und
    Güte Gottes, wohl aber in seine eigene Würdigkeit Mißtrauen.
     
    [21] VI. Vom heiligen Abendmahl.
    
    Frage 27. Wie unterscheidet sich die evangelische Kirche von der
    römischen in der Lehre vom heiligen Abendmahl?
    Antwort: Es finden hier drei wichtige Unterschiede statt; denn wir
    verwerfen die päpstlichen Lehren: 1) von der sogenannten Wandlung,
    2) vom Meßopfer, 3) von der Kelchentziehung.
    Katholische Antwort: Es sind nicht bloß "päpstliche Lehren", die ihr
    verwerfet, sondern die klare Lehre Christi selbst, an der das ganze
    christliche Altertum bis zu Zeit der sog. Reformatoren festgehalten
    hat. Diese Reformatoren haben vielmehr ihre menschlichen Ansichten
    und Lehren, die sich vielfach widersprechen, anstelle des
    überlieferten Gotteswortes gesetzt. Also darin besteht der
    Unterschied, daß die katholische Kirche sich einfach an das klare
    Wort Jesu hält: "Dies ist mein Leib", während die Protestanten an
    diesem Worte deuteln und künsteln.
    
    Frage 28. Was lehrt die römische Kirche von der Wandlung?
    Antwort: Sie lehrt, daß mittels der Weihung der Hostie und des
    Abendmahlskelches durch den Priester Brot und Wein im heiligen
    Abendmahl in den Leib und das Blut Jesu Christi verwandelt werden,
    so daß nichts übrig bleibe als Scheingestalten, was man
    Transsubstantiation, d.h. Wandlung nennt. Darum wird die geweihte
    Hostie aufbewahrt und göttlich verehrt.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche glaubt einfach dem Worte
    des Herrn "Dies ist mein Leib". Sie glaubt, daß Christus durch sein
    allmächtiges Wort das Brot in seinen heiligen Leib und ebenso den
    Wein in sein heiliges Blut vollkommen verwandelt und seinen Aposteln
    die Gewalt verliehen habe, dasselbe zu tun. Darum bezieht sich die
    Anbetung des allerheiligsten Sakraments gewiß nicht auf Brot,
    sondern einzig auf den unter Brotsgestalt wahrhaft, wirklich und
    wesentlich gegenwärtigen Christus.
    
    Frage 29. Was lehrt die evangelische Kirche dagegen?
    Antwort: Mit Brot und Wein esse und trinke ich im heiligen Abendmahl
    den wahren Leib und das wahrhaftige Blut [22] Jesu Christi, wie
    Paulus sagt (1 Kor. 10,16). Es ist also Brot und Wein im heiligen
    Abendmahl kein Scheinwesen und Sinnenbetrug, sondern es sind
    wahrhafte, sichtbare Zeichen, womit uns die unsichtbare Gabe des
    Leibes und Blutes Jesu geschenkt und dargereicht wird. Wenn wir
    dieselbe mit bußfertigem und gläubigem Herzen empfange, so haben wir
    damit Vergebung der Sünden und ewiges Leben (Matth. 26,28; Joh.
    6,51.54).
    Katholische Antwort: Da Christus nicht sagte: Dieses Brot ist mein
    Leib, so können wir auch nicht glauben, daß das, was er nach den
    Worten "Dies ist mein Leib" in Händen hatte, noch Brot war, sondern
    wahrhaft sein Leib unter der Gestalt des Brotes. Die Deutung Luthers
    ist gegen den Wortlaut der heiligen Schrift und gegen den Glauben
    der ganzen Christenheit vor ihm.
    Auch der Ausspruch des hl. Paulus im ersten Korintherbrief kann
    nicht anders ausgelegt werden, als die ersten 15 Jahrhunderte der
    Kirche ihn übereinstimmend auffaßten. Er nennt nicht den Wein,
    sondern den Kelch "die Mitteilung des Blutes Christi". Und wenn er
    sagt, das Brot, das wir breche, sei die Teilnahme am Leibe des
    Herrn, so ist dies soviel als die Speise, die wir genießen, ohne daß
    damit gesagt wäre, das Wesen des Brotes sei geblieben. So nennt auch
    die katholisch Kirche das allerheiligste Sakrament Himmelsbrot.
    
    Frage 30. Was lehrt die römische Kirche vom Meßopfer?
    Antwort: Sie lehrt: Wenn die Priester die Verwandlung des Brotes und
    Weines in den Leib und das Blut des Herrn durch ihre Weihung
    vollzogen haben, so können sie diese Gott täglich als
    Versöhnungsopfer opfern und damit erwerben Vergebung der Sünden für
    die Lebenden und für die Seelen im angeblichen Fegfeuer.
    Katholische Antwort: Nein, wir lehren nicht, der Priester könne das
    verwandelte Brot Gott opfern, sondern: Was der Priester am Altare
    vornimmt, ist ein und dieselbe [23] heilige Handlung, die Christus
    im Abendmahlssaale verrichtete und anordnete, zugleich Wandlung und
    Opfer und Zubereitung der Seelenspeise.
    
    Frage 31. Was ist dagegen evangelische Lehre?
    Antwort: Wir lesen im Neuen Bunde zwar von Opfern des Dankes, welche
    alle Christen, als ein priesterliches Geschlecht, Gott darbringen
    sollen; aber wir lesen nur von Einem Versöhnungsopfer, das der Herr
    Jesus durch seinen blutigen Tod am Kreuze (Hebr. 9, 28) dargebracht
    hat. Dies Eine Opfer gilt ewig (Hebr. 10,10-14), daher bedarf es
    keines andern Opfers, und mit diesem Einen Opfer hat er in Ewigkeit
    vollendet, die geheiligt werden (Hebr. 10,14). Daher können wir
    nicht zugeben, daß eine andere Opferhandlung in der Kirche gehalten
    werde.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche hat kein anderes und
    neues Opfer neben dem Einen Versöhnungsopfer Christi eingesetzt,
    sondern sie setzt, dem Auftrage Christi folgend, von den Zeiten der
    Apostel das ganze Werk Christ fort. Zu diesem Werke gehört auch das
    Opfer. So lesen wir, daß auch die Kirche des Neuen Bundes ihren
    Opferaltar habe (Hebr. 13, 14).
    Ob Luther und seine Anhänger, die das heilige Meßopfer abschafften,
    es zugeben oder nicht, die katholische Kirche feiert es, weil und
    wie Christus es ihr übergab (z.B. Luk. 22,19).
    
    Frage 32. Was lehrt die römische Kirche von der Austeilung des
    gesegneten Kelches?
    Antwort: Daß zwar der das Abendmahl spendende Geistliche, aber
    keineswegs auch die Gemeindemitglieder den gesegneten Kelch genießen
    sollen.
    Katholische Antwort: Die katholische Kirche lehrt nur, die
    Gemeindemitglieder und die Priester, wenn sie nicht das heilige
    Opfer darbringen, seien durch kein göttliches Gebot verpflichtet,
    unter beiden Gestalten zu kommunizieren. Ebenso lehrt sie, da auch
    unter Einer Gestalt Christus ganz und ungeteilt zugegen sei, werde
    der, welcher nur Eine [24] Gestalt empfange, keiner zum Heile
    notwendigen Gnade beraubt.
    Die Anordnung, unter der Gestalt des Brotes allein die heilige
    Kommunion zu spenden, wurde von der katholischen Kirche nur aus
    praktischen Gründen gegeben und kann wieder aufgehoben werden, wenn
    nur der Glauben an die wahre Gegenwart Christi unverändert bleibt.
    
    Frage 33. Was lehrt die evangelische Kirche dagegen?
    Antwort: Der Herr Jesus Christus hat beim heiligen Abendmahl zu
    seinen Jüngern gesprochen: Trinket alle daraus, daher wir bei seiner
    Einsetzung bleiben sollen, weil wir nur alsdann glauben dürfen, den
    vollen Segen dieses heiligen Mahles zu empfangen. Auch haböen die
    ersten Christen und dann die ganze Christenheit den gesegneten Kelch
    im heiligen Abendmahl empfangen, bis nach allerlei Kämpfen die
    päpstliche Gewalt ihn allen katholischen Laien entrissen hat.
    Katholische Antwort: Die Worte Jesu sind nur zu den Aposteln
    gesprochen. Die gnadenvolle Wirkung des heiligen Sakraments hat der
    Heiland selbst (Joh. 6) und der hl. Paulus (1 Kor. 11,27) auch dem
    "Essen" des Leibes des Herrn allein zugeschrieben.
    Die ersten Christen haben wohl den gesegneten Kelch empfangen, doch
    glaubten sie nie, nur mit ihm den vollen Segen des heiligen Mahles
    zu genießen. Allerlei Kämpfe aber erhoben sich, nicht weil die
    Katholiken sich etwa gewehrt hätten, sich den Kelch durch die
    päpstliche Gewalt entreißen zu lassen, sondern diese Kämpfe gingen
    von solchen aus, welche die Vorenthaltung des Kelches zum Vorwand
    für ihre Auflehnung gegen die Kirche überhaupt nahmen.