25.09.2022 - Don Quijote im Kampf gegen Windmühlen
Predigt 02.10.2022 - 17. Sonntag nach Pfingsten
"Indem bekamen sie dreißig oder vierzig Windmühlen zu Gesicht, wie
sie in dieser Gegend sich finden; und sobald Don Quijote sie
erblickte, sprach er zu seinem Knappen: »Jetzt leitet das Glück
unsere Angelegenheiten besser, als wir es nur immer zu wünschen
vermöchten; denn dort siehst du, Freund Pansa, wie dreißig Riesen
oder noch etliche mehr zum Vorschein kommen; mit denen denke ich
einen Kampf zu fechten und ihnen allen das Leben zu nehmen. Mit
ihrer Beute machen wir den Anfang, uns zu bereichern; denn das ist
ein redlicher Krieg, und es geschieht Gott ein großer Dienst
damit, so böses Gezücht vom Angesicht der Erde wegzufegen.« »Was
für Riesen?« versetzte Sancho Pansa. »Jene, die du dort siehst«,
antwortete sein Herr, »die mit den langen Armen, die bei manchen
wohl an die zwei Meilen lang sind.« »Bedenket doch, Herr Ritter«,
entgegnete Sancho, »die dort sich zeigen, sind keine Riesen,
sondern Windmühlen, und was Euch bei ihnen wie Arme vorkommt, das
sind die Flügel, die, vom Winde umgetrieben, den Mühlstein in
Bewegung setzen.« »Wohl ist's ersichtlich«, versetzte Don Quijote,
»daß du in Sachen der Abenteuer nicht kundig bist; es sind Riesen,
und wenn du Furcht hast, mach dich fort von hier und verrichte
dein Gebet, während ich zu einem grimmen und ungleichen Kampf mit
ihnen schreite.« So schreibt Miguel de Cervantes im Roman "Der
sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha". Cervantes
präsentiert den Titelhelden: "Man muß nun wissen, daß dieser
obbesagte Junker alle Stunden, wo er müßig war - und es waren dies
die meisten des Jahres -, sich, dem Lesen von Ritterbüchern
hingab, mit so viel Neigung und Vergnügen, daß er fast ganz und
gar die Übung der Jagd und selbst die Verwaltung seines Vermögens
vergaß. ... Die Phantasie füllte sich ihm mit allem an, was er in
den Büchern las, so mit Verzauberungen wie mit Kämpfen,
Waffengängen, Herausforderungen, Wunden, süßem Gekose,
Liebschaften, Seestürmen und unmöglichen Narreteien ... Zuletzt,
da es mit seinem Verstand völlig zu Ende gegangen, verfiel er auf
den seltsamsten Gedanken, auf den jemals in der Welt ein Narr
verfallen; nämlich es deuchte ihm angemessen und notwendig, sowohl
zur Mehrung seiner Ehre als auch zum Dienste des Gemeinwesens,
sich zum fahrenden Ritter zu machen und durch die ganze Welt mit
Roß und Waffen zu ziehen, um Abenteuer zu suchen". Also: Jemand
verbringt bzw. verschwendet unzählige Stunden seines Lebens mit
Erzählungen, mit Narrativen. Jemand steigert sich hinein in wirre
Geschichten, in eine Traumwelt. Jemand hat sich kritiklos
infizieren lassen mit dem, was offenkundig nicht der Realität
entspricht, und nun will er die Realität nicht mehr wahrnehmen. Er
weigert sich, auf die Stimme der Vernunft zu hören, weil ein
sachlicher Betrachter der Realität "in Sachen der Abenteuer nicht
kundig" ist. Wer zur Vernunft mahnt, der wird angegriffen und
verurteilt: Mach dich fort von hier. Aber war das Fehlurteil des
Don Quijote überhaupt vermeidbar? Nicht jeder Mensch hat immer die
beste Sehkraft. Angenommen, die Windmühlen sähen von ihrem Aufbau
her Menschen sehr ähnlich, und weil sie nun einmal erheblich
größer als Menschen sind, hält man sie für Riesen. Selbst dann
wäre es noch immer nicht logisch, sie als "böses Gezücht", sie als
eine Gefahr zu werten, geschweige denn zu bekämpfen. Denn in der
Natur gibt es bekanntlich sehr große Lebewesen, die trotzdem keine
Bedrohung sind. Don Quijote mag zwar Riesen sehen, aber er sieht
definitiv keine Leichenberge rings um diese Riesen. Er sieht kein
einziges Opfer dieser Riesen. Er hat keine Informationen darüber,
dass die Intensivstationen in den Krankenhäusern überfüllt sind
mit Opfern dieser Riesen. Er hat keine Statistik mit
Totenscheinen, auf denen als Todesursache steht: "Angriff durch
Riesen". Ferner: In der geisteskranken Phantasie spielen auch
"Verzauberungen" eine große Rolle. Der Wahnsinn könnte dann auf
Ideen verfallen wie einen Schutzzauber vor Riesen, z. B. als
Zaubertrank. Wer den Zaubertrank in sich aufnimmt und auch immer
wieder boostert, der ist für drei Monate geschützt vor einem
schweren Verlauf oder wenigstens vor dem Tod nach Angriff durch
Riesen. Oder man könnte sich einen Lappen vor das Gesicht hängen.
Und wenn jemand fragt, inwiefern denn eine Mund-Nasen-Bedeckung
vor Riesen schützen soll, denke man an die Worte eines Tierarztes:
"Diese Regeln müssen der Standard sein. Diese Regeln dürfen
überhaupt nie hinterfragt werden. Das sollten wir einfach so tun."
Fazit: Hängt die Lappen vor die Klappen! Griffige Parolen sind
Trumpf. Oder man bleibt in seiner Wohnung, man arbeitet nur noch
im Home-Office oder gar nicht. Man verlässt die Wohnung nur
zwischen 18 und 20 Uhr, und selbst dann auch nur für unbedingt
notwendige Einkäufe, denn unter dieser Bedingung sind die
permanent mordenden Riesen doch ganz sicher friedlich. Nun könnte
man untersuchen, was in den jeweiligen Zaubertränken Schönes oder
auch Unschönes enthalten ist. Man könnte untersuchen, wie hoch der
Anteil von Riesen-Opfern ist bei den Verzauberten bzw.
Geboosterten einerseits und bei den Normalen anderseits. Man
könnte untersuchen, was ein Schmutzlappen im Gesicht alles
anrichten kann und wie hoch damit der Schutzfaktor bei
Riesenangriffen ist. Man könnte untersuchen, welche Folgen
Vereinsamung hat und ob auch Vereinsamte sterben können. Aber
vielleicht wäre es am besten, beim eigentlichen Thema zu bleiben:
Wo ist die Bedrohung? Wo ist die Gefahr? Welchen Schaden richten
konkret diese Windmühlen an? Wenn es in diesem Zusammenhang nichts
gibt, wovor man sich schützen kann, dann sind Fragen nach
Schutzwirkungen von Zaubertränken und Gesichtslappen und
Hausarrest und sonstigen sog. Schutzmaßnahmen in diesem
Zusammenhang eben müßig. Wohlgemerkt: in diesem Zusammenhang -
denn es ist durchaus sinnvoll, sich allgemein über den Sinn von
Zaubertränken und Gesichtslappen und Hausarrest Klarheit zu
verschaffen. Der Oktober ist der Rosenkranzmonat. Am 7. Oktober
feiert die Kirche das Rosenkranzfest infolge des Sieges der
christlichen Flotte in der Seeschlacht von Lepanto (1571). Die
Tageszeitung "Die Welt" (Cervantes in Lepanto, 15.06.2019)
schreibt: "Mittendrin im Getümmel der Schlacht ... kämpfte ein
Mann, der viel später das Heldentum und den Kampf in einem der
größten Romane der Weltliteratur der Lächerlichkeit preisgab:
Miguel de Cervantes. ... Am Tag der Schlacht von Lepanto lag
Cervantes mit Fieber krank darnieder. Aber soll erklärt haben,
lieber wolle er für Gott und König sterben, als sich an so einem
Tag zu verstecken." Verfallen wir nicht dem Wahn von unsinnigen
Erzählungen, von unmöglichen Narreteien, von Narrativen.
Verschwenden wir nicht unsere Zeit mit endlosen unsinnigen
Debatten und Allgemeinplätzen. Leben wir mit klarem Blick für die
Realität, leben wir für Gott, und seien wir bereit, auch für Gott
zu sterben, damit wir dereinst teilhaben am ewigen Leben mit
Christus im Himmel. Amen.