[[PRHL, 28.02.1998] Diese Enzyklika erschien als einzige zunächst in
    deutscher Sprache; maßgeblich beteiligt an der Entstehung waren die
    Kardinäle Eugenio Pacelli, damals Apostolischer Nuntius in
    Deutschland (1939 zum Papst gewählt, Pius XII.) und Michael
    Faulhaber, der damalige Erzbischof von München-Freising. Von uns
    verwendete Textvorlage: P. Wilhelm Jussen (Hg.), Gerechtigkeit
    schafft Frieden. Reden und Enzykliken des Heiligen Vaters Papst Pius
    XII., Hamburg 1946, 352 - 384.
    Pius XI. wußte um den engen Zusammenhang zwischen gerechter
    Staatsführung und wahrer Religion. "Habt acht, Ehrwürdige Brüder,
    daß vor allem der Gottesglaube, die erste und unersetzbare Grundlage
    jeder Religion, in deutschen Landen rein und unverfälscht erhalten
    bleibe!" Adolf Hitler richtete seinen Kampf gezielt gegen die
    katholische Kirche, sowohl durch Massenmord an Priestern und
    Mitgliedern katholisch geprägter Widerstandsbewegungen (bekannt ist
    v.a. die "Weiße Rose", der die Geschwister Hans Scholl und Sophie
    Scholl angehörten) als auch durch propagandistische Beeinflussung
    des religiösen Bewußtseins (z.B. durch "Hitlergebete" wie:
    "Herrgott, steh dem Führer bei, daß Dein Weg der Seine sei, daß Sein
    Weg der Deine sei, Herrgott, steh dem Führer bei"). Die "Blut und
    Boden"-Literatur (auch "Blubo"-Literatur genannt) und die
    heidnischen Mythen, wie sie z.B. von Richard Wagner im "Ring der
    Nibelungen" verbreitet wurden, vermittelten ein neues Weltbild.
    DIE AUSSAGEN DES PAPSTES SIND ANGESICHTS DER HEUTIGEN SITUATION IN
    DEUTSCHLAND, ANGESICHTS DER VERHÖHNUNG UND KNEBELUNG DER
    RÖMISCH-KATHOLISCHEN CHRISTEN SOWOHL DURCH DEN STAAT ALS AUCH DURCH
    DIE KONZILSSEKTE ("röm.-kath. Kirche e.V.") VON HÖCHSTER AKTUALITÄT:
    "HIER IST DER PUNKT ERREICHT, WO ES UM LETZTES UND HÖCHSTES, UM
    RETTUNG ODER UNTERGANG GEHT, UND WO INFOLGEDESSEN DEM GLÄUBIGEN DER
    WEG HELDENMÜTIGEN STARKMUTES DER EINZIGE WEG DES HEILES IST."]
    
    
    ##########
    
          Enzyklika "Mit brennender Sorge" ["Cum Cura ardenti"]
      Weltrundschreiben Papst Pius XI. [1922 - 1939]
      Über die Lage der Kirche in Deutschland
      Passionssonntag, den 14. März 1937
    
    
    Ehrwürdige Brüder!
    Gruß und Apostolischen Segen!
    Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit
    geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis
    der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und
    Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius
    einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche
    Gottes gebracht hat.
    Diese Unsere Sorge ist nicht vermindert worden durch das, was die
    Uns an Unserem Krankenlager besuchenden Vertreter des hochwürdigsten
    Episkopates wahrheits- und pflichtgemäß berichtet haben. Neben viel
    Tröstlichem und Erhebendem aus dem Bekennerkampf ihrer Gläubigen
    haben sie bei aller Liebe zu Volk und Vaterland und bei allem
    Bestreben nach abgewogenem Urteil auch unendlich viel Herbes und
    Schlimmes nicht übergehen können. Nachdem Wir ihre Darlegungen
    vernommen, durften Wir in innigem Dank gegen Gott mit dem Apostel
    der Liebe sprechen: "Eine größere Freude habe ich nicht, als wenn
    ich höre: meine Kinder wandeln in der Wahrheit" (3. Jo. 4.). Der
    unserem verantwortungsvollen apostolischen Amt ziemende Freimut und
    der Wille, Euch und der gesamten christlichen Welt die Wirklichkeit
    in ihrer ganzen Schwere vor Augen zu stellen, fordern von Uns aber
    auch, daß Wir hinzufügen: eine größere Sorge, ein herberes
    Hirtenleid haben Wir nicht, als wenn Wir hören: viele verlassen den
    Weg der Wahrheit (vgl. 2. Petr. 2. 2.).
    Als Wir, Ehrwürdige Brüder, im Sommer 1933 die Uns von der
    Reichsregierung in Anknüpfung an einen jahrealten früheren Entwurf
    angetragenen Konkordatsverhandlungen aufnehmen und zu Euer aller
    Befriedigung mit einer feierlichen Vereinbarung abschließen ließen,
    leitete Uns die pflichtgemäße Sorge um die Freiheit der kirchlichen
    Heilsmission in Deutschland und um das Heil der ihr anvertrauten
    Seelen – zugleich aber auch der aufrichtige Wunsch, der friedlichen
    Weiterentwicklung und Wohlfahrt des deutschen Volkes einen ganz
    wesentlichen Dienst zu leisten.
    Trotz mancher Bedenken haben Wir daher Uns damals den Entschluß
    abgerungen, Unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir wollten unseren
    treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland im Rahmen des
    Menschenmöglichen die Spannungen und Leiden ersparen, die
    andernfalls unter den damaligen Verhältnissen mit Gewißheit zu
    erwarten gewesen wären. Wir wollten allen durch die Tat beweisen,
    daß Wir, einzig Christus suchend und das was Christi ist, niemanden
    die Friedenshand der Mutterkirche verweigern, der sie nicht selbst
    zurückstößt. Wenn der von Uns in lauterer Absicht in die deutsche
    Erde gesenkte Friedensbaum nicht die Früchte gezeitigt hat, die Wir
    im Interesse Eures Volkes ersehnten, dann wird niemand in der weiten
    Welt, der Augen hat, zu sehen, und Ohren, zu hören, heute noch sagen
    können, die, Schuld liege auf Seiten der Kirche und ihres
    Oberhauptes.
    Der Anschauungsunterricht der vergangenen Jahre klärt die
    Verantwortlichkeiten. Er enthüllt Machenschaften, die von Anfang an
    kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf. In die Furchen,
    in die Wir den Samen aufrichtigen Friedens zu säen bemüht waren,
    streuten andere – wie der Feind (inimicus homo) in der Heiligen
    Schrift (Mt. 13, 25) – die Unkrautkeime des Mißtrauens, des
    Unfriedens, des Hasses, der Verunglimpfung, der heimlichen und
    offenen, aus tausend Quellen gespeisten und mit allen Mitteln
    arbeitenden grundsätzlichen Feindschaft gegen Christus und Seine
    Kirche. Ihnen und nur ihnen, sowie ihren stillen und lauten
    Schildhaltern fällt die Verantwortung dafür zu, daß statt des
    Regenbogens des Friedens am Horizont Deutschlands die Wetterwolke
    zersetzender Religionskämpfe sichtbar ist.
    Wir sind, Ehrwürdige Brüder, nicht müde geworden, den
    verantwortlichen Lenkern der Geschicke Eures Landes die Folgen
    darzustellen, die aus dem Gewährenlassen oder gar aus der
    Begünstigung solcher Strömungen sich zwangsweise ergeben müßten. Wir
    haben alles getan, um die Heiligkeit des feierlich gegebenen Wortes,
    die Unverbrüchlichkeit der freiwillig eingegangenen Verpflichtungen
    zu verteidigen gegen Theorien und Praktiken, die – falls amtlich
    gebilligt – alles Vertrauen töten und jedes auch in Zukunft gegebene
    Wort innerlich entwerten müßten. Wenn einmal die Zeit gekommen sein
    wird, diese Unsere Bemühungen vor den Augen der Welt offen zu legen,
    werden alle Gutgesinnten wissen, wo sie die Friedenswahrer und
    Friedensstörer zu suchen haben.
    Jeder, dessen Geist sich noch einen Rest von Wahrheitsempfinden,
    dessen Herz sich noch einen Schatten von Gerechtigkeitsgefühl
    bewahrt hat, wird dann zugeben müssen, daß in diesen schweren und
    ereignisvollen Jahren der Konkordatszeit jedes Unserer Worte und
    jede Unserer Handlungen unter dem Gesetz der Vereinbarungstreue
    standen. Er wird aber auch mit Befremden und innerster Ablehnung
    feststellen müssen, wie von der anderen Seite die Vertragsumdeutung,
    die Vertragsaushöhlung, schließlich die mehr oder minder öffentliche
    Vertragsverletzung zum ungeschriebenen Gesetz des Handelns gemacht
    wurden.
    Die von Uns trotz allem bezeigte Mäßigung war nicht eingegeben von
    Erwägungen irdischer Nützlichkeit oder gar unziemlicher Schwäche,
    sondern lediglich von dem Willen, mit dem Unkraut nicht etwa
    wertvolles Wachstum auszureißen; von der Absicht, nicht eher
    öffentlich zu urteilen, als bis die Geister für die Unentrinnbarkeit
    dieses Urteils reif geworden wären; von der Entschlossenheit, die
    Vertragstreue anderer nicht eher endgültig zu verneinen, als bis die
    eiserne Sprache der Wirklichkeit die Hüllen gesprengt hätte, in die
    eine planmäßige Tarnung den Angriff gegen die Kirche zu hüllen
    verstanden hatte und versteht. Auch heute noch, wo der offene Kampf
    gegen die konkordatgeschützte Bekenntnisschule und wo die
    vernichtete Abstimmungsfreiheit der katholischen
    Erziehungsberechtigten auf einem besonders wesentlichen Lebensgebiet
    der Kirche den erschütternden Ernst der Lage und die beispiellose
    Gewissensnot gläubiger Christen kennzeichnen, rät Uns die Vatersorge
    um das Heil der Seelen, die etwa noch vorhandenen, wenn auch
    geringen Aussichten auf Rückkehr zur Vertragstreue, und zu
    verantwortbarer Verständigung nicht unberücksichtigt zu lassen. Den
    Bitten des hochwürdigsten Episkopates folgend werden Wir auch
    weiterhin nicht müde werden, bei den Lenkern Eures Volkes Sachwalter
    des verletzten Rechtes zu sein und Uns – unbekümmert um den Erfolg
    oder Mißerfolg des Tages – lediglich Unserem Gewissen und Unserer
    Hirtenmission gehorchend einer Geisteshaltung zu widersetzen, die
    verbrieftes Recht durch offene oder verhüllte Gewalt zu erdrosseln
    sucht.
    Der Zweck des gegenwärtigen Schreibens aber, Ehrwürdige Brüder, ist
    ein anderer. Wie Ihr Uns an Unserem Krankenlager liebevoll Besuch
    abgestattet habt, so wenden Wir Uns an Euch und durch Euch an die
    katholischen Gläubigen Deutschlands, die – wie alle leidenden und
    bedrängten Kinder – dem Herzen des gemeinsamen Vaters besonders nahe
    stehen. In dieser Stunde, wo ihr Glaube im Feuer der Trübsal und der
    versteckten und offenen Verfolgung als echtes Gold erprobt wird, wo
    sie von tausend Formen organisierter religiöser Unfreiheit umgeben
    sind, wo der Mangel an wahrheitsgetreuer Unterrichtung und normaler
    Verteidigungsmöglichkeit schwer auf ihnen lastet, haben sie ein
    doppeltes Recht auf ein Wort der Wahrheit und der seelischen
    Stärkung von dem, an dessen ersten Vorgänger das inhaltsschwere
    Heilandswort gerichtet war: "Ich habe für dich gebetet, daß dein
    Glaube nicht wanke, und du hinwiederum stärke deine Brüder (Lc.
    22,32).
    Habt acht, Ehrwürdige Brüder, daß vor allem der Gottesglaube, die
    erste und unersetzbare Grundlage jeder Religion, in deutschen Landen
    rein und unverfälscht erhalten bleibe! Gottgläubig ist nicht, wer
    das Wort rednerisch gebraucht, sondern nur, wer mit diesem hehren
    Wort den wahren und würdigen Gottesbegriff verbindet.
    Wer in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit dem WeltalI gleich
    setzt, Gott in der Welt verweltlicht und die Welt in Gott
    vergöttlicht, gehört nicht zu den Gottgläubigen. Wer nach angeblich
    altgermanisch-vorchristlicher Vorstellung das düstere unpersönliche
    Schicksal an die Stelle des persönlichen Gottes rückt, leugnet
    Gottes Weisheit und Vorsehung, die "kraftvoll und gütig von einem
    Ende der Welt zum anderen waltet" (Weish. 8 ,1.) und alles zum guten
    Ende leitet. Ein solcher kann nicht beanspruchen, zu den
    Gottgläubigen gerechnet zu werden.
    Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die
    Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher
    Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen
    wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer
    irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch
    der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult verherrlicht, der
    verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung
    der Dinge. Ein solcher ist weit vom wahren Gottesglauben und einer
    solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt.
    Habet acht, Ehrwürdige Brüder, auf den in Rede und Schrift
    zunehmenden Mißbrauch, den dreimal heiligen Gottesnamen anzuwenden
    als sinnleere Etikette für irgendein mehr oder minder willkürliches
    Gebilde menschlichen Suchens und Sehnens. Wirkt unter Euren
    Gläubigen dahin, daß sie solcher Verirrung mit der wachsamen
    Ablehnung begegnen, die sie verdient. Unser Gott ist der
    persönliche, übermenschliche, allmächtige, und endlich vollkommene
    Gott, einer in der Dreiheit der Personen, dreipersönlich in der
    Einheit des göttlichen Wesens, der Schöpfer alles Geschaffenen, der
    Herr und König und letzte Vollender der Weltgeschichte, Der keine
    Götter neben Sich duldet noch dulden kann.
    Dieser Gott hat in souveräner Fassung Seine Gebote gegeben. Sie
    gelten unabhängig von Zeit und Raum, von Land und Rasse. So wie
    Gottes Sonne über allem leuchtet, was Menschenantlitz trägt, so
    kennt auch Sein Gesetz keine Vorrechte und Ausnahmen. Regierende und
    Regierte, Gekrönte und Ungekrönte, Hohe und Niedrige, Reiche und
    Arme, stehen gleichermaßen unter Seinem Wort. Aus der Totalität
    Seiner Schöpferrechte fließt seinsgemäß die Totalität Seines
    Gehorsamsanspruchs an die Einzelnen und an alle Arten von
    Gemeinschaften. Dieser Gehorsamsanspruch erfaßt alle Lebensbereiche,
    in denen sittliche Fragen die Auseinandersetzung mit dem
    Gottesgesetz fordern und damit die Einordnung wandelbarer
    Menschensatzung in das Gefüge der unwandelbaren Gottessatzung.
    Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, von einem
    nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen; können
    den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer aller Welt, den
    König und Gesetzgeber aller Völker, vor Dessen Größe die Nationen
    klein sind wie Tropfen am Wassereimer (Is. 40, 15.), in die Grenze
    eines einzelnen Volkes, in die blutmäßige Enge einer einzelnen Rasse
    einkerkern zu wollen.
    Die Bischöfe der Kirche Christi, aufgestellt "für das, was sich auf
    Gott bezieht" (Hebr. 5, 1.), müssen darüber wachen, daß solche
    verderblichen Irrtümer, denen noch verderblichere Praktiken auf dem
    Fuße zu folgen pflegen, innerhalb der Gläubigen nicht Boden fassen.
    Ihre heilige Amtspflicht ist es, soviel an ihnen liegt, alles zu
    tun, damit die Gebote Gottes als verpflichtende Grundlage des
    sittlich geordneten privaten und öffentlichen Lebens beachtet und
    befolgt werden; daß die Majestätsrechte Gottes, der Name und das
    Wort Gottes nicht verunehrt werden (Tit. 2,5.); daß die
    Gotteslästerungen – in Wort und Schrift und Bild, zeitweise
    zahlreich wie der Sand am Meere – zum Schweigen gebracht werden; daß
    dem trotzenden Prometheusgeist der Gottesverneiner, Gottesverächter
    und Gotteshasser gegenüber der Sühnegeist der Gläubigen nie erlahme,
    der wie Rauchwerk Stunde um Stunde zum Allerhöchsten emporsteigt und
    Seine strafende Hand aufhält.
    Wir danken Euch, Ehrwürdige Brüder, Euren Priestern und all den
    Gläubigen, die in der Verteidigung der Majestätsrechte Gottes gegen
    ein angrifflüsternes, von einflußreicher Seite leider vielfach
    begünstigtes Neuheidentum, ihre Christenpflicht erfüllt haben und
    erfüllen. Dieser Dank ist doppelt innig und mit anerkennender
    Bewunderung für diejenigen verknüpft, die in Ausübung ihrer Pflicht
    gewürdigt wurden, um Gottes willen irdische Opfer und irdisches Leid
    auf sich nehmen zu dürfen.
    Kein Gottesglaube wird sich auf die Dauer rein und unverfälscht
    erhalten, wenn er nicht gestützt wird vom Glauben an Christus.
    "Niemand kennt den Sohn als der Vater, und niemand kennt den Vater
    als der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will" (Mt. 11,27.).
    "Das ist das ewige Leben, daß sie Dich erkennen, den allein wahren
    Gott, und den Du gesandt hast, Jesus Christus" (Jo. 17; 3.). Es darf
    also niemand sagen: ich bin gottgläubig, das ist mir Religion genug.
    Des Heilands Wort hat für Ausflüchte dieser Art keinen Platz. "Wer
    den Sohn leugnet, hat auch nicht den Vater; wer den Sohn bekennt,
    hat auch den Vater (1. Jo. 2,23.).
    In Jesus Christus, dem menschgewordenen Gottessohn, ist die Fülle
    der göttlichen Offenbarung erschienen. "Auf vielerlei Art und in
    verschiedenen Formen hat Gott einst zu den Vätern durch die
    Propheten gesprochen. In der Fülle der Zeiten hat Er zu uns durch
    den Sohn geredet" (Hebr. 1,1f.). Die heiligen Bücher des Alten
    Bundes sind ganz Gottes Wort, ein organischer Teil Seiner
    Offenbarung. Der stufenweisen Entfaltung der Offenbarung
    entsprechend liegt auf ihnen noch der Dämmer der Vorbereitungszeit
    auf den vollen Sonnentag der Erlösung. Wie es bei Geschichts- und
    Gesetzbüchern nicht anders sein kann, sind sie in manchen
    Einzelheiten ein Spiegelbild menschlicher Unvollkommenheit, Schwäche
    und Sünde. Neben unendlich vielem Hohen und Edlen erzählen sie auch
    von der Veräußerlichung und Verweltlichung, die in dem die
    Offenbarung und die Verheißungen Gottes tragenden alttestamentlichen
    Bundesvolk immer wieder hervorbrachen. Für jedes nicht durch
    Vorurteil und Leidenschaft geblendete Auge leuchtet jedoch aus dem
    menschlichen Versagen, von dem die Biblische Geschichte berichtet,
    um so strahlender das Gotteslicht der über alle Fehde und Sünde
    letztlich triumphierenden Heilsführung hervor. Gerade auf solchem
    oft düsteren Hintergrund wächst die Heilspädagogik des Ewigen in
    Perspektiven hinein, die wegweisend, warnend, erschütternd, erhebend
    und beglückend zugleich sind. Nur Blindheit und Hochmut können ihre
    Augen vor den heilserzieherischen Schätzen verschließen, die das
    Alte Testament birgt. Wer die Biblische Geschichte und die
    Lehrweisheit des Alten Bundes aus Kirche und Schule verbannt sehen
    will, lästert das Wort Gottes, lästert den Heilsplan des
    Allmächtigen, macht enges und beschränktes Menschendenken zum
    Richter über göttliche Geschichtsplanung. Er verneint den Glauben an
    den wirklichen, im Fleische erschienenen Christus, Der die
    menschliche Natur aus dem Volke annahm, das Ihn ans Kreuz schlagen
    sollte. Er steht verständnislos vor dem Weltdrama des Gottessohnes,
    Welcher der Meintat Seiner Kreuziger die hohepriesterliche Gottestat
    des Erlösertodes entgegensetzte und damit den Alten Bund in dem
    Neuen Bunde seine Erfüllung, sein Ende und seine Überhöhung finden
    ließ.
    Der im Evangelium Jesu Christi erreichte Höhepunkt der Offenbarung
    ist endgültig, ist verpflichtend für immer. Diese Offenbarung kennt
    keine Nachträge durch Menschenhand, kennt erst recht keinen Ersatz
    und keine Ablösung durch die willkürlichen "Offenbarungen", die
    gewisse Wortführer der Gegenwart aus dem sogenannten Mythus von Blut
    und Rasse herleiten wollen. Seitdem Christus der Gesalbte das Werk
    der Erlösung vollbracht, die Herrschaft der Sünde gebrochen und uns
    die Gnade verdient hat, Kinder Gottes zu werden – seitdem ist kein
    anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den sie
    selig werden können, als der Name Jesu (Apg. 4, 12.). Kein Mensch –
    möge auch alles Wissen, alles Können, alle äußerliche Macht der Erde
    in ihm verkörpert sein – kann einen anderen Grund legen als den, der
    in Christus bereits gelegt ist (1. Cor. 3, 11.). Wer in
    sakrilegischer Verkennung der zwischen Gott und Geschöpf, zwischen
    dem Gottmenschen und den Menschenkindern klaffenden
    Wesensunterschiede irgend einen Sterblichen und wäre er der Größte
    aller Zeiten, neben Christus zu stellen wagt, oder gar über Ihn und
    gegen Ihn, der muß sich sagen lassen, daß er ein Wahnprophet ist,
    auf den das Schriftwort erschütternde Anwendung findet: "Der im
    Himmel wohnt, lachet ihrer" (Ps. 2, 4.).
    Der Christusglaube wird sich nicht rein und unverfälscht erhalten,
    wenn er nicht gestützt und umhegt wird vom Glauben an die Kirche,
    "die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1. Tim. 3, 15.). Christus
    Selbst, Gott hochgelobt in Ewigkeit, hat diese Säule des Glaubens
    aufgerichtet. Sein Gebot, die Kirche zu hören (Mt. 18, 17.) ,aus den
    Worte und Geboten der Kirche Seine eigenen Worte und Gebote
    herauszuhören (Lc. 10, 16.), gilt für die Menschen aller Zeiten und
    Zonen. Die von dem Erlöser gestiftete Kirche ist eine – für alle
    Völker und Nationen. Unter ihrem Kuppelbau, der wie Gottes Firmament
    die ganze Erde überwölbt, ist Platz und Heimat für alle Völker und
    Sprachen, ist Raum für die Entfaltung aller von Gott dem Schöpfer
    und Erlöser in die Einzelnen und in die Volksgemeinschaften hinein
    gelegten besonderen Eigenschaften, Vorzüge, Aufgaben und Berufungen.
    Das Mutterherz der Kirche ist weit und groß genug, um in der
    gottgemäßen Entfaltung solcher Eigenarten und Eigengaben mehr den
    Reichtum der Mannigfaltigkeit zu sehen als die Gefahr von
    Absonderungen. Sie freut sich des geistigen Hochstandes des
    Einzelnen und der Völker. Sie sieht in ihren echten Leistungen mit
    Mutterfreude und Mutterstolz Erziehungsfrüchte und Fortschritte, die
    sie segnet und fördert, wo immer sie es im Gewissen kann. Aber sie
    weiß auch, daß dieser Freiheit Grenzen gezogen sind durch die
    Majestät des Gottesgebotes, das diese Kirche in allem Wesenhaften
    als untrennbare Einheit gewollt und gegründet hat. Wer an diese
    Einheit und Untrennbarkeit rührt, nimmt der Braut Christi eines der
    Diademe, mit denen Gott Selbst sie gekrönt hat. Er unterwirft ihren
    auf ewigen Fundamenten ruhenden Gottesbau der Überprüfung und
    Umgestaltung durch Baumeister, denen der Vater im Himmel keine
    Bauvollmacht erteilt hat.
    Die göttliche Sendung der Kirche, die unter Menschen wirkt und durch
    Menschen wirken muß, mag schmerzlich verdunkelt werden durch das
    Menschlich-Allzumenschliche, das zu Zeiten immer und immer wieder
    als Unkraut unter dem Weizen des Gottesreiches durchwuchert. Wer das
    Heilandswort über die Ärgernisse und die Ärgernisgeber kennt, weiß,
    wie die Kirche und wie jeder Einzelne über das zu urteilen hat, was
    Sünde war und Sünde ist. Wer über diesen verurteilenswerten
    Abweichungen zwischen Glauben und Leben, zwischen Wort und Tat,
    zwischen äußerer Haltung und innerer Gesinnung bei Einzelnen – und
    wären es ihrer auch viele – die Unsumme von echtem Tugendstreben,
    von Opfersinn, von Bruderliebe, von heldenhaftem Heiligkeitsdrang
    vergißt oder gar wissentlich verschweigt, der enthüllt eine
    bedauernswerte Blindheit und Ungerechtigkeit. Wenn dann vollends
    erkennbar wird, daß er den harten Maßstab, den er an die gehaßte
    Kirche anlegt, in demselben Augenblick vergißt, wo es sich um
    Gemeinschaften anderer Art handelt, die ihm aus Gefühl oder
    Interesse nahestehen, dann offenbart er sich in seinem angeblich
    verletzten Reinlichkeitsgefühl als verwandt mit denen, die nach des
    Heilands schneidendem Wort über den Splitter im Auge des Bruders den
    Balken im eigenen Auge übersehen. So  wenig rein aber auch die
    Absicht derer ist, die aus der Beschäftigung mit dem Menschlichen in
    der Kirche einen Beruf, vielfach sogar ein niedriges Geschäft
    machen, und obgleich die in Gott ruhende Gewalt des kirchlichen
    Amtsträgers nicht abhängig ist von seiner menschlichen und
    sittlichen Höhe, so ist doch keine Zeitepoche, kein Einzelner, keine
    Gemeinschaft frei von der Pflicht ehrlicher Gewissenserforschung,
    unerbittlicher Läuterung, durchgreifender Erneuerung in Gesinnung
    und Tat. In Unserer Enzyklika über das Priestertum, in Unserem
    Sendschreiben über die Katholische Aktion haben wir mit
    beschwörender Eindringlichkeit auf die heilige Pflicht aller
    Angehörigen der Kirche und allen voran der Angehörigen des Priester-
    und Ordensstandes und des Laienapostolates hingewiesen, Glaube und
    Lebensführung in die von Gottes Gesetz geforderte, von der Kirche
    mit nimmermüdem Nachdruck verlangte Übereinstimmung zu bringen. Und
    auch heute wiederholen Wir mit tiefem Ernst: es genügt nicht, zur
    Kirche Gottes zu zählen. Man muß auch lebendiges Glied dieser Kirche
    sein – im Geiste und in der Wahrheit. Und das sind nur die, die in
    der Gnade des Herrn stehen und unausgesetzt in Seiner Gegenwart
    wandeln – in Unschuld oder in aufrichtiger und tätiger Buße. Wenn
    der Völkerapostel, das "Gefäß der Auserwählung" seinen Leib unter
    der Zuchtrute der Abtötung hielt, um nicht, nachdem er anderen
    gepredigt, selbst verworfen zu werden (1. Cor. 9, 27.), kann es dann
    für die übrigen, in deren Händen die Wahrung und Mehrung des Reiches
    Gottes gelegt ist, einen anderen Weg geben als den der innigsten
    Verbindung von Apostolat und Selbstheiligung? Nur so wird der
    Menschheit von heute und in erster Linie den Widersachern der Kirche
    gezeigt, daß das Salz der Erde, daß der Sauerteig des Christentums
    nicht schal geworden, sondern fähig und bereit ist, die in Zweifel
    und Irrtum, in Gleichgültigkeit und geistiger Ratlosigkeit, in
    Glaubensmüdigkeit und Gottesferne befangenen Menschen der Gegenwart
    die seelische Erneuerung und Verjüngung zu bringen, deren sie – ob
    eingestanden oder geleugnet – dringender bedürfen als je zuvor. Eine
    sich in allen ihren Gliedern auf sich selbst besinnende, jede
    Veräußerlichung und Verweltlichung abstreifende, mit den Geboten
    Gottes und der Kirche ernst machende, in Gottesliebe und tätiger
    Nächstenliebe sich bewährende Christenheit wird der im tiefsten
    Grunde kranken, nach Halt und Wegweisung suchenden Welt Vorbild und
    Führerin sein können und müssen, wenn nicht unsagbares Unglück, wenn
    nicht ein alle Vorstellung hinter sich lassender Niedergang
    hereinbrechen soll.
    Jede wahre und dauernde Reform ging letzten Endes vom Heiligtum aus;
    von Menschen, die von der Liebe zu Gott und dem Nächsten entflammt
    und getrieben waren. Aus ihrer großmütigen Gemeinschaft heraus, auf
    jeden Ruf Gottes zu hören und ihn zunächst in sich selbst zu
    verwirklichen, sind sie in Demut und mit der Selbstsicherheit von
    Berufenen zu Leuchten und Erneuerern ihrer Zeit herangewachsen. Wo
    der Reformeifer nicht aus dem reinen Schoß persönlicher Lauterkeit
    geboren wurde, sondern Ausdruck und Ausbruch leidenschaftlicher
    Anwandlungen war, hat er verwirrt, statt zu klären, niedergerissen,
    statt aufzubauen, ist er nicht selten der Ausgangspunkt für Irrwege
    gewesen, die verhängnisvoller waren als die Schäden, die man zu
    bessern beabsichtigte oder vorgab. Gewiß – Gottes Geist weht, wo Er
    will (Jo. 3, 8.). Er kann Sich aus Steinen Wegbereiter Seiner
    Absicht erwecken (Mt. 3, 9; Lc. 3,.8.). Er wählt die Werkzeuge
    Seines Willens nach eigenen Plänen und nicht nach denen der
    Menschen. Er, Der die Kirche gegründet und sie im Pfingststurm ins
    Dasein gerufen hat, Er sprengt nicht das Grundgefüge der von Ihm
    Selbst gewollten Heilsstiftung. Wer vom Geiste Gottes getrieben ist,
    hat von selbst die gebührende innere und äußere Haltung gegenüber
    der Kirche, der Edelfrucht am Baume des Kreuzes, dem Pfingstgeschenk
    des Gottesgeistes an die führungsbedürftige Welt.
    In Euren Gegenden, Ehrwürdige Brüder, werden in immer stärkerem Chor
    Stimmen laut, die zum Austritt aus der Kirche aufrufen. Unter den
    Wortführern sind vielfach solche, die durch ihre amtliche Stellung
    den Eindruck zu erwecken suchen, als ob dieser Kirchenaustritt und
    die damit verbundene Treulosigkeit gegen Christus den König eine
    besonders überzeugende und verdienstvolle Form des Treubekenntnisses
    zu dem gegenwärtigen Staate darstelle. Mit verhüllten und sichtbaren
    Zwangsmaßnahmen, Einschüchterungen, Inaussichtstellung
    wirtschaftlicher, beruflicher, bürgerlicher und sonstiger Nachteile
    wird die Glaubenstreue der Katholiken und insbesondere gewisser
    Klassen katholischer Beamten unter einen Druck gesetzt, der ebenso
    rechtswidrig wie menschlich unwürdig ist. Unser ganzes väterliches
    Mitgefühl und tiefstes Mitleid begleitet diejenigen, die ihre Treue
    zu Christus und Kirche um so hohen Preis bezahlen müssen. Aber –
    hier ist der Punkt erreicht, wo es um Letztes und Höchstes, um
    Rettung oder Untergang geht, und wo infolgedessen dem Gläubigen der
    Weg heldenmütigen Starkmutes der einzige Weg des Heiles ist. Wenn
    der Versucher oder Unterdrücker an ihn herantritt mit dem
    Judasansinnen des Kirchenaustrittes, dann kann er ihm nur – auch um
    den Preis schwerer irdischer Opfer – das Heilandswort
    entgegenhalten: "Weiche von mir, Satan, denn es steht geschrieben:
    den Herrn deinen Gott sollst du anbeten und Ihm allein dienen!" (Mt.
    4, 10; Lc. 4, 8.). Zu der Kirche aber wird er sprechen: Du meine
    Mutter von den Tagen meiner Kindheit an, mein Trost im Leben, meine
    Fürbitterin im Sterben – mir soll die Zunge am Gaumen kleben, wenn
    ich – irdischen Lockungen oder Drohungen folgend – an meinem
    Taufgelübde zum Verräter würde. Solchen aber, die vermeinen, sie
    könnten mit äußerlichem Kirchenaustritt das innere Treuverhältnis
    zur Kirche verbinden, möge des Heilands Wort ernste Warnung sein:
    "Wer Mich vor den Menschen verleugnet, den werde Ich auch vor Meinem
    Vater verleugnen, Der im Himmel ist" (Lc. 12, 9.).
    Der Kirchenglaube wird nicht rein und unverfälscht erhalten, wenn er
    nicht gestützt wird vom Glauben an den Primat des Bischofs von Rom.
    In dem gleichen Augenblick, wo Petrus allen Aposteln und Jüngern
    voran, den Glauben an Christus, den Sohn des lebendigen Gottes
    bekannte, war die seinen Glauben und sein Bekenntnis belohnende
    Antwort Christi das Wort von dem Bau Seiner Kirche, der einen
    Kirche, und zwar auf Petrus dem Felsen (Mt. 16, 18.). Christus, die
    Kirche und der Primat stehen also miteinander in einem geheiligten
    Zusammenhang. Echte und legale Autorität ist überall ein Band der
    Einheit, eine Quelle der Kraft, eine Gewähr gegen Zerfall und
    Zersplitterung, eine Bürgschaft der Zukunft; im höchsten und
    hehrsten Sinne da, wo, wie einzig bei der Kirche, solcher Autorität
    die Gnadenführung des  Heiligen Geistes, Sein unüberwindlicher
    Beistand verheißen ist. Wenn Leute, die nicht einmal im Glauben an
    Christus einig sind, euch das Wunsch- und Lockbild einer deutschen
    Nationalkirche vorhalten, so wisset: sie ist nichts als eine
    Verneinung der einen Kirche Christi, ein offenkundiger Abfall von
    dem an die ganze Welt gerichteten Missionsbefehl, dem nur eine
    Weltkirche genügen und nachleben kann. Der geschichtliche Weg
    anderer Nationalkirchen, ihre geistige Erstarrung, ihre Umklammerung
    oder Knechtung durch irdische Gewalten zeigen die hoffnungslose
    Unfruchtbarkeit, der jeder vom lebendigen Weinstock der Kirche sich
    abtrennende Rebzweig mit unentrinnbarer Sicherheit anheimfällt. Wer
    solchen Fehlentwicklungen daher gleich von den ersten Anfängen an
    sein wachsames und unerbittliches Nein entgegensetzt, dient nicht
    nur der Reinheit seines Christenglaubens, sondern auch der
    Gesundheit und Lebenskraft seines Volkes.
    Ein besonders wachsames Auge, Ehrwürdige Brüder, werdet Ihr haben
    müssen, wenn religiöse Grundbegriffe ihres Wesensinhaltes beraubt
    und in einem profanen Sinne umgedeutet werden.
    Offenbarung im christlichen Sinne ist das Wort Gottes an die
    Menschen. Dieses gleiche Wort zu gebrauchen für die
    "Einflüsterungen" von Blut und Rasse, für die Ausstrahlungen der
    Geschichte eines Volkes ist in jedem Falle verwirrend. Solch falsche
    Münze verdient nicht, in den Sprachschatz eines gläubigen Christen
    überzugehen.
    Glauben ist das sichere Fürwahrhalten dessen, was Gott geoffenbart
    hat und durch die Kirche zu glauben vorstellt: "die feste
    Überzeugung vom Unsichtbaren" (Hebr. 11, l.). Das freudige und
    stolze Vertrauen auf die Zukunft seines Volkes, das jedem teuer ist,
    bedeutet etwas ganz anderes als der Glaube im religiösen Sinne. Das
    eine gegen das andere auszuspielen, das eine durch das andere
    ersetzen wollen und daraufhin verlangen, von dem überzeugten
    Christen als "gläubig" anerkannt zu werden, ist ein leeres Spiel mit
    Worten oder bewußte Grenzverwischung oder Schlimmeres.
    Unsterblichkeit im christlichen Sinne ist das Fortleben des Menschen
    nach seinem irdischen Tode als persönliches Einzelwesen – zum ewigen
    Lohn oder zur ewigen Strafe. Wer mit dem Worte Unsterblichkeit
    nichts anderes bezeichnen will als das kollektive Mitfortleben im
    Weiterbestand seines Volkes für eine unbestimmt lange Zukunft im
    Diesseits, der verkehrt und verfälscht eine der Grundwahrheiten des
    christlichen Glaubens, rührt an die Fundamente jeder religiösen,
    eine sittliche Weltordnung fordernden Weltanschauung. Wenn er nicht
    Christ sein will, sollte er wenigstens darauf verzichten, den
    Wortschatz seines Unglaubens aus christlichem Begriffsgut zu
    bereichern.
    Erbsünde ist die erbliche, wenn auch nicht persönliche Schuld der
    Nachkommen Adams, die in ihm gesündigt haben (Röm. 5, 12.), Verlust
    der Gnade und damit des ewigen Lebens, mit dem Hang zum Bösen, den
    jeder durch Gnade, Buße, Kampf, sittliches Streben zurückdrängen und
    überwinden muß. Das Leiden und Sterben des Gottessohnes hat die Welt
    vom Erbfluch der Sünde und des Todes erlöst. Der Glaube an diese
    Wahrheiten, denen heute in Eurem Vaterlande der billige Spott der
    Christusgegner gilt, gehört zum unveräußerlichen Bestand der
    christlichen Religion.
    Das Kreuz Christi, mag auch schon sein bloßer Name vielen eine
    Torheit und ein Ärgernis geworden sein (1. Cor. 1, 23.), es bleibt
    den Christen das geheiligte Zeichen der Erlösung, die Standarte
    sittlicher Größe und Kraft. In seinem Schatten leben wir. In seinem
    Kusse sterben wir. Auf unserem Grabe soll es stehen als Künder
    unseres Glaubens, als Zeuge unserer dem ewigen Licht zugewandten
    Hoffnung.
    Demut im Geiste des Evangeliums und Gebet um Gottes Gnadenhilfe sind
    mit Selbstachtung, Selbstvertrauen und heldischem Sinn wohl
    vereinbar. Die Kirche Christi, die zu allen Zeiten bis in die
    jüngste Gegenwart hinein mehr Bekenner und freiwillige Blutzeugen
    zählt, als irgendwelche andere Gesinnungsgemeinschaft, hat nicht
    nötig, von solcher Seite Belehrungen über Heldengesinnung und
    Heldenleistung entgegenzunehmen. In seinem seichten Gerede über
    christliche Demut als Selbstentwürdigung und unheldische Haltung
    spottet der widerliche Hochmut dieser Neuerer seiner selbst.
    Gnade im uneigentlichen Sinne mag alles genannt werden, was dem
    Geschöpf vom Schöpfer zukommt. Gnade im eigentlichen und
    christlichen Sinne des Wortes umfaßt jedoch die übernatürlichen
    Erweise göttlicher Liebe, die Huld und das Wirken Gottes, durch das
    Er den Menschen zu jener innersten Lebensgemeinschaft mit Sich
    erhebt, die das Neue Testament Gotteskindschaft nennt. "Seht, wie
    große Liebe uns der Vater erwiesen hat: wir heißen Kinder Gottes,
    und wir sind es auch (1. Jo. 3, 1.). Die Ablehnung dieser
    übernatürlichen Gnadenerhebung aus angeblich deutscher Wesensart
    heraus ist Irrtum, eine offene Kampfansage an eine Kernwahrheit des
    Christentums. Die Gleichsetzung der übernatürlichen Gnade mit den
    Gaben der Natur ist Eingriff in den durch die Religion geschaffenen
    und geweihten Wortschatz. Die Hirten und Hüter des Volkes Gottes
    werden gut daran tun, diesem Raub am Heiligtum und dieser Arbeit an
    der Verwirrung der Geister mit Wachsamkeit entgegenzutreten.
    Auf dem wahren und rein bewahrten Gottesglauben ruht die
    Sittlichkeit der Menschheit. Alle Versuche, die Sittenlehre und
    sittliche Ordnung vom Felsenboden des Glaubens loszulösen und auf
    dem wehenden Flugsand menschlicher Normen aufzubauen, führen früher
    oder später Einzelne und Gemeinschaften in moralischen Niedergang.
    Der Tor, der in seinem Herzen spricht, es gibt keinen Gott, wird
    Wege der sittlichen Verdorbenheit wandeln (Ps. 13, l.). Die Zahl
    solcher Toren, die heute sich unterfangen, Sittlichkeit und Religion
    zu trennen, ist Legion geworden. Sie sehen nicht oder wollen nicht
    sehen, daß mit der Verbannung des bekenntnismäßigen, d. h. klar und
    bestimmt gefaßten Christentums aus Unterricht und Erziehung, aus der
    Mitgestaltung des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens Wege
    der geistigen Verarmung und des Niederganges beschritten werden.
    Keine Zwangsgewalt des Staates, keine rein irdischen, wenn auch in
    sich hohen und edlen Ideale, werden auf die Dauer imstande sein, die
    aus dem Gottes- und dem Christusglauben kommenden letzten und
    entscheidenden Antriebe zu ersetzen. Nimmt man dem zu höchsten
    Opfern, zur Hingabe des kleinen Ich an das Gemeinwohl Aufgerufenen
    den sittlichen Rückhalt aus dem Ewigen und Göttlichen, aus dem
    aufrichtigen und tröstenden Glauben an den Vergelter alles Guten und
    Ahnder alles Bösen – dann wird für Ungezählte das Endergebnis nicht
    sein die Bejahung der Pflicht, sondern die Flucht vor ihr. Die
    gewissenhafte Beobachtung der 10 Gebote Gottes und der
    Kirchengebote, welch letztere nichts anderes sind als
    Ausführungsbestimmungen zu den Normen des Evangeliums, ist für jeden
    Einzelmenschen eine unvergleichliche Schule planvoller Selbstzucht,
    sittlicher Ertüchtigung und Charakterformung. Eine Schule, die viel
    verlangt, aber nicht zuviel. Der gütige Gott, Der als Gesetzgeber
    spricht: "Du sollst!", gibt in Seiner Gnade auch das Können und
    Vollbringen. Sittlichkeitsbildende Kräfte von so starker
    Tiefenwirkung ungenützt lassen oder ihnen den Weg in die Bezirke der
    Volkserziehung zu versperren, ist unverantwortliche Mitwirkung an
    der religiösen Unterernährung der Volksgemeinschaft. Die
    Auslieferung der Sittenlehre an eine subjektive, mit den
    Zeitströmungen wechselnde Menschenmeinung, statt ihrer Verankerung
    im heiligen Willen des ewigen Gottes, in Seinen Geboten, öffnet
    zersetzenden Kräften Tür und Tor. Die hiermit eingeleitete Preisgabe
    der ewigen Richtlinien einer objektiven Sittenlehre zur Schulung der
    Gewissen, zur Veredelung aller Lebensbereiche und Lebensordnungen
    ist eine Sünde an der Zukunft des Volkes, deren bittere Früchte die
    kommenden Geschlechter werden kosten müssen.
    Im verhängnisvollen Zug der Zeit liegt es, wie die Sittenlehre, so
    auch die Grundlagen des Rechtslebens und der Rechtspflege vom wahren
    Gottesglauben und von den geoffenbarten Gottesgeboten mehr und mehr
    loszulösen. Wir denken hier besonders an das sogenannte Naturrecht,
    das vom Finger des Schöpfers selbst in die Tafeln des
    Menschenherzens geschrieben wurde (Röm. 2, 14.) und von der
    gesunden, durch Sünde und Leidenschaft nicht verblendeten Vernunft
    von diesen Tafeln abgelesen werden kann. An den Geboten dieses
    Naturrechts kann jedes positive Recht, von welchem Gesetzgeber es
    auch kommen mag, auf seinen sittlichen Gehalt, damit auf seine
    sittliche Befehlsmacht und Gewissensverpflichtung nachgeprüft
    werden. Menschliche Gesetze, die mit dem Naturrecht in unlösbarem
    Widerspruch stehen, kranken an einem Geburtsfehler, den kein
    Zwangsmittel, keine äußere Machtentfaltung sanieren kann. Mit diesem
    Maßstab muß auch der Grundsatz: "Recht ist, was dem Volke nützt"
    gemessen werden, wenn man unterstellt, daß sittlich Unerlaubtes nie
    dem wahren Wohle des Volkes zu dienen vermag. Indes hat schon das
    alte Heidentum erkannt, daß der Satz, um völlig richtig zu sein,
    eigentlich umgekehrt werden und lauten muß: "Nie ist etwas nützlich,
    wenn es nicht gleichzeitig sittlich gut ist. Und nicht weil
    nützlich, ist es sittlich gut, sondern weil sittlich gut, ist es
    auch nützlich" (Cicero de officiis 3, 30.). Von dieser Sittenregel
    losgelöst würde jener Grundsatz im zwischenstaatlichen Leben den
    ewigen Kriegszustand zwischen den verschiedenen Nationen bedeuten.
    Im innerstaatlichen Leben verkennt er, Nützlichkeits- und
    Rechtserwägungen miteinander verquickend, die grundlegende Tatsache,
    daß der Mensch als Persönlichkeit gottgegebene Rechte besitzt, die
    jedem auf ihre Leugnung, Aufhebung oder Brachlegung abzielenden
    Eingriff von seiten der Gemeinschaft entzogen bleiben müssen. Die
    Mißachtung dieser Wahrheit übersieht, daß das wahre Gemeinwohl
    letztlich bestimmt und erkannt wird aus der Natur des Menschen mit
    ihrem harmonischen Ausgleich zwischen persönlichem Recht und
    sozialer Bindung, sowie aus dem durch die gleiche Menschennatur
    bestimmten Zwecke der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist vom
    Schöpfer gewollt als Mittel zur vollen Entfaltung der individuellen
    und sozialen Anlagen, die der Einzelmensch gebend und nehmend, zu
    seinem und aller anderen Wohl auszuwerten hat. Auch jene
    umfassenderen und höheren Werte, die nicht vom Einzelnen, sondern
    nur von der Gemeinschaft verwirklicht werden können, sind vom
    Schöpfer letzten Endes des Menschen halber gewollt zu seiner
    natürlichen und übernatürlichen Entfaltung und Vollendung. Ein
    Abweichen von dieser Ordnung rüttelt an den Tragpfeilern, auf denen
    die Gemeinschaft ruht, und gefährdet damit Ruhe, Sicherheit, ja
    Bestand der Gemeinschaft selbst.
    Der gläubige Mensch hat ein unverlierbares Recht, seinen Glauben zu
    bekennen und in den ihm gemäßen Formen zu betätigen. Gesetze, die
    das Bekenntnis und die Betätigung dieses Glaubens unterdrücken oder
    erschweren, stehen im Widerspruch zum Naturgesetz.
    Gewissenhafte, ihrer erzieherischen Pflichten bewußte Eltern haben
    ein erstes und ursprüngliches Recht, die Erziehung der ihnen von
    Gott geschenkten Kinder im Geiste des wahren Glaubens und in
    Übereinstimmung mit seinen Grundsätzen und Vorschriften zu
    bestimmen. Gesetze oder andere Maßnahmen, die diesen naturrechtlich
    gegebenen Elternwillen in Schulfragen ausschalten oder durch Drohung
    und Zwang unwirksam machen, stehen im Widerspruch zum Naturrecht und
    sind im tiefsten und letzten Kern unsittlich.
    Die Kirche, die berufene Hüterin und Auslegerin des göttlichen
    Naturrechtes, kann daher garnicht anders, als die im Zustand
    notorischer Unfreiheit erfolgten Schuleinschreibungen der jüngsten
    Vergangenheit als ein Zwangsprodukt zu erklären, dem jeglicher
    Rechtscharakter abgeht.
    Als Stellvertreter Dessen, Der im Evangelium zu einem Jungmann
    gesprochen hat: "Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote"
    (Mt. 19, 17.), richten Wir ein besonders väterliches Wort an die
    Jugend. Von tausend Zungen wird heute vor Euren Ohren ein Evangelium
    verkündet, das nicht vom Vater im Himmel geoffenbart ist. Tausend
    Federn schreiben im Dienst eines Scheinchristentums, das nicht das
    Christentum Christi ist. Druckerpresse und Radio überschütten Euch
    Tag für Tag mit Erzeugnissen glaubens- und kirchenfeindlichen
    Inhalts und greifen rücksichtslos und ehrfurchtslos an, was Euch
    hehr und heilig sein muß.
    Wir wissen, daß viele, viele von Euch um der Treue zum Glauben und
    zur Kirche, um der Zugehörigkeit zu kirchlichen im Konkordat
    geschützten Vereinigungen willen düstere Zeiten der Verkennung, der
    Beargwöhnung, der Schmähung, der Verdächtigung Eurer vaterländischen
    Treue, vielfacher Schädigung im beruflichen und gesellschaftlichen
    Leben ertragen mußten und müssen. Es ist Uns nicht unbekannt, wie
    mancher ungenannte Soldat Christi in Euren Reihen steht, der
    trauernden Herzens, aber erhobenen Hauptes sein Schicksal trägt und
    Trost findet allein in dem Gedanken, für den Namen Jesu Schmach zu
    leiden (Apg. 5, 41.).
    Heute, wo neue Gefahren und neue Spannungen drohen, sagen Wir dieser
    Jugend: "Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkünden wollte,
    als jenes, das ihr empfangen habt" auf den Knien einer frommen
    Mutter, von den Lippen eines gläubigen Vaters, aus dem Unterricht
    eines seinem Gotte und seiner Kirche treuen Erziehers – "der sei
    ausgeschlossen!" (Gal. l, 9.). Wenn der Staat eine Staatsjugend
    gründet, die Pflichtorganisation für alle sein soll, dann ist es –
    unbeschadet der Rechte der kirchlichen Vereinigungen –
    selbstverständlicher und unveräußerlicher Rechtsanspruch der
    Jungmannen selbst und ihrer für sie vor Gott verantwortlichen
    Eltern, zu fordern, daß diese Pflichtorganisation von all den
    Betätigungen christentums- und kirchenfeindlichen Geistes gesäubert
    werde, die bis in die jüngste Vergangenheit, ja bis in die Gegenwart
    hinein die gläubigen Eltern in unlösbare Gewissenskonflikte zwingen,
    da sie dem Staat nicht geben können, was im Namen des Staates
    verlangt wird, ohne Gott zu rauben, was Gottes ist.
    Niemand denkt daran, der Jugend Deutschlands Steine in den Weg zu
    legen, der sie zur Verwirklichung wahrer Volksgemeinschaft führen
    soll, zur Pflege edler Freiheitsliebe, zur unverbrüchlichen Treue
    gegen das Vaterland. Wogegen Wir uns wenden und Uns wenden müssen,
    ist der gewollte und planmäßig geschürte Gegensatz, den man zwischen
    diesen Erziehungszielen und den religiösen aufweist. Und darum rufen
    Wir dieser Jugend zu: singt Eure Freiheitslieder; aber vergeßt über
    ihnen nicht die Freiheit der Kinder Gottes! Laßt den Adel dieser
    unersetzbaren Freiheit nicht hinschwinden in den Sklavenketten der
    Sünde und Sinnenlust! Wer das Lied der Treue zum irdischen Vaterland
    singt, darf nicht in Untreue an seinem Gott, an seiner Kirche, an
    seinem ewigen Vaterland zum Überläufer und Verräter werden. Man
    redet zu euch viel von heldischer Größe – in bewußtem und unwahren
    Gegensatz zur Demut und Geduld des Evangeliums. Warum verschweigt
    man euch, daß es auch ein Heldentum im sittlichen Kampf gibt? Daß
    die Bewahrung der Reinheit des Tauftages eine heldische Tat
    darstellt, die im religiösen und im natürlichen Bereich der
    verdienten Wertung sicher sein sollte? Man redet Euch viel vor von
    menschlichen Schwächen in der Geschichte der Kirche. Warum
    verschweigt man Euch die Großtaten, die ihren Weg durch die
    Jahrhunderte begleiteten; die Heiligen, die sie hervorbrachte; den
    Segen, der aus der lebendigen Verbindung zwischen dieser Kirche und
    Eurem Volk für die abendländische Kulturwelt floß?
    Man redet zu Euch viel von sportlichen Übungen. Mit Maß und Ziel
    betrieben, bedeutet die körperliche Ertüchtigung eine Wohltat für
    die Jugend. Ihrem Betätigungsraum wird jetzt aber vielfach ein
    Umfang gegeben, der weder der harmonischen Gesamtausbildung von
    Körper und Geist, noch der gebührenden Pflege des Familienlebens,
    noch dem Gebot der Sonntagsheiligung Rechnung trägt. Mit einer an
    Nichtachtung grenzenden Gleichgültigkeit werden dem Tag des Herrn so
    seine Weihe und Sammlung genommen, wie sie bester deutscher
    Überlieferung entsprechen. Wir erwarten vertrauensvoll von der
    gläubigen katholischen Jugend, daß sie in der schwierigen Umwelt der
    staatlichen Pflichtorganisationen ihr Recht auf christliche
    Sonntagsheiligung nachdrücklich geltend macht, daß sie über der
    Ertüchtigung des Leibes ihre unsterbliche Seele nicht vergißt, daß
    sie sich nicht vom Bösen überwinden läßt, vielmehr durch das Gute
    das Böse zu überwinden trachtet (Röm. 12, 21.); daß ihr höchster und
    heiligster Ehrgeiz der bleibt, in der Rennbahn des ewigem Lebens den
    Siegeskranz zu erringen (1. Cor. 9, 24f.).
    Ein besonderes Wort der Anerkennung, der Aufmunterung, der Mahnung
    richten Wir an die Priester Deutschlands, denen in Unterordnung
    unter ihre Bischöfe in schwerer Zeit und unter harten Umständen die
    Aufgabe obliegt, der Herde Christi die rechten Wege zu weisen in
    Lehre und Beispiel, in täglicher Hingabe, in apostolischer Geduld.
    Werdet nicht müde, geliebte Söhne und Mitteilhaber an den heiligen
    Geheimnissen, dem ewigen Hohenpriester Jesus Christus in Seiner
    Samariterliebe und Samaritersorge zu folgen. Bewährt Euch Tag für
    Tag in makellosem Wandel vor Gott, in unablässiger Selbstzucht und
    Selbstvervollkommnung, in erbarmender Liebe zu allen Euch
    Anvertrauten, insbesondere zu den Gefährdeten, Schwachen und
    Schwankenden; seid die Führer der Treuen, die Stütze der
    Strauchelnden, die Lehrer der Zweifelnden, die Tröster der
    Trauernden, die uneigennützigen Helfer und Berater aller! Die
    Prüfungen und Leiden, durch die Euer Volk in der Nachkriegszeit
    hindurchgeschritten ist, sind nicht spurlos an seiner Seele
    vorübergegangen. Sie haben Spannungen und Bitterkeit hinterlassen,
    die erst langsam ausheilen können, deren echte Überwindung nur
    möglich sein wird im Geiste uneigennütziger und tätiger Liebe. Diese
    Liebe, die das unentbehrliche Rüstzeug des Apostels ist, zumal in
    der aufgewühlten und haßverzehrten Welt, wünschen und erflehen wir
    Euch vom Herrn in überreichem Maße. Diese apostolische Liebe wird
    Euch viel unverdiente Bitterkeiten, wenn nicht vergessen, so doch
    verzeihen lassen, die auf Euren Priester- und Seelsorgspfaden heute
    zahlreicher sind als je zuvor. Diese verstehende und erbarmende
    Liebe zu den Irrenden, ja selbst zu den Schmähenden bedeutet
    allerdings nicht und kann nicht bedeuten irgend welchen Verzicht auf
    die Verkündigung, die Geltendmachung, die mutige Verteidigung der
    Wahrheit und ihrer freimütigen Anwendung auf die Euch umgebende
    Wirklichkeit. Die erste, die selbstverständlichste Liebesgabe des
    Priesters an seine Umwelt ist der Dienst an der Wahrheit und zwar
    der ganzen Wahrheit, die Entlarvung und Widerlegung des Irrtums,
    gleich in welcher Form, in welcher Verkleidung, in welcher Schminke
    er einherschreiten mag. Der Verzicht hierauf wäre nicht nur ein
    Verrat an Gott und Eurem heiligen Beruf, er wäre auch eine Sünde an
    der wahren Wohlfahrt Eures Volkes und Vaterlandes. All denen, die
    ihren Bischöfen die bei der Weihe versprochene Treue gehalten; all
    denen, die wegen Ausübung ihrer Hirtenpflicht Leid und Verfolgung
    tragen mußten und müssen, folgt – für manche bis in die Kerkerzelle
    und das Konzentrationslager hinein – der Dank und die Anerkennung
    des Vaters der Christenheit.
    Den katholischen Ordensleuten beiderlei Geschlechts gilt ebenfalls
    Unser väterlicher Dank, verbunden mit inniger Anteilnahme an dem
    Geschick, das infolge ordensfeindlicher Maßnahmen viele von ihnen
    aus segensreicher und liebgewordener Berufsarbeit herausgerissen
    hat. Wenn einzelne gefehlt und sich ihres Berufes unwürdig erwiesen
    haben, so, mindern ihre auch von der Kirche geahndeten Vergehen
    nicht die Verdienste der gewaltigen Überzahl, die in
    Uneigennützigkeit und freiwilliger Armut bemüht waren, ihrem Gott
    und ihrem Volk mit Hingabe zu dienen. Der Eifer, die Treue, das
    Tugendstreben, die tätige Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft der in
    Seelsorge, Krankendienst und Schule wirkenden Orden sind und bleiben
    ein ruhmwürdiger Beitrag zur privaten und öffentlichen Wohlfahrt,
    denen zweifellos eine spätere, ruhigere Zeit mehr Gerechtigkeit wird
    widerfahren lassen als die aufgewühlte Gegenwart. Wir haben das
    Vertrauen zu den Leitern der Ordensgenossenschaften, daß sie die
    Schwierigkeiten und Prüfungen zum Anlaß nehmen, um durch
    verdoppelten Eifer, vertieftes Gebetsleben, heiligen Berufsernst und
    echt klösterliche Zucht von dem Allmächtigen neuen Segen und neue
    Fruchtbarkeit auf ihre schwere Arbeit herabzurufen.
    Vor Unserem Auge steht die unübersehbare große Schar treuer Söhne
    und Töchter, denen das Leid der Kirche in Deutschland und ihr
    eigenes Leid nichts geraubt hat von ihrer Hingabe an die Sache
    Gottes, nichts von ihrer zärtlichen Liebe gegen den Vater der
    Christenheit, nichts von ihrem Gehorsam gegen Bischöfe und Priester,
    nichts von ihrer freudigen Bereitschaft, auch in Zukunft – komme,
    was da wolle – dem treu zu bleiben, was sie geglaubt und von ihren
    Voreltern als heiliges Erbe erworben haben. Ihnen allen senden wir
    aus gerührtem Herzen Unseren Vatergruß.
    Allen voran den Mitgliedern der kirchlichen Verbände, die tapfer und
    um den Preis vielfach schmerzlicher Opfer Christus die Treue hielten
    und sich nicht bereit fanden die Rechte preis zu geben, die ein
    feierliches Abkommen der Kirche ihnen nach Treu und Glauben
    gewährleistet hatte.
    Ein besonders inniger Gruß ergeht an die katholischen Eltern; ihre
    gottgegebenen Erzieherrechte und Erzieherpflichten stehen gerade im
    gegenwärtigen Augenblick im Mittelpunkt eines Kampfes, wie er
    schicksalsvoller kaum gedacht werden kann. Die Kirche Christi kann
    nicht erst anfangen zu trauern und zu klagen, wenn die Altäre
    verwüstet werden, wenn sakrilegische Hände die Gotteshäuser in Rauch
    und Flammen aufgehen lassen. Wenn man versucht, den Tabernakel der
    durch die Taufe geweihten Kinderseele durch eine christusfeindliche
    Erziehung zu entweihen; wenn man aus diesen lebendigen Tempeln
    Gottes die ewige Lampe des Christusglaubens herausgerissen und an
    ihrer Statt das Irrlicht eines Ersatzglaubens gesetzt hat, der mit
    dem Glauben des Kreuzes nichts mehr zu tun hat – dann ist die
    geistige Tempelschändung nahe, dann wird es für jeden bekennenden
    Christen Pflicht, seine Verantwortung von der der Gegenseite klar zu
    scheiden, sein Gewissen von jeder schuldhaften Mitwirkung zu solchem
    Verhängnis und Verderbnis freizuhalten. Und je mehr die Gegner sich
    bemühen, ihre dunklen Absichten abzuleugnen und zu beschönigen, umso
    mehr ist wachsames Mißtrauen am Platze und mißtrauische und durch
    bittere Erfahrung aufgerüttelte Wachsamkeit. Die formelle
    Aufrechthaltung eines, zudem von Unberufenen kontrollierten und
    behinderten Religionsunterrichtes im Rahmen einer Schule, die in
    anderen Gesinnungsfächern planmäßig und gehässig derselben Religion
    entgegenarbeitet, kann niemals einen Rechtfertigungsgrund abgeben,
    um einer solchen religiös zersetzenden Schulart die freiwillige
    Billigung eines gläubigen Christen einzutragen. Wir wissen, geliebte
    katholische Christen, daß von einer solchen Freiwilligkeit bei Euch
    nicht die Rede sein kann. Wir wissen, daß eine freie und geheime
    Abstimmung unter Euch gleichbedeutend wäre mit einem überwältigenden
    Plebiszit für die Bekenntnisschule. Und deshalb werden wir auch in
    Zukunft nicht müde werden, den verantwortlichen Stellen die
    Rechtswidrigkeit der bisherigen Zwangsmaßnahmen, die
    Pflichtmäßigkeit der Zulassung einer freien Willensbildung freimütig
    vorzuhalten. Inzwischen vergeßt eines nicht: von dem gottgewollten
    Band der Verantwortung, das Euch mit Euren Kindern verknüpft, kann
    keine irdische Gewalt Euch lösen. Niemand von denen, die Euch heute
    in Euren Erzieherrechten bedrängen und Euch von Euren
    Erzieherpflichten abzulösen vorgeben, wird an Eurer Statt dem ewigen
    Richter antworten können, wenn Er an Euch die Frage richtet: Wo sind
    die, die ich dir gegeben? – Möge jeder von Euch antworten können:
    "Keinen von denen, die Du mir gegeben hast, habe ich verloren" (Jo.
    18, 9.).
    Ehrwürdige Brüder! Wir sind gewiß, daß die Worte, die Wir in
    entscheidungsvoller Stunde an Euch und durch Euch an die Katholiken
    des Deutschen Reiches richten, in den Herzen und in den Taten
    Unserer treuen Kinder das Echo finden werden, daß der liebenden
    Sorge des gemeinsamen Vaters entspricht. Wenn Wir etwas mit
    besonderer Inbrunst vom Herrn erflehen, dann ist es dies: daß Unsere
    Worte auch das Ohr und das Herz solcher erreichen und zum Nachdenken
    stimmen, die bereits begonnen haben, sich von den Lockungen und
    Drohungen derer einfangen zu lassen, die gegen Christus und Sein
    heiliges Evangelium stehen.
    Jedes Wort dieses Sendschreibens haben Wir abgewogen auf der Waage
    der Wahrheit und zugleich der Liebe. Weder wollten Wir durch
    unzeitgemäßes Schweigen mitschuldig werden an der mangelnden
    Aufklärung, noch durch unnötige Strenge an der Herzensverhärtung
    irgend eines von denen, die Unserer Hirtenverantwortung unterstehen
    und denen Unsere Hirtenliebe deshalb nicht weniger gilt, weil sie
    zur Zeit Wege des Irrtums und des Fremdseins wandeln. Mögen manche
    von ihnen sich den Gepflogenheiten ihrer neuen Umgebung anpassen,
    für das verlassene Vaterhaus und den Vater selbst nur Worte der
    Untreue, des Undanks oder gar der Unbill haben, mögen sie vergessen,
    was sie hinter sich geworfen haben – der Tag wird kommen, wo das
    Grauen der Gottesferne und der seelischen Verwahrlosung über diesen
    heute verlorenen Söhnen zusammenschlägt; wo das Heimweh sie
    zurücktreiben wird zu dem "Gott, Der ihre Jugend erfreute", und zu
    der Kirche, deren Mutterhand sie den Weg zum himmlischen Vater
    gelehrt hat. Diese Stunde zu beschleunigen, ist der Gegenstand
    Unserer unaufhörlichen Gebete.
    So wie andere Zeiten der Kirche wird auch diese der Vorbote neuen
    Aufstiegs und innerer Läuterung sein, wenn der Bekennerwille und die
    Leidensbereitschaft der Getreuen Christi groß genug sind, um der
    physischen Gewalt der Kirchenbedränger die Unbedingtheit eines
    innigen Glaubens, die Unverwüstlichkeit einer ewigkeitssicheren
    Hoffnung, die bezwingende Allgewalt einer tatstarken Liebe
    entgegenzustellen. Die heilige Fasten- und Osterzeit, die
    Verinnerlichung durch Buße predigt und des Christen Blick mehr noch
    als sonst auf das Kreuz, zugleich aber auch auf die Herrlichkeit des
    Auferstandenen richtet, sei für alle und jeden von euch freudig
    begrüßter und eifrig genutzter Anlaß, Sinn und Seele mit dem
    Helden-, dem Dulder-, dem Siegergeist zu erfüllen, der vom Kreuze
    Christi ausstrahlt. Dann – des sind. Wir gewiß – werden die Fehde
    der Kirche, die ihre Stunde gekommen wähnen, bald erkennen, daß sie
    zu früh gejubelt und zu voreilig nach der Grabschaufel gegriffen
    haben. Dann wird der Tag kommen, wo an Stelle verfrühter
    Siegeslieder der Christusfeinde aus dem Herzen und von den Lippen
    der Christustreuen das Te Deum der Befreiung zum Himmel steigen
    darf; ein Te Deum des Dankes an den Allerhöchsten; ein Te Deum der
    Freude darüber, daß das deutsche Volk auch in seinen heute irrenden
    Gliedern den Weg religiöser Heimkehr beschritten hat, daß es in
    leidgeläutertem Glauben sein Knie  wieder beugt vor dem König
    der Zeit und Ewigkeit Jesus Christus; und daß es sich anschickt, im
    Kampf gegen die Verneiner und Vernichter des christlichen
    Abendlandes in Harmonie mit allen Gutgesinnten anderer Völker den
    Beruf zu erfüllen, den die Pläne des Ewigen ihm zuweisen.
    Er, der Herz und Nieren durchforscht (Ps. 7, 10.), ist Unser Zeuge,
    daß Wir keinen innigeren Wunsch haben als die Wiederherstellung
    eines wahren Friedens zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Wenn
    aber – ohne unsere Schuld – nicht Friede sein soll, dann wird die
    Kirche Gottes ihre Rechte und Freiheiten verteidigen im Namen des
    Allmächtigen, Dessen Arm auch heute nicht verkürzt ist. Im Vertrauen
    auf Ihn "hören wir nicht auf zu beten und zu rufen" (Col. 1, 9.) für
    Euch, die Kinder der Kirche, daß die Tage der Trübsal abgekürzt und
    Ihr treu erfunden werdet am Tage der Prüfung, und auch für die
    Verfolger und Bedränger: der Vater alles Lichtes und aller Erbarmung
    möge ihnen eine Damaskusstunde der Erkenntnis schenken, für sich und
    alle die vielen, die mit ihnen geirrt haben und irren.
    Mit diesem Flehgebet im Herzen und auf den Lippen erteilen wir als
    Unterpfand göttlicher Hilfe, als Beistand in Euren schweren und
    verantwortungsvollen Entschließungen, als Stärkung im Kampf, als
    Trost im Leid, Euch, den bischöflichen Hirten Eures treuen Volkes,
    den Priestern und Ordensleuten, den Laienaposteln der katholischen
    Aktion und allen, allen Euren Diözesanen – nicht zuletzt den Kranken
    und Gefangenen – in väterlicher Liebe den apostolischen Segen.
    Gegeben im. Vatikan, am Passionssonntag, den 14. März 1937.
    Pius PP XI.