19.02.2021 Nationalsozialismus und Rassenhygiene
      Predigt 21.02.2021 - 1. Fastensonntag
        
    
    »Im Frühjahr 1933 ersuchte die deutsche Regierung den Heiligen Stuhl
    um den Abschluss eines Konkordats mit dem Reich. Der Gedanke fand
    die Zustimmung auch des Episkopats und wenigstens des größeren
    Teiles der deutschen Katholiken. Tatsächlich schienen weder die mit
    einzelnen Ländern bereits abgeschlossenen Sonderkonkordate noch die
    Weimarer Verfassung ihnen genügend Sicherung und Gewähr zu bieten
    für die Achtung ihre, Überzeugungen, ihres Glaubens, ihrer Rechte
    und ihrer Betätigungsfreiheit. ... Tatsächlich hat sich der Kampf
    gegen die Kirche immer mehr verschärft: Zerstörung der katholischen
    Organisationen, fortschreitende Auflösung der blühenden öffentlichen
    und privaten katholischen Schulen, gewaltsame Trennung der Jugend
    von Familie und Kirche, Vergewaltigung der Gewissen der
    Staatsbürger, besonders der Beamten, systematische Verleumdung der
    Kirche, des Klerus, der Gläubigen, ihrer Einrichtungen, ihrer Lehre,
    ihrer Geschichte durch eine verschlagene und straff aufgebaute
    Propaganda, Schließung, Aufhebung, Einziehung von Ordenshäusern und
    anderen christlichen Instituten, Vernichtung der katholischen Presse
    und Buchproduktion. ... Als dann aber alle Versuche gütlicher
    Vermittlung erfolglos blieben und er sich mit voller Klarheit
    überlegten Verletzungen eines feierlichen Vertrags sowie einer
    schleichenden oder offenen, aber stets hartnäckig geführten
    religiösen Verfolgung gegenüber sah, enthüllte [Papst Pius XI.] am
    Passionssonntag 1937 in seiner Enzyklika "Mit brennender Sorge" vor
    aller Welt, was der Nationalsozialismus in Wirklichkeit war: der
    hochmütige Abfall von Jesus Christus, die Verneinung seiner Lehre
    und seines Erlösungswerks, der Kult der Gewalt, die Vergötzung von
    Rasse und Blut, die Unterdrückung der menschlichen Freiheit und
    Würde. ... Viele - auch außerhalb Deutschlands -, die bis dahin vor
    der Unverträglichkeit der nationalsozialistischen Weltanschauung mit
    der christlichen Lehre die Augen geschlossen hatten, mussten jetzt
    ihren Irrtum erkennen und bekennen.  Viele, aber nicht alle!
    Andere, selbst in den Reihen der Gläubigen, waren zu sehr durch
    Vorurteile verblendet oder durch die Hoffnung auf politische
    Vorteile verführt. Die von Unserem Vorgänger aufgezeigte
    Augenscheinlichkeit der Tatsachen vermochte sie nicht zu überzeugen
    und noch weniger sie zu einen anderen Haltung zu bringen. ... "Wer
    die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die
    Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher
    Gemeinschaftsgestaltung ... zur höchsten Norm aller, auch der
    religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der
    verkehrt und fälscht die gottgeschliffene und gottbefohlene Ordnung
    der Dinge". In diesem Satz der Enzyklika gipfelt der aufs letzte
    gehende Widerstreit zwischen dem nationalsozialistischen Staat und
    der katholischen Kirche.« Dies sagte Papst Pius XII. in einer
    Ansprache am 2. Juni 1945.
    Das Deutsche Historische Museum veröffentlichte 2016 einen Text "Die
    NS-Rassenpolitik". Darin heißt es: »Ziel der Rassenhygiene oder
    Eugenik war die Entwicklung gesunder Erbanlagen zur genetischen
    Verbesserung der "eigenen Rasse". Zur sogenannten positiven Eugenik
    gehörte die Förderung der Geburtenrate von "Erbgesunden" und
    "Tüchtigen", zu den Maßnahmen der "negativen Eugenik" die
    Geburtenverhütung bei Erbkranken, um ihren Anteil in der Bevölkerung
    zu reduzieren. ... Um Rassennachweise zu erstellen, machten sich
    Ärzte und Eugeniker mit einem umfangreichen Instrumentarium von
    Schädelvermessungsgeräten (Kraniometern) und Bestimmungstafeln
    daran, ihre ideologisch bedingte Einstufung von Wertigkeiten der
    verschiedenen Rassen - wie auch einzelner Menschen - durch zahllose
    Untersuchungsreihen zu belegen. ...  Schmuckblätter wie "Die 12
    Gebote zur Rassereinhaltung" erinnerten an die biblischen Zehn
    Gebote und überhöhten die NS-Rassenideologie ins Religiöse. Die
    Reinhaltung der Rasse wurde als Sache der "Ehre" und als Opfer für
    die "Ewigkeit" dargestellt. ... Mit den anthropologischen,
    genetischen und eugenischen Forschungen der "Rassenhygieniker" wurde
    ab 1939 der als "Euthanasie" bezeichnete Mord an den Menschen
    gerechtfertigt, deren Leben nach NS-Ideologie "nicht lebenswert"
    war.«
    Hygiene - das klingt doch gut! Gesundheit - das klingt doch gut!
    Reinhaltung - das klingt doch gut! Darf man dann noch die
    Schutzmaßnahmen zur Volksgesundheit kritisieren? Darf man Maßnahmen
    kritisieren, die zur Ausrottung von Kranken im Volk vorgeschrieben
    sind? Hatte die Kirche mit ihrem Protest gegen den
    Nationalsozialismus Recht? War es nicht das gute Recht, war es nicht
    die äußerst strenge Pflicht des Nationalsozialismus, alles Kranke
    aus der Gesellschaft auszusondern, in Lagern zu konzentrieren, eine
    Null-Toleranz für jede angebliche Bedrohung des reinen Blutes
    durchzusetzen? Muss man für die Reinhaltung des Blutes nicht auch
    über Leichen von Unschuldigen gehen? Müssen die Zehn Gebote nicht
    abgeschafft werden, müssen sie nicht ersetzt werden durch "Die 12
    Gebote zur Rassereinhaltung". Wenn nur noch ein gesundes Volk, nur
    noch ein starkes Volk geduldet wird, dann wird das Besuchen von
    Kranken kaum noch als tugendhaft gewertet, sondern vielmehr als ein
    Verbrechen. Und man bedenke die eifrige Arbeit der Ärzte zur
    "Einstufung von Wertigkeiten der verschiedenen Rassen".
    Ausgeklügelte Werkzeuge wurden entwickelt, endlose Vermessungen
    wurden durchgeführt, gigantische Tabellen wurden erstellt. Wer
    dürfte bei so viel Wissenschaft, bei so viel Forschung, bei soviel
    Ernst und Eifer von so vielen Ärzten, von so vielen Professoren noch
    zweifeln an der Berechtigung, an der Notwendigkeit der
    Schutzmaßnahmen zur Rassenhygiene, zur Volksgesundheit, zur Reinheit
    des Blutes?
    Man muss sich also entscheiden: Will man tatsächlich eine Hygiene,
    die in ihrem ganzen Fundament und in ihrem ganzen Wesen gerichtet
    ist gegen die göttliche Schöpfungsordnung? Will man eine Hygiene,
    die in Wahrheit zutiefst krank ist, die in Wahrheit zutiefst krank
    macht, die in Wahrheit nur abzielt auf Vernichtung und Tod des
    wirklichen menschlichen Lebens, auf Zerstörung der menschlichen
    Freiheit und Würde? Will man eine Hygiene, die in Wahrheit radikal
    gegen Gott rebelliert, gegen den wahren Herrn über Leben und Tod?
    Will man die Lüge, dass der Mensch sich niemals verantworten muss
    vor Gott, dem Richter der Welt?
    Wollen wir Ärzte, die das Leben schützen? Oder wollen wir Ärzte, die
    eine menschenfeindliche, gottfeindliche Ideologie betreiben? Sind
    Ärzte denn unfehlbar? Haben Ärzte mit ihren Diagnosen, mit ihren
    Therapien immer Recht? Können Ärzte denn niemals lügen? Können Ärzte
    niemals etwas behaupten oder durchführen, was sie als objektiv
    falsch erkannt haben? Können Ärzte niemals moralisch schlecht sein?
    Dürfen wir Ärzte niemals infragestellen? Und nehmen wir einmal an,
    Ärzte würden einander widersprechen - dürfen wir dann selbst darüber
    nachdenken, wem wir glauben und wem nicht? Oder müssen wir uns
    vielleicht sogar darum bemühen, in der jeweiligen Streitfrage uns
    ein eigenes Urteil zu bilden? Ist das, was die Mehrheit sagt, immer
    die Wahrheit? Ist das, was die Regierung mit Verweis auf
    irgendwelche Ärzte sagt, immer die Wahrheit?
    Wozu sind wir auf Erden? Um Gott zu dienen und um das ewige Leben zu
    erlangen. Sollen wird diese Verpflichtung, sollen wir die absolute
    Wahrheit aufgeben zugunsten der Rassenhygiene, der Volksgesundheit,
    der Reinheit des Blutes? Sollen wir dem Schöpfer des Weltalls die
    schuldige Verehrung verweigern zugunsten von Rassenhygiene, von
    Volksgesundheit, von Reinheit des Blutes? Wollen wir "die Vergötzung
    von Rasse und Blut, die Unterdrückung der menschlichen Freiheit und
    Würde"? Wie immer wir uns entscheiden: Jeder einzelne von uns wird
    sich absolut unausweichlich verantworten müssen vor dem Richterthron
    Gottes. Amen.