31.08.2014: Anteile der verschiedenen Makronährstoffe bei der Energiebilanz
"Bis heute empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung allen
Bundesbürgern ab drei Jahren weniger Fett, vor allem weniger
gesättigte Fette und dafür reichlich Kohlenhydrate zu essen, um
gesund zu bleiben und sich vor Übergewicht und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen. Zuletzt hat die
Gesellschaft diesen Ratschlag im November vergangenen Jahres in
ihren aktualisierten „10 Regeln“ erneuert, obwohl da längst klar
war, dass er überholt, ja falsch ist. Die Aufforderung, weniger
(gesättigte) Fette zu essen und sie womöglich durch Kohlenhydrate zu
ersetzen, widerspricht sämtlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen
der letzten Jahrzehnte" (Fett im Essen - Gesünder als sein Ruf,
saarbruecker-zeitung.de, 20.07.2014).
Dazu gab die DGE auf Anfrage folgende Stellungnahme ab: »Die "10
Regeln" der DGE sind auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse
erarbeitet worden. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft publiziert
die DGE nur fachlich fundierte Informationen. In den Medien werden
teilweise anderslautende Empfehlungen veröffentlicht, die jedoch
einer seriösen Grundlage entbehren und nach denen man sich nicht
richten sollte.«
Also: Die DGE behauptet zwar "Wissenschaftlichkeit", erklärt hier
aber mit keiner Silbe, weswegen ihre eigenen Aussagen richtig resp.
anderslautende Aussagen falsch sein sollen. S. zudem die
"DGE-Position Richtwerte für die Energiezufuhr aus Kohlenhydraten
und Fett", Januar 2011: "Von Expertengruppen der DGE wurden für Fett
und Kohlenhydrate evidenzbasierte Leitlinien zur Prävention
ernährungsmitbedingter chronischer Krankheiten erarbeitet. [...] Aus
den beiden Leitlinien lassen sich keine evidenzbasierten
Begründungen für optimale Energieanteile der energieliefernden
Nährstoffe für die Krankheitsprävention ableiten. [...] Da für Fett
und Kohlenhydrate kein durchschnittlicher Bedarf ermittelt werden
kann, werden in den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr
für Fett und Kohlenhydrate Richtwerte als Orientierungshilfen
angegeben."
Also: Die "wissenschaftliche fachlich fundierte seriöse
Wissenschaftlichkeit" erschöpft sich darin, dass es *keine*
"evidenzbasierten Begründungen" bzgl. Nahrungsanteilen von
Kohlenhydraten und Fett gibt. Kurzum: Letztlich muss jeder selbst
herausfinden, welche Ernährung für ihn am besten ist.
Dazu einige Anmerkungen:
1. Viele Ernährungsempfehlungen haben schlichtweg keinerlei
"evidenzbasierte Begründungen", sondern sind unzulässige
Verallgemeinerungen und Verabsolutierungen. Z.B. die Tatsache, dass
bei manchen Menschen Unverträglichkeiten und Allergien bzgl.
bestimmter Stoffe (Gluten, Laktose etc.) bestehen, ist objektiv kein
Beweis, dass Gluten, Laktose etc. zwangsläufig für jeden Menschen
schädlich sind. Erst recht ist Vegetarismus und insbesondere
Veganismus, wo Mangel-Ernährungen besonders häufig vorkommen, eher
auf Ideologie als auf Wissenschaft gestützt.
2. Hinsichtlich Eiweiß sind bestimmte Aminosäuren für den Körper
essentiell, d.h. sie müssen unbedingt dem Körper ausreichend
zugefügt werden. Um einerseits einen Eiweißmangel auszuschließen,
anderseits aber die Nieren nicht zu überlasten, bietet sich ein
Richtwert von 1g Eiweiß pro Kilogramm/Körpergewicht (KK) an. Manche
Bodybuilder nehmen zwar erheblich mehr als 2g/KK ein, der Nutzen
erscheint aber fraglich.
3. Kohlenhydrate sind nicht essentiell. Werden sie in zu geringen
Mengen ("Low-carb") zugeführt, bildet der Organismus vermehrt
Ketonkörper (Ketose). Diese ketogene Ernährung, zu deren
bekanntesten Vertretern der oft namensgebende Robert Atkins zählt,
ist aber nicht unumstritten. Sogar bei atkins-diaetplan.de steht:
"Sie dürfen während der Schwangerschaft oder dem Stillen nicht in
Ketose sein, da sich das negativ auf die Entwicklung des Kindes
auswirken kann." 1g/KK sollte zur Verhinderung der Ketose als
Minimum gelten. Allerdings sollte Zucker weitgehend gemieden werden,
da er nur reine Energie ist, also nur "leere Kalorien" ohne Vitamine
und Mineralstoffe liefert. Statt zu sättigen, verursacht Zucker
vielmehr ein Verlangen nach noch mehr Kalorien. Dagegen sind
komplexe Kohlenhydrate aus Gemüse und Vollkorn zu bevorzugen.
4. Gegen den Cholesterinmythus kann jeder problemlos seine
Cholesterinwerte z.B. in einer Apotheke messen lassen und so
überprüfen, ob ein hoher regelmäßiger Konsum von "Cholesterinbomben"
wie Eier, Butter, Sahne etc. den Cholesterinspiegel erhöht,
unverändert lässt oder senkt.
5. Bestimmte mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind essentiell. Aber
auch nicht-essentielle gesättigte und einfach ungesättigte
Fettsäuren haben viele Vorteile, darunter den langanhaltenden
Sättigungseffekt. Die generelle Empfehlung einer fettarmen Ernährung
ist also tatsächlich unsinnig und ggf. schädlich. Eine tägliche
Fettzufuhr um die 2g/KK kann für viele empfehlenswert sein.
Angesichts der unterschiedlichen Energiedichte (Eiweiß 4kcal/g;
Kohlenhydrate 4kcal/g; Fett 9kcal/g) ist ein Fett-Kalorienanteil von
über 50% durchaus möglich. Gute Fettquellen neben Eiern und Butter
sind Walnüsse, Mandeln, Kakaobruch, Kokos sowie mind. einmal pro
Woche fetter Fisch wie Lachs, Makrele, Hering.
6. "Diät" sollte nicht als zeitlich begrenzte Kasteiung, sondern als
praktisch permanente Ernährungsweise verstanden und eingehalten
werden. Eine radikale Kalorienreduktion führt normalerweise bereits
an sich zu Leistungsabfall. Der Körper verliert dabei auch nicht
unbedingt viel Fett, sondern eher Wasser und Muskeln - also
vornehmlich das, was er besonders braucht. Wenn dann auch noch die
essentiellen Makronährstoffe (Fettsäuren und Aminosäuren) und
Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralien) nur unzureichend zugeführt
werden, sind erhebliche Schwierigkeiten vorprogrammiert. Und wenn
man nach dieser vermeintlichen "Diät", d.h. nach dieser unsinnigen
rücksichtslosen, ggf. gefährlichen Selbstschädigung, dann zu
derselben Ernährung wechselt, die zum Übergewicht geführt hat, dann
hat man die verlorenen Pfunde schnell wieder zugenommen. Man sollte
also dem Körper grundsätzlich immer soviel Energie zuführen, wie es
zumindest für den Grundumsatz, normalerweise auch zusammen mit dem
Leistungsumsatz (ergo: Gesamtenergieumsatz), angeraten ist, s.
Mifflin-St.Jeor-Formel oder Harris-Benedict-Formel. Zur
Berechnungsgrundlage dieses Kalorienbedarfs empfiehlt sich das
jeweilige "Idealgewicht", z.B. nach der Lorentz-Formel oder ein BMI
von 22,5. Doch auch hier gilt: Letztlich muss jeder selbst
herausfinden, welches Gewicht für ihn am besten ist. Das
Gesamterscheinungsbild mit Fettverteilung und Muskulatur ist
letztlich ausschlaggebend.